von Alfred C. Schuster
Will man die Mannigfaltigkeit der Südkarpaten kennen lernen und dabei alle zehn über 2500
Meter hohen Gipfel Rumäniens besteigen *), kann man das auf einer rund 20 – 22 Tage
langen Wanderung.
Zum Teil wandert man auf einsamen Stegen, zum Teil aber auf fast überlaufenen Wegen,
auf Graten und über Erosionsflächen, durch Täler und Kare, an natürlichen und gestauten
Seen vorbei, über Kalkstein und Marmor, Granit und kristalline Schiefer, durch Wälder und
über Almen, so dass auch der botanisch, zoologisch, geologisch und geographisch
interessierte Bergfreund auf seine Rechnung kommt.
Diese Wanderung ist eine Zelttour. Lebensmittel für jeweils 5 – 7 Tage müssen mitgeführt
werden, ebenso sollte man sich vor Aufbruch anhand von Kartenmaterial, Skizzen oder
sonstigen Führern zu Hause gründlich darauf vorbereiten **).
Die Wanderung beginnt auf dem Muntele Mic. Anfahrt von Karansebesch über Borlova (13
km).
Von der Muntele-Mic-Schutzhütte geht es zur Cuntu-Unterkunft und über den Ţarcu-Gipfel
(2186 m), den Suculeţul-Sattel (1950 m), den Seiul-Gipfel (1961 m) zum Capul Prislopului
(1835 m) und von hier zur Mlăcile-Stână. Der Weg weicht kaum vom Hauptkamm des
Massivs ab.
Von der Stână steigt man ins Râul-Şes-Tal, überquert es, um auf den Tucila-Gipfel zu
gelangen. Nun folgt man dem Kammweg des Godeanu-Massivs und erreicht dabei folgende
Gipfel (der Weg führt mehr oder weniger nah an den verschiedenen Gipfeln vorbei, sodass
man sie in ein paar Minuten erreichen kann): Godeanu (2230 m), Moraru (2284 m) Mitul-
Sattel, Scărişoara-Plateau mit dem Piatra- Scărişoara-Gipfel (2244 m), Micuşa (2175 m),
Galbena (2194 m), Scurtu, dann über die Doppelgipfel des Sturu (2149 m) und Paltina (2152
m). Von da steigt man in die Curmătura Soarbele (Sattel) ab.
Da sich die oben erwähnten Gipfel meistens nur ein paar Meter über den mit Gras
bewachsenen Erosionsflächen erheben, da außerdem der Weg stellenweise schwer zu
erkennen ist und die Markierung (rotes Band) selten gut erhalten blieb, kann hier bei
Schlechtwetter die Orientierung schwierig werden. Darum ist es ratsam (vor allem bei
schlechtem Wetter), nach einer Skizze oder Karte zu wandern oder sich von Hirten den Weg
erklären zu lassen.
Aus der Curmătura Soarbele – Grenze zwischen Godeanu und „Weißem“ Retezat – führt der
Weg über den südlichen Kamm des Retezat-Gebirges: Piatra Iorgovanului (1997 m), Albele
(2013 m), Scorota (2021 m) und Drăgşanul (2081 m) sind die höchsten Erhebungen des aus
dem Jura-Kalkstein aufgebauten „Weißem“ Retezat. Im Plaiul-Mic-Sattel trifft man auf den
markierten Weg Buta-Hütte – Bucura-See. Diesem Weg folgt man bis zum oben genannten
See, von wo man zum Bucura-Sattel aufsteigt, um dann ostwärts über den Custura-Bucurii-
Gipfel (2388 m) zu den zwei ersten 2500-Meter-Gipfeln, der Peleaga (2509 m) und der
Păpuşa (2501 m), aufzusteigen.
Von letztgenanntem Gipfel geht es nach Süden über die Custura Păpuşii (ein schöner Grat)
bis zum Custura-Fenster, wo man wieder den südlichen Kamm des Retezat-Massivs
erreicht, und zwar drei Kilometer nordöstlich vom Plaiul-Mic-Sattel.
Will man den zentralen Teil des Massivs nicht besuchen, so kann man aus dem Plaiul-Mic-
Sattel direkt zum Custura-Fenster gehen. Von hier führt der Weg über den Custura-Gipfel
(2456 m), den Valea-Mare-Gipfel (2386 m), Gruniu (2300 m), Lazăru (2290 m), Zănoaga
(2284 m) und den Pilugu Mare (1755 m) bis zum Dealul Făgeţel. Von hier kann man ins Râu-
Bărbat-Tal absteigen oder bis unterhalb des Tulişa-Gipfels weitergehen und nach Uricani im
Schiltal absteigen. Folgt man dem Kammweg, so kann man von der Coasta Laturii (1895 m)
oder aus dem Oborocii-Sattel nach Lupeni gehen. Hier endet die erste Etappe. In Lupeni
oder Petroşani werden die Rucksäcke mit frischen Lebensmitteln gefüllt.
Petroşani – Rusu-Hütte. Auf der Straße acht Kilometer oder über den Moşu-Berg –
markierter Weg (rotes Band) – zwei Stunden. Dieser angenehmere Weg beginnt beim
Institutul de Mine (Institut für Bergbau).
Von der Rusu-Hütte kann man in 8 – 10 Stunden zum Câlcescu-See gelangen. Markierter
Kammweg (rotes Band). Der Weg führt am Ski-Komplex der Hochschule für Körperkultur und
Sport (IEFS) vorbei über den Badea-Gipfel (1850 m) in den Parângu-Sattel (1995 m). Dabei
bleibt der Parângul-Mic (2074 m) links. Weiter führt der Weg über den Hauptkamm: Scurtu
(2225 m), Capra-Sattel (2195 m), Cârja (2405 m), Stoeniţa (2421 m), Gemănarea (2426 m),
Parângul Mare (2518 m) – dieses ist der dritte 2500-Meter-Gipfel. Es folgen Gruiul (2358 m)
und Pâcleşa (2335 m). Links, im Norden, bleibt der Gipfel Coasta lui Rusu, denn der Weg
führt direkt zum Piatra-Tăiată-Sattel (2255 m) und weiter in die Kare zwischen der Coasta lui
Rusu und dem Setea-Mare-Gipfel zum Câlcescu-See. Doch kann man auch auf dem
Kammweg weitergehen. (Über den Setea-Mică-Gipfel 2278 m, Setea-Mare-Gipfel 2365 m
und die Plescoaia 2250 m). Von hier steigt man in den Plescoaia-Sattel ab (2175 m) und
dann nach NO zum Mohorul (2237 m) auf. Vom Mohorul führt der Weg weiter nach NNO
über den Iezerul (2157 m) und den Muntele Cărbunele mit seinem Doppelgipfel (2172 m
Südgipfel, 2162 m Nordgipfel). Hier wird die Hochstraße Novaci – Sebeş (DN 67c) erreicht,
der man bis zur Abzweigung der Straße, die nach Voineasa führt, folgt.
Will man am Câlcescu-See vorbeigehen, folgt man dem markierten Weg bis zur Hochstraße
unterhalb der Căşăria Ştefanul. Von hier geht man zur Hochstraße bzw. den Abkürzungen
bis in den Ştefanul-Sattel.
Aus diesem Sattel wandert man auf der Hochstraße, die nach Voineasa führt, bis zum Vârful
Pietrii (1970 m), dem ersten Gipfel aus kristallinem Kalkstein. Aus dem Sattel östlich des
Vârful Pietrii steigt man zum Vidraru-Stausee ab und bis zum Damm. Über die Dammkrone
gelangt man ans linke Seeufer und folgt der Straße nach Westen ungefähr einen Kilometer.
Ein gut ausgetretener Hirtenweg führt dann links in den Wald über den Goaţa-Bergrücken,
den Goaţa-Bach links lassend. Auf der Piatra Albă (2179 m) stößt man auf den mit rotem
Band markierten Weg Obârşia Lotrului – Păltiniş (Hohe Rinne).
Hier entscheidet man sich, ob man den kürzeren Weg zur Hohen Rinne geht oder dem
längeren, aber interessanteren über den Cristeşti-Gipfel (2233 m) zum Ştefleşti (2244 m) und
von da weiter über den Hauptkamm des Lotru-Gebirges folgt. (Siehe Seite 44
Rund um den Zoodt.)
Von der Hohen Rinne oder aus dem Alttal fährt man nach Sibiu, wo für die dritte Etappe
gerüstet wird, doch sollte man nicht gleich weiterziehen. Dieser Stadt kann man ruhig ein
paar Stunden opfern. Sie ist es wert.
In dieser Etappe wird über den Hauptkamm des Fogarascher Gebirges gewandert, vom
Surul bis Plaiul Foii. (Eine genaue Beschreibung dieser Tour findet man im
Komm mit 73.)
Da der Kammweg nicht über alle 2500er führt, beschreiben wir kurz die
Anstiegsmöglichkeiten zu den sechs höchsten Gipfeln des Massivs.
Negoi (2535 m). Zum westlichsten und zweithöchsten Gipfel des Fogarascher Gebirges
steigt man am besten von der Negoi-Hütte an oder geht vom Şerbota-Gipfel, von Westen
kommend, über das Kirchendach („Creasta Sărăţii und nicht Creasta Alpină, wie es
neuerdings von einigen Bergsteigern genannt wird).
Călţunul (Lespezile), 2522 m. Vom Negoi geht man in die Strunga Doamnei und steigt ohne
Rucksack in der SW-Flanke des Călţun zum südlich des Gipfels gelegenen Sattel auf und
von hier zur Spitze, die mit einem Steinmandel gekennzeichnet ist. Der Abstieg erfolgt über
denselben Weg.
Vânatoarea lui Buteanu (2507 m). Der viel besuchte Gipfel wird vom Bâlea-(Bulea-) See über
den Gämsensattel auf einem markierten Weg in 1 ½ Stunden erreicht. Will man Richtung
Podragul weitergehen, so folgt man im Abstieg dem Südgrat, an der Revolvernadel vorbei,
bis man den markierten Kammweg oberhalb des Gämsensees erreicht.
Viştea Mare (2528 m) und Moldoveanul (2544 m). Das „Dach“ der rumänischen Karpaten liegt
am Kammweg, der über den Viştea-Mare-Gipfel führt. Von hier gelangt man in 15 Minuten
auf die südlich gelegene Moldoveanu-Spitze, ein Abstecher, der ohne Gepäck gemacht wird.
Dara (2500 m). Der niedrigste 2500er des Fogarascher Gebirges erhebt sich südlich des
Urlea-Gipfels auf einem N – S ausgerichteten Ausläufer. Nachdem man den schwierigsten
Teil des Kammweges, vom Urlea kommend, vor dem steilen Abstieg zur Curmătura Zârnii
hinter sich hat, dort, wo der Weg aus der N-S-Richtung einen Knick nach W-O macht, steigt
man nach Südwesten über leicht ansteigende Grasmatten bis zum Dara-Gipfel auf, der in 30
– 40 Minuten erreicht wird. Dieser „niedrige“ Gipfel ist, von Norden gesehen, der
unscheinbarste, doch hat man von hier eine wunderbare Aussicht vor allem in den südlichen
Teil des Massivs.
Von der Plaiul-Foii-Hütte steigt man durch die Westwand (La Lanţuri – Friedrich-Deubel-
Weg) zum höchsten Gipfel des Königsteins – La Om (Piscul Baciului, 2239 m) – auf. Von
hier geht man auf dem Jura-Kalksteingrat nach NO bis zum Turnul oder steigt schon vorher
auf einem der markierten Wege zur Curmătura-Hütte ab.
Am nächsten Morgen steigt man nach Zărnesti ab und fährt mit dem Bus nach Bran, oder
man geht auf Schusters Rappen und zwar auf der Straße, die durch den Weiler Măgura führt.
Von Bran führen drei markierte Wege zum Omul (2507 m), dem höchsten Gipfel der Bucegi
(7 Stunden). Man erreicht damit den letzten 2500er der rumänischen Karpaten.
Vom Omul kann man direkt oder an der Babele- bzw. Caraiman-Hütte vorbei nach Buşteni
absteigen.
Wer es nicht lassen kann, auf dieser fast 200 km langen Wanderung auch von „Technik in
den Bergen“ Gebrauch zu machen, geht zur Piatra-Arsă-Hütte und weiter zur Furnica und
fährt von da mit der Gondelbahn nach Sinaia ab, wo unsere lange Wanderung durch die
Südkarpaten endet.
P.S. In Kürze wird man auch von der Babele-Hütte mit Hilfe von Seil und Gondel nach Buşteni abfahren können.
*) In den rumänischen Karpaten gibt es 10 Gipfel, die 2500 Meter überschreiten: sechs im Fogarascher Gebirge (Moldoveanu 2544, Negoi 2535, Viştea Mare 2526, Călţun 2522, Vânătoarea lui Buteanu 2506 und Dara 2500), zwei im Retezat (Peleaga 2509 und Păpuşa 2501) und je einen im Paring (Parângul Mare 2518) und in den Bucegi (Omul 2507).
**) Literaturangaben: In rumänischer Sprache verschiedene Führer sowie die neu erschienene Serie „Munţii noştri“ mit guten Kartenskizzen. In deutscher Sprache: „Komm mit 72, 73, 74, 75; Führer aus der Serie „Unsere Berge“, Bucegi, Fogarascher Gebirge, Retezat und ältere Karten.
(Verlag Neuer Weg, Bukarest - Komm Mit 76, S. 181 – 188)
Seite | Bildunterschrift |
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183 | Abstieg durch die Strunga Dracului, Fogarascher Gebirge |
185 | „Păstoriţa“ (Pastoritza) |
186 | Wasserfall in der Valea Doamnei (parallel zum Bâlea-Tal), Fogarascher Gebirge |