Sehenswertes zwischen Schil und Alt
von Lia Marcu
Wir haben – per Auto, per Fahrrad oder zu Fuß – bereits die Gegend rund um den Retezat
kennengelernt (Komm mit '80), sind von Tg. Jiu westwärts gefahren, über die
Mehedinţi-Berge bis ins Cerna-Tal gelangt und haben in alle Nebenwege und –täler hineingeschaut
(Komm mit '81). Wir wollen auch in diesem Jahr in dieser schönen Gegend, in der
Vorgebirgszone Nordolteniens bleiben und fahren bzw. wandern diesmal von Tg. Jiu
ostwärts bis Rm. Vâlcea, also das Parâng- und Căpăţâna-Gebirge entlang, eine fast 115 km
lange Strecke.
Tg. Jiu kennen wir bereits, wollen uns hier also nicht länger als nötig aufhalten. Obwohl unser
Weg, wie bereits gesagt, im großen Ganzen ostwärts führt, suchen wir vorerst mal die
Nordausfahrt.
Auf der DN 66 (der Straße, die den Schil entlang nach Petroşani führt) fahren wir rund 9 km
bis zur Abzweigung in Richtung Curtişoara. Sie erinnern sich: im
Komm mit '81 war der Weg
bis hierher, wo ein interessantes Museum des Gorjer Dorfes besucht werden kann, als
Tagesausflug angegeben.
Auf diesem Weg geht es weiter. Über Crasna (18 km von der Abzweigung), wo eine Kirche
besichtigt werden kann, gelangen wir nach weiteren 12 km nach Novaci, ein Städtchen am
Gilort mit Hotel und Herberge. Die Ortschaft wird bereits 1502 dokumentarisch erwähnt.
Ende des 16. Jh. wurden hier Schafhalter aus der Mărginimea Sibiului (also aus der
Hermannstädter Gegend) angesiedelt. Novaci ist dank seiner günstigen Lage (560 m Höhe
inmitten eines reich bewaldeten Gebietes, durch das Gebirge vor rauen Nordwinden
geschützt) als Luftkurort zu empfehlen, aber auch Erholungssuchende sind hier gern
gesehen. Und Bergfreunde benützen Novaci als Ausgangspunkt für Parâng-Touren. Von hier
kann man nämlich auf der DN 67 C an der Rânca-Hütte (einziger Stützpunkt für
Nicht-Zelt-Touristen in dieser Gegend – 1580 m H) vorbei bis in den Urdele-Pass (2145 m, 32 km)
gelangen, von wo man dann die verschiedenen Ziele im Parâng ansteuern, aber auch nach
Osten wandern kann, wo jenseits des Olteţ das Căpăţâna-Gebirge beginnt. Oder aber man
wählt die Straße, die erst die Latoriţa entlang führt, dann den Lotru begleitet (DN 7 A) und
schließlich in Brezoi auf den Alt stößt und somit in die E 15 A mündet. Die DN 67 C endet
jedoch nicht im Urdele-Pass, sondern führt weiter nach Norden, bergab, kreuzt sich mit der
DN 7 A (die von Brezoi über Voineasa und am Vidra-Stausee entlang kommt und nach
Petroşani führt), gelangt zur Obârşia-Lotrului-Hütte (1400 m H, 48 km) und endet schließlich
in Sebeş. Es ist die höchste Passstraße unseres Landes, leider nicht auch in bestem
Zustand.
Ein anderer Ausflug aus Novaci wäre die über 20 km lange Forststraße, die den Gilort
flussauf begleitet.
Unser nächstes Ziel – die Peştera Muierii (Weiberhöhle) – liegt etwa 9 km entfernt. Man fährt
von Novaci ostwärts in Richtung Baia de Fier und biegt knapp vor der Ortschaft links ins Tal
des Galbenu-Baches ein. Es geht durch die beeindruckende Galbenu-Klamm, wo auch die
Höhle liegt. Es ist eine nicht allzu große, elektrisch beleuchtete Schauhöhle. Die
Gesamtlänge ihrer Galerien beträgt über 3500 m, besichtigt wird jedoch bloß eine 600 m
lange Galerie, die viele interessante Kalksteinformationen aufweist. Geschickt placierte
Leuchten strahlen sie an, rücken sie sozusagen ins rechte Licht.
Von der Touristenhütte gleich beim Höhleneingang kann man verschiedene Wanderungen
unternehmen, z. B. das Galbenu-Tal hinauf, erst auf dem Forstweg (rund 15 km) und dann
auf dem mit rotem Band markierten Pfad, der einen bis auf den Kamm des Parâng-Massivs
bringt. Ein anderer Pfad (blaues Dreieck) führt zur Rânca-Hütte.
Nur 3 km sind es noch bis Baia de Fier, ein wichtiges Wirtschafts- und Touristik-Zentrum;
dann geht’s weiter in Richtung Polovragi, das am Olteţ liegt. Alljährlich finden sich am 20. Juli
Tausende Bewohner der Umgebung auf dem Câmpul Polovragilor zu einem viertägigen
Volksfest ein, treiben Handel, feiern, tanzen, essen, trinken, unterhalten sich, singen. Da
kann man die schönen Gorjer Volkstrachten bewundern sowie die für diese Gegend
typischen Volksbräuche. Eine andere Sehenswürdigkeit ist das 2 km von der Ortschaft
entfernte, nahe der Olteţ-Klamm liegende Kloster Polovragi. Es stammt aus dem 17. Jh. und
wurde vom Bojaren Milescu gestiftet. Der Bau wurde jedoch erst von Constantin
Brâncoveanu beendet. Das Kloster wurde mehrfach restauriert und ist auch heute noch in
gutem Zustand. In seinem Inneren kann man künstlerisch wertvolle Fresken bewundern, die
den Kirchenmalern Constantin, Andrei, Simion und Istrate Hranişte zugesprochen werden.
Vom Kloster – das gehört unbedingt mit dazu – dringen wir in die Olteţ-Klamm ein. Es ist
eine schöne, nicht allzu lange (1,5 km), aber immerhin beeindruckende Schlucht, durch die
ein Forstweg tief ins Bergmassiv hineinführt: über den Sattel Curmătura Olteţului ins
Latoriţa-Tal. Der Olteţ ist übrigens die Grenze zwischen Parâng und Căpăţâna-Bergen. Aus
besagtem Sattel (1615 m) kann man demnach westwärts in den Parâng und ostwärts in die
Căpăţâna-Berge wandern. Diese Gegend ist ziemlich reich an Forstwegen sowie markierten
und unmarkierten Pfaden. Gleich am Anfang der Olteţ-Klamm öffnet sich rechts eine große
Grotte. Es ist der Eingang in die Polovragi-Höhle, die über Gänge von insgesamt mehr als 9
km Länge verfügt, in denen schöne Kalksteinformationen zu bewundern sind.
Unser Weg führt in östlicher Richtung nach Vaideeni, eine 630 m hoch gelegene Ortschaft, in
der hauptsächlich Schafhalter leben, die ebenso wie diejenigen von Novaci aus der
Mărginimea Sibiului stammen. Interessant, wie sich in dieser Ortschaft neben der
eigenständigen oltenischen die siebenbürgische Architektur behauptet hat. Die Tracht
hingegen ist eindeutig siebenbürgisch, da war der Einfluss der Schafhalter aus Sălişte, Jina,
Răşinari ausschlaggebend. Alljährlich findet Mitte Juli ein großes Hirtenfest statt.
Nach weiteren 6 km mündet die Straße in Horezu ein, einem Städtchen, dessen Name durch
die Töpferdynastien und die vielgesuchte Keramik auch über die Grenzen unseres Landes
hinaus bekannt ist. Anfang Juni findet hier der Töpfermarkt statt, der viele Käufer und
Bewunderer der Horezu-Keramik anzieht. Aber das Kunstgewerbe ist nicht nur durch die
Töpfer vertreten, die hiesigen Holzschnitzer sind nicht minder berühmt.
Zwei wichtige Objektive gibt es hier zu besichtigen: im Norden (in etwa 6,5 km Entfernung)
das Kloster Hurez und im Süden (etwa 5,5 km) Măldăreşti. Das Kloster stammt aus dem 17.
Jh. und ist im Brâncoveanu-Stil erbaut. Für die Innenfresken brachte Fürst Constantin
Brâncoveanu griechische Kirchenmaler. Aber Hurez war nicht nur Kloster, sondern auch
kulturelles Zentrum; hier wurden Manuskripte kopiert, gab es eine riesige und sehr wertvolle
Bibliothek. Heute ist das ganze Ensemble restauriert und glänzt in alter Pracht. Das Museum
des Klosters, an dem man nicht vorbeigehen sollte, bietet dem Besucher zahlreiche
interessante Exponate.
Măldăreşti ist durch seine eigenartigen Bauten – die Kule – bekannt. Es sind dies eine Art
befestigte Wohnbauten oder Familienfestungen, wie sie für ganz Oltenien spezifisch waren,
als diese Art zu bauen noch zweckentsprechend war. Die Kule von Măldăreşti gehören heute
zu einem Museumskomplex.
Horezu liegt an der DN 67, die von Tg. Jiu über Scoarţa, Bengeşti und Milostea hierher
kommt. Für Autofahrer ist dies die bessere Variante. Weiter geht’s aber für alle – Fuß-, Rad-
und Motortouristen – auf demselben Weg, eben auf der DN 67.
Nächstes Wanderziel sind die Klöster Bistriţa und Arnota. Man geht durchs Tal der Bistriţa,
dann links durch die Ortschaft gleichen Namens, am Fuße des Kalksteinmassivs
Buila-Vânturariţa und gelangt zum Kloster Bistriţa, das am Eingang zu einer der engsten Klammen
unseres Landes – der Bistriţa-Klamm – liegt. Ende des 15. Jh. wurde es von den Bojaren der
Familie Craiovescu erbaut und 1510 neuerbaut, 1683 von Constantin Brâncoveanu
restauriert und mit kostbaren Kleinodien ausgestattet. 150 Jahre darauf erfuhr das Gebäude
eine grundlegende Veränderung: Gheorghe Bibescu will aus dem Kloster ein Gefängnis für
seine politischen Gegner machen. Erst Barbu Ştirbei gelingt es, den Neubau zu beenden.
Der gesamte Komplex ist nun einer Festung ähnlich, mit hohen Umfassungsmauern und
einem massiven Torturm.
In der Klamm, in etwa 50 m Höhe, sieht man die Öffnung einer riesigen Grotte: es ist die
Bistriţa- oder Fledermaus-Höhle.
Vom Bistriţa-Kloster führt ein Fußweg in etwa einer Stunde zum Arnota-Kloster. Mitte des 17.
Jh. auf Anweisung von Matei Besarab erbaut, wurde es unter Constantin Brâncoveanu
restauriert und unter Barbu Ştirbei vergrößert.
Da, wo der Costeşti-Bach in die Bistriţa fließt, liegt die Ortschaft Costeşti. Hier hat man ein
Gräberfeld aus der Hallstattzeit entdeckt und viele wertvolle Funde sichergestellt. Mitte
August gibt’s hier alljährlich den traditionellen Jahrmarkt. Kaum haben wir Costeşti hinter
uns, beginnen rechts Sandgruben. Und da kann man mit etwas Glück bizarr geformte
Findlinge in allen Größen entdecken: Sandsteinskulpturen von Mutter Natur.
Vor uns liegt nun eine Steigung: Unser Weg führt den Negruleşti-Berg hinauf. Oben – in 700
m Höhe – bietet sich ein schöner Rundblick. Und weiter geht’s ins Tal des Otăsău hinab.
DN 67, km 180. Rechts zweigt ein Weg nach Govora ab. Wichtig ist nicht das Dorf, sondern
der Bade- und Luftkurort (23 km von Rm. Vâlcea entfernt, in 360 m Höhe). Die
Mineralwässer von Govora sind seit dem vorigen Jahrhundert bekannt und geschätzt. Sie
sind hochwirksam bei zahlreichen Erkrankungen, vor allem des Bewegungsapparates. Für
die vielen Heilsuchenden wurde Govora zu einem Badeort ersten Ranges ausgebaut und mit
allen Folgeeinrichtungen versehen. Zu besichtigen ist auch das 5 km vom Badeort entfernte
Kloster Govora (14. Jh.). Hier funktionierte zur Zeit von Matei Basarab (im 17. Jh.) die zweite
Druckerei der Walachei.
Etwa 10 km weiter auf der DN 67 folgt die Abzweigung nach Ocnele Mari und Ocniţa. Ocnele
Mari (4 km von der Abzweigung) war schon zur Römerzeit durch das Salzbergwerk bekannt;
vermutlich wurde dieses bereits vorher, von den Geto-Dakern ausgebeutet. Viel später führte
das Salzvorkommen dazu, dass hier ein Badeort entstand. Aber das Salz verhalf auch zu
einem wirtschaftlichen Aufschwung. Heute werden hier Erkrankungen des
Bewegungsapparats, des peripheren Nervensystems sowie Frauenleiden behandelt. Das nur
1 km entfernte Ocniţa ist ein in Entwicklung befindliches Heilbad. Vor kurzem hat man hier
bei archäologischen Ausgrabungen Funde gemacht, die bis in die La-Tène-Zeit
zurückreichen.
Unsere Wanderung auf der DN 67 nähert sich ihrem Ende. Sobald wir ins Alttal gelangen,
stoßen wir auf die DN 64, die uns sehr bald nach Rm. Vâlcea bringt, unserem Reiseziel.
Râmnicul Vâlcea ist eine Stadt mittlerer Größe. Sie liegt im Alttal in 240 – 260 m Höhe,
unterhalb des Capela-Berges (440 m) und hat ein ansehnliches Alter. Bereits im 14. Jh. gab
es hier einen Marktflecken, was weiter nicht wundernimmt, befindet sich der Ort doch an
einer wichtigen Verkehrsader. In jüngster Zeit hat sich Rm. Vâlcea von einem ruhigen,
altertümlichen Städtchen, das bestenfalls als Luftkurort geschätzt wurde, zu einem
pulsierenden Industriezentrum entwickelt mit allen seinen Folgeerscheinungen:
Neubauviertel, moderne Handelskomplexe, ein neues Krankenhaus, Schulen verschiedener
Grade, ein großes Stadion, das Kulturpalais... Man sollte unbedingt den Stadtpark (Parcul
Zăvoi), den Capela-Berg (mit dem modernen Motel), der eine schöne Aussicht auf Stadt und
Umgebung gestattet, das Kulturpalais, das Museum, dessen Abteilungen
Geschichte/Archäologie und Volkskunst/Ethnographie besonders interessant sind,
besichtigen sowie die Bischofskirche, deren Innenfresken von Gheorghe Tattarescu
stammen.
Entsprechend der Zeit, die man noch zur Verfügung hat, kann man von Rm. Vâlcea aus
verschiedene Ausflüge in die nähere oder weitere Umgebung machen:
- Das Olăneşti-Tal hinauf. 19 km von Rm. Vâlcea entfernt liegt der bekannte Badeort
Olăneşti, dessen Mineralwässer aus mehr als 30 Quellen sprudeln. Von Olăneşti geht
es auf Forststraßen und auf markierten Wanderpfaden in die Căpăţâna-Berge.
- Das Alttal hinauf. In 18 km Entfernung liegt ebenfalls ein bekannter Badekurort:
Călimăneşti-Căciulata und nur 5 km weiter das Kloster Cozia. Es stammt aus dem 14.
Jh. und wurde vom Fürsten Mircea cel Bătrân erbaut, später wiederholt restauriert, u.
a. von Constantin Brâncoveanu (1706 – 1707). Das Kloster ist ein architektonisches
Schmuckstück und sein Museum weist Exponate von großem historischem Wert auf.
- Das Alttal hinunter. Zuerst gelangt man nach Râureni, eine Ortschaft, die noch zu
Rm. Vâlcea gehört, in der auch verschiedene Industriebetriebe angesiedelt wurden
und wo – das wird die Touristen eher interessieren – alljährlich am 8. September ein
Jahrmarkt beginnt, der vier Tage dauert und mit einem richtigen Volksfest einhergeht.
20 km von Rm. Vâlcea, bei Băbeni, führt die Straße rechts in das Tal des Otăsău.
Nach etwa 8 km talauf erreicht man das Kloster Mânăstirea Dintr-un Lemn. Sein
Name kommt daher, dass an dieser Stelle im 16. Jh. ein Kirchlein erbaut worden war,
zu dessen Konstruktion eine einzige, allerdings riesige Eiche genügt hatte.
dass es in Horezu, dem bekannten Keramikzentrum Olteniens, einen Weiler mit dem Namen „Olari“ (Töpfer) gibt, wo die Bauerntöpfer, die Jahrhunderte hindurch für das nahegelegene Kloster gewirkt hatten, das gleichzeitig auch als Residenz der muntenischen Fürsten diente, ihr Anwesen hatten, eine Tatsache, der auch der besondere Prunkcharakter der heimischen Töpferware zuzuschreiben ist? Heute ist das Viertel „Olari“ eine wahre Wallfahrtsstätte der Keramik-Fans geworden, die besonders anlässlich des Töpfermarktes und –wettbewerbs „Cocoşul de Hurez“, in Scharen hierher pilgern, um einen Stelian Ogrezeanu oder Ion Buclescu inmitten seiner Geräte und Erzeugnisse „schnappschießen“ zu können.
(Verlag Neuer Weg, Bukarest - Komm Mit 84, S. 158 – 166)
Seite | Bildunterschrift |
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158 | Zwischen den engen Wänden der Olteţ-Klamm. |
159 | Kartenskizze |
160 | Der Töpfermarkt von Horezu. |
163 | Die Kula von Măldăreşti. |
165 | Das Kloster Horezu ist ein Kleinod architektonischer Baukunst. Detail des schön ornamentierten Erkers. |