Einladung zu einer Urlaubsfahrt in den nördlichsten Teil Siebenbürgens
von Michael Roth
Ob man aus Richtung Sathmar, Cluj-Napoca oder Bistritz kommt, an allen drei Haupteinfahrten in die Maramureş stehen mächtige kunstvoll geschnitzte Holztore. Wahrzeichen eines Gebietes, in dem Holz den größten Reichtum darstellt und wahre Virtuosen des Beils sich seit Generationen darauf verstehen, das Holz zu behauen, es zu formen und zu verbinden, aus Eiche und harzgetränkter Tanne Kunstwerke zu schaffen, mit denen sie die Dörfer, ihre Häuser und Gehöfte schmücken.
Als Fremdenverkehrsgebiet ist die Maramureş erst seit wenigen Jahren entdeckt worden. Eigentlich zu Unrecht, denn dieses Gebiet hat landschaftlich, folkloristisch und auch baugeschichtlich viel mehr zu bieten als manch anderer Landesteil, für den in Reiseprospekten die Werbetrommel gerührt wird. Seine Abgeschiedenheit von den traditionellen Touristentrassen, die zum Teil schlechten Straßen und das Fehlen entsprechender touristischer Einrichtungen dürften hauptsächlich dazu beigetragen haben. Heute durchqueren die Maramureş ausschließlich Asphaltstraßen (Ausnahme die Strecke Borşa – Cârlibaba, an der fest gearbeitet wird). Sie verbinden alle Sehenswürdigkeiten, und auch an komfortablen Unterkünften ist kein Mangel. Hotels, Motels, Gasthöfe und Campings gibt es sowohl in den wichtigsten Städten und Ortschaften als auch an den verkehrsreichsten Trassen. Außerdem auch Schutzhütten in den Bergen für Wanderer. Und wer ein Zelt mitführt, kann es in den lieblichen Bachauen oder in den Waldlichtungen aufstellen.
Unsere Maramureş-Reise nahm in Cluj-Napoca ihren Anfang. Die Stadt mit ihren zahlreichen
kulturhistorischen Sehenswürdigkeiten ist wichtigster Ausgangspunkt für Ausflüge und
Fahrten in den Norden Rumäniens. Auf der Fernverkehrsstraße DN 1 C geht es über 151 km
in Richtung Baia Mare, das erste Reiseziel. Zuerst den Wasserlauf des Someşul Mic entlang
bis Dej und im letzten Wegabschnitt durch die Chioarul-Senke. Trotz der Verkehrsdichte
dauert die Fahrt nicht mehr als drei Stunden, so dass genügend Zeit übrig bleibt, um auch
einige Besichtigungspausen in Dej, Căpâlna oder Şomcuta Mare einzuschalten. Unbedingt
anhalten soll man beim Kilometer 109, in der Nähe des Dorfes Mesteacăn, um das
wunderschön geschnitzte Holztor bei der Einfahrt in die Maramureş zu bewundern. Von hier
sind es nur noch 42 km bis Baia Mare.
Die Stadt liegt am Fuße des Gutâi-Gebirges im Tal des Săsar-Baches, in einer
windgeschützten Senke. Deshalb auch das milde Klima, das sogar die Züchtung von
Edelkastanien begünstigt. Die alte Bergarbeitersiedlung ist heute eine moderne Stadt mit
eleganten Neubauten, breiter Einkaufsstraße, imposanten sozial-kulturellen Bauten, wobei
besonders die eigenwillige Architektur des Verwaltungspalastes hervorsticht, und Zentrum
der rumänischen NE-Metallurgie.
Wir bezogen im „Carpaţi“, einem der drei Hotels, Quartier und begaben uns darauf, mit dem
Stadtplan gewappnet, auf Besichtigungstour in die Altstadt, wo sich auch die meisten
Sehenswürdigkeiten befinden: Der Stefansturm, ein gotischer Bau aus dem 15. Jahrhundert,
in dem das Heimatmuseum eingerichtet ist; das Kreismuseum mit interessanten
archäologischen Sammlungen und der Kunstgalerie, in der Werke der Vertreter der
berühmten Baia-Mare-Schule ausgestellt sind. Lohnend ist auch die Besichtigung der Bastei
des Münzamtes und der Fleischerbastei, die zur ehemaligen Festung gehörten, und des
Alten Gasthofs. Aber auch ein abendlicher Bummel durch die Neustadt kann zum Erlebnis
werden, denn Baia Mare rühmt sich mit Recht, unter allen neuen Städten des Landes die
besten architektonischen und baulichen Lösungen gefunden haben.
Wir wollten eigentlich schon am nächsten Tag weiterreisen. Haben dann aber auf Anraten
der Leute vom Kreisamt für Touristik einen Besuch der Naherholungsgebiete der Stadt
eingeschaltet, was wir auch anderen Baia-Mare-Besuchern empfehlen. Zuerst fuhren wir auf
den Dealul Florilor hinauf, um den wunderschönen Blick auf die Stadt zu genießen, dann ins
7 km entfernte Apa-Sărata-Bad und anschließend zum 270 Hektar großen
Edelkastanienwald, dem nördlichst gelegenen Wald dieser Art in Europa. Zurück über Dealul
Florilor starteten wir dann auf der DN 18 in Richtung Firiza zum gleichnamigen Stausee, an
dessen Ufern ein Erholungskomplex mit Schutzhütte, Camping und Gaststätte errichtet
worden ist. Auf dem See kann man Wassersport betreiben. Es gibt natürlich auch andere
Sehenswürdigkeiten in der Umgebung, z.B. das Naturschutzgebiet von Chiuzbaia. Um sie
alle besichtigen zu können, reicht ein Tag nicht aus.
Kurz nach sieben Uhr verlassen wir Baia Mare in Richtung Sighetu Marmaţiei. Aber nicht auf
dem klassischen Weg über Baia Sprie und Deseşti (DN 18). Wir möchten auch ein Stück
Oaşer Land erleben und folgen daher der Route DN 1 C bis Oraşul Nou und zweigen dann
auf die Kreisstraße DJ 181 ab. Gefrühstückt wird im Gasthof „La doi porumbei“. Er liegt an
der Straße kurz vor der Einfahrt nach Ilba. Einige Holzhäuschen bieten auch
Übernachtungsmöglichkeiten. Spezialität des Hauses sind tatsächlich gebratene Tauben.
Bis Seini, der größten Ortschaft auf dieser Strecke, sind linker Hand die Someşau und
rechter Hand Weinberge unsere Begleiter. Nach wenigen Kilometern fahren wir in Oraşul
Nou ein, der ersten Ortschaft im Oaşer Land. Es lohnt sich kaum, hier anzuhalten, da die
Großgemeinde außer dem Ausblick auf den Gutâi den Touristen nichts Sehenswertes zu
bieten hat. Dafür aber das 8 km entfernte Vama. Es ist das bedeutendste Zentrum der Oaş-
Keramik. Im Dorfmuseum kann man die wunderschönen Krüge und Teller bewundern, und
wem das nicht genügt, der kann die Töpfermeister in ihren Werkstätten besuchen. Man
verlässt diese bestimmt nicht mit leeren Händen.
Negreşti-Oaş. Nur 6 km sind es von Vama bis in diese zum Zentrum des Oaşer Landes
erklärte Stadt. Der in den letzten Jahren erfolgte wirtschaftliche Aufschwung ist offensichtlich.
Erstaunlich auch die vielen neuen sozial-kulturellen Bauten, die der Stadt ein modernes
Gepräge verleihen. Besonders eindrucksvoll jedoch ist die Landschaft. Im Südosten der
Petroasa-Gipfel, im Osten der Frasineasa und dann der Poiana- und Tripsorul-Gipfel, die die
Senke amphitheaterartig umgürten. Es ist der schönste Ausblick auf die Berglandschaft von
Oaş und dürfte auf unserer Reise nur noch von Borşa und dem Prislop übertroffen werden.
Von Negreşti aus empfiehlt sich auch ein Abstecher ins Kurbad Bixad (5 km auf einer
Ortsstraße). Die kleine Ortschaft ist vor allem durch die Heilwirkung der Trinkkuren bei
Verdauungsstörungen, Erkrankungen des Bewegungsapparates und anderen Leiden
bekannt geworden.
Es geht gegen Mittag zu. Wir fahren durch Certez-Sat und Huta, zwei Ortschaften mit den
schönsten Oaşer Volkstrachten. Wen die Reise an Sonn- oder Feiertagen durch diese Dörfer
führt, wird nicht nur eine wahre Trachtenschau erleben, sondern auch eine Oaşer Hora, an
der gewöhnlich alle Einwohner teilnehmen.
Das Asphaltband schlängelt sich nun in zahlreichen Serpentinen den Berg hinauf. Vorbei an
Obstgärten, kleinen Heuschlägen und Streusiedlungen. Plötzlich öffnet sich eine
Almlandschaft, auf deren höchster Erhebung der Gasthof „Sâmbra oilor“ steht. Es ist ein
hübscher Bau in Oaşer Bauernarchitektur. Im Parterre sind Küche und Speiseraum
untergebracht sowie ein origineller Schankraum. Anstelle der Barhocker stehen hölzerne, mit
Schafpelz überzogene Hammel. Die ganze Einrichtung ist in der Art der hiesigen
Bauernstuben. Im Obergeschoss bietet der Gasthof 12 Gästezimmer. Wohnen kann man
aber auch in einem der hübschen Ferienhäuschen auf der Wiese (45 Betten) oder auf dem
Zeltplatz. Vom Gasthof bietet sich ein einmaliger Ausblick auf die bewaldete Hügellandschaft
der Oaş-Senke.
Auf der großen Wiese in der Nähe des Gasthofes findet alljährlich Ende April oder Anfang
Mai das Volksfest der Hirten, die „Sâmbra oilor“, statt. Auf einer Bergkuppe versammeln die
Hirten ihre Schafherden. Auf das Zeichen des ältesten Hirten beginnt dann das Schafmelken
und das Messen der Milch. Dieser alte Volksbrauch, gelegentlich dessen sich die
Schafzüchter zu Weide-Interessengruppen zusammenschließen, gipfelt in einem Festessen
und den anschließenden Folkloredarbietungen der Volkskünstler. In den letzten Jahren
werden aus diesem Anlass auch Bauernmärkte veranstaltet, auf denen Keramik, Gewebe
und Volkskunstgegenstände verkauft werden.
Der Gasthof hat eine ausgezeichnete Küche, wobei einheimische Speisen wie Lammkeule
am Spieß, Hähnchen auf Oaşer Art, gefülltes Kraut u. a. Leckerbissen die Speisekarte
anführen. Als Autofahrer musste ich allerdings auf den köstlichen Pflaumenschnaps
verzichten und mit einem Sprudel vorliebnehmen.
Man soll sich in „Sâmbra oilor“ Zeit lassen und auch die herrliche Landschaft genießen.
Schließlich sind es bis Sighetu Marmaţiei nur noch 48 km, und als absolute
Sehenswürdigkeit kündigt sich nur noch das durch seinen „heiteren Friedhof“ bekannt
gewordene Săpânţa an. Diese typische Maramureşer Gemeinde liegt gleich hinter dem
Cireş-Pass. Aber selbst wenn es Ion Stan Pătraş und seinen Friedhof (siehe nebenstehende
Kassette) nicht gegeben hätte, wäre Săpânţa bestimmt zu einer Touristenattraktion
geworden. Denn nirgends in der Umgebung gibt es so schöne und bunte handgewebte
Wollbettdecken (cergă) wie hier. Sie sind auf den Zäunen der Gehöfte ausgebreitet und
verwandeln die Dorfstraße in eine regelrechte Volkskunstausstellung. Es gibt die preiswerten
Stücke in verschiedenen Größen, Farben und Musterung, und wem sie doch zu teuer
scheinen, kann schließlich eine der hübschen Wolltaschen (straiţe) auswählen oder einfach
ein Farbfoto als Erinnerung schießen. Auf keinen Fall aber sollte Săpânţa aus dem
Reiseprogramm ausgeschlossen werden.
Ion Stan Pătraş, der Mann, der den „heiteren Friedhof“ geschaffen hat, ist im März vorigen
Jahres verstorben. Er wird niemand mehr bei sich zu Hause, inmitten seiner bemalten und
geschnitzten Kostbarkeiten mit der ihm eigenen herben Freundlichkeit empfangen.
Freilich, Touristen aus allen Himmelsrichtungen werden auch weiterhin nach Săpânţa
anreisen, sich lächelnd an den buntbemalten und beschriebenen Holzkreuzen erbauen,
neugierig nach dem Mann fragen, der sich diesen kuriosen Friedhof ausgedacht hat: einen
Friedhof nämlich, wo jedem Toten etwas nachgesagt werden darf. Moralisierend,
augenzwinkernd oder auch einfach sentimental –: Ion Stan Pătraş hat jedem seine holprigen
Knittelverse ins Holz gegraben und dazu ein prächtiges Bild gemalt. Nunmehr freilich ruhen
seine Pinsel und Hohleisen. Eines der vielen bunten Kreuze, derenthalben man – wie es
scheinen will – den Friedhof nicht sieht, kündet jetzt vom Meister selbst.
Nach einem erlebnisreichen Tag, den man zum Glück weniger hinter dem Lenkrad verbracht
hat, fahren wir schließlich am späten Nachmittag in Sighetu Marmaţiei ein. Diese nördlichste
Stadt Rumäniens liegt am Zusammenfluss dreier Wasserläufe – Theiß, Ronişoara und Iza –
und ist in erster Linie als Holzverarbeitungszentrum bekannt. In den letzten Jahren haben
sich aber auch Betriebe der Leichtindustrie angesiedelt. Die Erneuerungen im Stadtbild sind
durch zahlreiche Neubauensembles sichtbar. Außer dem Museum der Maramureş
(Abteilungen für Volkskunst und Naturkunde) und einigen anderen älteren repräsentativen
Gebäuden bietet die Stadt keine anderen Sehenswürdigkeiten. Verständlich also, dass sie
bei Autotouristen zumeist als Zwischenetappe (Raststätte) der Maramureş-Tour gilt.
Wohnen kann man in drei Hotels, wobei das Hotel Marmaţia am Iza-Ufer besonders zu
empfehlen ist. Durch seine Abgeschiedenheit und die Waldnähe bietet es ausgezeichnete
Erholungsmöglichkeiten. Außerdem gibt es auch einen Zeltplatz und über das lokale
Reisebüro auch Unterkünfte in Privatquartieren.
Die Reise geht nun zum entferntesten, aber größten Erholungs- und Wintersportort der
Maramureş, der dritten und letzten Etappe dieser Urlaubsfahrt. Borşa kann man auf zwei
Routen erreichen: Durch das Wischau-Tal (DN 18) oder durch das Iza-Tal (DJ 186 bis Săcel,
dann DN 18). Wir wählen den Weg durch das Iza-Tal. Auch wegen seiner schönen
Landschaft und auch, um einige Ortschaften besuchen zu können, die wegen ihrer
geschichtlichen Ereignisse und der Bauernkunst berühmt sind.
Erste Bekanntschaft damit machen wir schon, bevor der Wagen in das eigentliche Iza-Tal
einbiegt, in der Gemeinde Vadul Izei. Es ist das Dorf mit den schönsten Holztoren des
Gebietes. Hat man Glück, kann man sogar den bekanntesten Holzschnitzer, Gheorghe
Borodi, beim Behauen der Holztore bewundern. Die Einheimischen behaupten, er sei
ebenso berühmt wie der vor einigen Jahren verstorbene Meister Utan, dessen Name so
manches Holztor in der Maramureş schmückt.
Dann fahren wir ins Iza-Tal ein. Wir raten, nicht einfach mit hundert Sachen durch die
Gegend zu brausen, sondern dem großatmigen, weiten Tal mit seinen fruchtbaren Auen und
Hügeln einen Blick zu gönnen sowie den mächtigen Bergen im Hintergrund. Außerdem findet
man nirgendwo so viele schöne, bis zu dreihundert Jahre alte sakrale Bauwerke aus Holz
wie in den kleinen Ortschaften entlang des Asphaltbandes der Kreisstraße DJ 186,
kunstreich geschnitzte Tore, eigenartig geformte Brunnen, alte Holzhäuser. Also Zeit lassen.
Auch für Onceşti, Bârsana, Strâmtura und Rozavlea. Übrigens ist dieses Gebiet auch
äußerst geschichtsträchtig. Archäologische Ausgrabungen brachten zahlreiche Funde aus
der älteren und neueren Geschichte zutage, andere wieder erzählen vom erbitterten
Widerstand der Einwohner gegen die Tatareneinfälle.
Einen längeren Aufenthalt ist die Gemeinde Bogdan Vodă (37 km von Sighetu Marmaţiei)
wert. Nicht bloß geographisch, auch geschichtlich und architektonisch ist sie Mittelpunkt des
Iza-Tals. Es wird angenommen, dass der Gründer des moldauischen Feudalstaates, Fürst
Bogdan, hier seinen Sitz hatte. Von hier ist er ausgezogen, um den weißen Auerochsen zu
jagen, und von hier zogen seine Mannen aus, um die Moldau zu gründen. Legende oder
Wirklichkeit? Das letzte Wort sagt die Geschichtsforschung. Archäologen haben jedenfalls
am Dorfrand die steinernen Grundmauern einer Burg entdeckt, im Hof Lanzen, Pfeilspitzen,
Sporen u. a. ausgegraben, ebenso auch die Grundmauern einer Steinkirche. Attraktiv im
Dorfbild der 1722 errichtete Sakralbau aus Holz. Seine Bauweise und die Wandmalereien
sind Studiengegenstand vieler einheimischer und ausländischer Fachleute.
Die Fahrt geht weiter der Iza entlang bis Săcel, einer alten Töpfersiedlung. Hier scheiden
sich die Wege. Wir verlassen das Iza-Tal, folgen dem Asphaltband, das nach Westen um
den Boresei-Berg eine Schleife zieht, und fahren kurz vor Moisei wieder in die Straße DN 18
ein, die wir bei der Abzweigung in Vadul Izei verlassen hatten.
Auffallend in Moisei die durchwegs neuen Häuser. Das Dorf wurde 1944 von den
faschistischen Truppen als Racheakt niedergebrannt. Ein Jahr darauf wurde es mit
staatlicher Hilfe wieder aufgebaut. Am Ausgang von Moisei steht rechts vom Weg das
Mahnmal für die 29 Bauern, die 1944 von den Faschisten hingerichtet wurden, weil sie die im
Raum operierenden Partisanen unterstützt hatten. Zwölf Bildsäulen aus Eichenholz stehen in
der Runde um einen steinernen Tisch. Das Denkmal ist ein Werk des in Baia Mare lebenden
Bildhauers Geza Vida.
Allmählich nähern wir uns unserem Reiseziel. Die Straße säumen Nadelholzwälder,
zeitweilig ist ein munter plätscherndes Bächlein unser Begleiter. Dann fahren wir in Borşa
ein. Das Gebirgsstädtchen dehnt sich mehrere Kilometer die Straße entlang, wird erstmals
1465 erwähnt und hat durch eine Schlacht gegen die in die Maramureş eingefallenen
Tataren in die Geschichte Eingang gefunden. Das Städtchen lebt heute von der
Forstwirtschaft und dem Bergbau und ist Ausgangspunkt für Wanderungen zum Pietrosul-
Gipfel und ins Rodna-Gebirge. Da es kaum nennenswerte Sehenswürdigkeiten gibt, fahren
wir gleich weiter, durchqueren drei kleine Streusiedlungen und erblicken schließlich am
Dorfende von Gura Fântânii die ersten Bauten des Touristenkomplexes Borşa (Luftkurort
und Wintersportzentrum).
Auf einem von Fichten begrenzten Berghang stehen ein neues schmuckes Berghotel, gleich
nebenan ein breitflächiger Bau, das Erholungszentrum der Gewerkschaften, sowie zwei
Schutzhütten. Etwas weiter rechts wird eine Drahtseilbahn gebaut, die zu den Skihängen
führt, und unten im Tal, am Bachufer, die hübschen Bergbauerngehöfte. Eine
Bilderbuchlandschaft, eine ruhige, heile Welt, in der man trotz Auto und zunehmendem
Fremdenverkehr die Wohltaten der Natur noch in vollen Zügen genießen kann.
Wer es eilig hat, kann am nächsten Tag weiterfahren. Wir schalteten zwei Tage Fahrtpause
ein, spazierten durch die Umgebung, halfen den Bauern bei der Heumahd und erhielten
abends frisch gemolkenen Kuhmilch zum Lohn. Viele Touristen nützten die Zeit zu
Tageswanderungen zum Puzdrele-Gipfel und zum Gărgălău-Sattel.
Borşa kann heute noch nicht als Höhenkurort oder Erholungszentrum betrachtet werden.
Noch fehlen ihm die entsprechenden Einrichtungen. In wenigen Jahren soll es aber soweit
sein. Der Ausbauplan ist beschlossene Sache, und auch die notwendigen Mittel stehen
bereit. Dann wird auch die Straße, die über den Prislop-Pass (1413 m) in Richtung
Cârlibaba-Iacobeni führt, fertig und diese wichtige West-Ost-Verkehrsader an das
Asphaltnetz der Bukowina angeschlossen sein.
Wir mussten noch von Borşa bis Cârlibaba mit einem recht beschwerlichen Weg
Bekanntschaft machen. Dafür aber entschädigte uns die Landschaft: der Anstieg zum
Prislop-Sattel und nach einer großen Schleife der Prislop (mit Gasthof, Hanul Prislop, 28
Betten). Die Rundsicht ist einzigartig. Nun geht es immer bergab in Serpentinen, an
Waldlichtungen vorbei, entlang eines wild schäumenden Gebirgsbaches, der Bistritz. Dann
weitet sich das Tal, die ersten Waltarbeitersiedlungen und schließlich nach einigen Stunden
anstrengender Fahrt Cârlibaba und die ersehnte Asphaltstraße. Bei Iacobeni erreichen wir
das Asphaltband, das links in die Bukowina und rechts über Vatra Dornei ins Tal der
Goldenen Bistritz oder über den Tihuţa-Pass zurück nach Siebenbürgen (Bistritz, Cluj-
Napoca) führt.
Je nach dem Reiseplan sollte man sich in Iacobeni entscheiden, welche Route man für den
Heimweg wählt. Stehen noch Urlaubstage frei, empfehlen wir die Bukowina oder das Tal der
Goldenen Bistritz und über Bicaz die Kette der Erholungsorte im Raum von Harghita (siehe
„Komm mit '77“).
Touristen, die über keinen eigenen Wagen verfügen, können die von uns beschriebene
Route auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurücklegen. Von Baia Mare und aus allen
anderen hier genannten Etappenstädten (Ortschaften) gibt es täglich gute Busverbindungen.
(Verlag Neuer Weg, Bukarest - Komm Mit 78, S. 128 – 141)
Seite | Bildunterschrift |
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129 | Kartenskizze |
130 | Das reichverzierte Holztor des Holzschnitzers Gheorghe Borodi aus Vadu Izei. |
132 | Junge Oaşer in Volkstracht. |
135-l | Ion Stan Pătraş beim Hobeln seiner berühmt gewordenen Holzkreuze (Bild links)... |
135-r | ...und sein Selbstbildnis auf seinem Friedhofskreuz. |
136 | „Cergi de Săpânţa“ – bunte Wolldecken an den Häuserfronten. Sie sind äußerst preiswert. |
137 | Bauernhaus in Plopiş. |
140 | Borşa, die Bergbauernsiedlung dehnt sich endlos durchs Tal. |
141 | Iacobeni – Endstation der Maramureş-Fahrt. Hier sollte man sich entscheiden, in welche Richtung die Reise weitergeht. |