von Reinhold Gutt
Das Fogarascher (Făgăraş-)Gebirge ist ein Teilstück der Südkarpaten und erstreckt sich
vom Königstein (Piatra Craiului) im Osten bis zum Roten-Turm-(Turnu-Roşu-)Pass im
Westen.
Der schmale, schartige Hauptkamm ist rund 70 Kilometer lang. Diese Gebirgskette stellt das
größte, massivste und wichtigste Hochgebirge dar, welches in Rumänien die meisten Gipfel
über 2500 Meter Höhe aufzuweisen hat.
Von dieser West-Ost-Hauptkette zweigen im rechten Winkel Nord- und Südausläufer wie
richtige Stützpfeiler ab. Die Nordausläufer sind steile, zum Teil rissige, felsige Grate, die in
einer Länge von 10 km zum Alt-(Olt-)Fluss abfallen, der in einer Entfernung von ca. 20 km
parallel zum Hauptkamm fließt. Insgesamt gibt es 34 Nordausläufer, die fast alle gleich weit
voneinander entfernt sind und schmale Täler und Schluchten einschließen.
Wenn der Herbst naht, ist die Fogarascher Gebirgskette, vom Alt-Fluss oder, noch besser,
von den oberen Dörfern am Fuße des Gebirges aus betrachtet, einfach märchenhaft: Durch
Frosteinwirkung prangen die Blätter des Laubwaldes in den wunderbarsten Farben: golden,
rot, bronzebraun; einige saftgrüne Bäume und gelbliche Wiesenflecken ergänzen das bunte
Bild. Über dem Farbband der Laubbäume trauert der dunkelgrüne Tannenwald und weiter
oben grenzt die majestätische Reihe der im Neuschnee glitzernden Gipfel des
Gebirgspanorama gegen den blauen Himmel ab.
Noch schöner als im Oktober ist die Gebirgskette im Mai, wenn oben noch der Winterschnee
die Augen blendet und blauschwarzer Tannenwald darunter die Gipfel von der untersten, der
frühlingshaften Vegetation abgrenzt.
Am Fuße dieser schroffen „Transsilvanischen Alpen“, wie der französische Gelehrte
Emmanuel de Martonne das Fogarascher Gebirge benannte, liegen zahlreiche Siedlungen.
Zum auffallenden Unterschied von den Nordausläufern sind die Südausläufer lange, flache
Bergrücken mit ausgedehnten Almen, die bis zu 40 – 50 km Luftlinie messen.
Kennzeichnend für die Nordseite der Fogarascher sind ferner das gänzliche Fehlen der
Vorberge, die Steilheit der Waldregion, das Fehlen der Gliederung von Ausläufern, die keine
oder zumindest keine nennenswerten seitlichen Verzweigungen besitzen. Hingegen spielen
gerade diese Seitenausläufer der Südkämme dort eine wichtige Rolle.
Es ist äußerst interessant, dass viele Hauptgipfel von ihren Ausläufern durch einen 60 – 100
m tiefen Sattel getrennt sind, und jeder dieser Ausläufer hat seinen entsprechend hohen
Gipfel.
Der mittlere Teil des Fogarascher Gebirgszuges bildet dessen höchste Strecke (zwischen
Negoi und Gălăşescu) und ist für den Bergwanderer am interessantesten.
In vielen Tälern sind vier bis fünf stufenartige Terrassen und übereinanderliegende Kessel
vorhanden, wobei sich im oberen oft ein schönes Meerauge (See) befindet. Diese obersten
Hauptkessel liegen gewöhnlich in einer Höhe von etwa 2000 m; oft haben sie noch höhere,
sekundäre Seitenkare (Kessel) aufzuweisen.
Die größten Seen befinden sich alle auf der Nordseite des Gebirges: Bâlea-See (Lacul
Bâlea, 4,65 ha); Podragu-See (2,86 ha); Urlea-See (2 ha); Gämsen-(Capra-)See (1,83 ha).
Der tiefste ist der Podragu-See: 15,5 m. Es folgen der Călţun-See (11,8 m) und der
Bâlea-See (11,35 m). Die höchstgelegenen befinden sich aber alle auf dem Südhang. Es sind dies
der Mioarelor-See auf 2282 Meter Höhe, der Scărişoara-See (2265 m) und der
Podul-Giurgiului-See (2264 m).
Geologisch gesehen, besteht das Gebirge aus metamorphem Gestein, das durch
Umwandlung vorhandener Eruptiv- und Sedimentgesteine unter ungeheurer Druckwirkung in
bedeutender Tiefe entstand. Die Hauptmasse des Gebirges ist kristalliner Schiefer.
Stellenweise wird diese Eintönigkeit durch das Auftreten einiger Kalkschichten unterbrochen.
Diese bringen eine gewisse Abwechslung in das Landschaftsbild, und zwar nicht nur
hinsichtlich der Farbe, sondern auch der spezifischen Bodenformen und des dazugehörigen
Pflanzenwuchses. Wo Kalkstein auftritt, blüht unter anderem das Edelweiß.
Dem Bergwanderer sind die Gipfel die Hauptsache, dem Schafhirten jedoch die Täler und
Weideplätze, und er benennt diese in erster Linie. Wenn der Bauer oder Schafhirt ucea mare
sagt, so denkt er dabei nicht an einen hohen Gipfel namens Ucea, sondern er meint einfach
das größere Ucea-Tal im Unterschied zum kleineren, dem Ucişoara. Für den Gipfel selbst,
den er mit seinen Schafen nie besteigt, hat er keinen Namen. Und wenn er die Gegend doch
bezeichnen soll, so behilft er sich mit einer Umschreibung und sagt „Vârful la Ucea Mare“,
das ist der höchste Punkt über dem Ucea-Mare-Tal. Nun ist aber in der Topographie und in
der touristischen Umgangssprache eine Vereinfachung eingetreten und man sagt „Vârful
Ucea Mare“, also Ucea-Mare-Gipfel.
Noch eine weitere Besonderheit muss bemerkt werden: Jeder Bergname stammt aus dem
Dorf, auf dessen Gebiet die betreffende Berglehne, z.B. die Westlehne, liegt. Wenn die
Ostlehne desselben Berges zum Gebiet einer anderen Gemeinde gehört, so kann diese
Berglehne einen ganz anderen Namen haben und ebenso der Gipfel. Auf diese Art kann ein
Gipfel auch drei richtige Namen tragen, doch in der touristischen Umgangssprache hat sich
mit der Zeit – um Verwechslungen vorzubeugen – ein einziger Name durchgesetzt.
Unsere Berge sind schön zu jeder Jahreszeit. Im Frühling, wenn ein violetter Krokusteppich
die Bergwiesen schmückt, im Sommer, wenn die Alpenrose glüht und auf den Felswänden
das Edelweiß blüht, im Herbst, wenn die klare Luft eine Fernsicht in ungeahnte Weiten
enthüllt, im Winter, wenn ihnen die Schneedecke ein neues Antlitz verleiht – immer wieder
sind uns die Berge neu und immer wieder ziehen sie uns Menschen aus den Städten zu sich
hinauf. Doch die meisten Gebirgsbewohner sahen und sehen zum Teil auch heute noch die
Berge als ihre Feinde an. Kaum ein Bergbauer in den Alpen, kein „cioban“ (Schafhirte) in
unseren Bergen und kein „Sherpa“ eines Gebirgsdorfes in Nepal steigt ohne Grund „einfach
aus Spaß“ in die Berge. Wenn er irgendwo einen Berg besteigt, so geschieht das nicht ohne
Grund: Entweder sucht er ein entlaufenes Tier, oder er muss Heu herabholen. Diese
Menschen leben das ganze Jahr, ja ihr ganzes Leben im Gebirge. Und das Gebirge bedeutet
ihnen noch und noch Schwierigkeiten: karger Boden mit geringer Ernte, unwegsames
Gelände, Kälte, Schnee und Lawinen im Winter. Wer sein Leben lang mit dem Gebirge zu
kämpfen hat, verspürt kein Bedürfnis, auch in seiner Freizeit einen Gipfel zu erklimmen.
Die allerersten Anfänge des Bergwanderns als Zweckfreies Tun liegen in den Erfahrungen
des Soldaten, des Bauern, des Bergmannes und vor allem des Jägers. Hinzu kam, dass
Jean-Jacques Rousseau seinen Zeitgenossen im 18. Jahrhundert die Augen öffnete für das
Romantische in der Natur. Aber selbst nach ihm blieb das Bergwandern und Bergsteigen
lange Zeit nur einer kleinen Gesellschaftsschicht vorbehalten. Die lange, umständliche
Anreise aus den Städten ins Gebirge konnten sich nur wenig Menschen leisten. Um die Mitte
des vorigen Jahrhunderts wurde das Wandern eine europäische Sehnsucht. Um es den
Menschen zu erleichtern, wurden die Alpenvereine gegründet.
Wohl unter dem Eindruck der imposanten, mit jedem Jahr neue und bedeutende Erfolge
aufweisenden Tätigkeit der Alpenvereine entdeckte man auch bei uns in den
siebenbürgischen Städten das Gebirge als Wanderziel: In Braşov (Kronstadt), wo die uralten
Wälder bis an die Gärten der Stadt reichen, in Sibiu (Hermannstadt), wo vom Zentrum aus
die Fogarascher Bergkette öfters deutlich sichtbar ist. Bis dahin waren die Siebenbürgischen
Karpaten fast alleiniger Lebens- und Wirtschaftsraum der Hirtenbevölkerung am Fuße der
Berge gewesen. Im Jahre 1873 versuchte der junge Naturforscher Julius Römer, einen
„Siebenbürgischen Alpenverein“ ins Leben zu rufen, der in der Hauptsache ein
Freundeskreis war. Dieser Verein konnte jedoch nicht recht Wurzel fassen. Trotzdem
gebührt Römer das Verdienst, als erster einen Zusammenschluss Gleichgesinnter zur Pflege
des Tourismus auf dem Gebiete des heutigen Rumänien vorgenommen zu haben. Das
Zustandekommen dieses Vereins liefert uns außerdem den Beweis dafür, dass ein
Wanderbedürfnis vorhanden war. Weder führten damals Bahnlinien zu den Ausgangsorten
für Gipfelbesteigungen, noch waren die besten Zugangswege zu den Gebirgstälern bekannt.
Auf den verwirrend vielen Weidewegen konnte man den Hauptpfad, der wirklich durch die
unübersehbaren Wälder auf Grat und Gipfel führte, nur zu leicht verlieren. Benützbare
Gebirgsunterkünfte gab es nicht, und die Sennhütten der Schafhirten waren nur luftig gebaut
und boten keinen Schutz gegen Regen und Schnee. Außerdem bot so eine Sennhütte nur
wenigen Personen Platz, und ihr Standort wechselte oft. Deshalb musste man bei
Gebirgstouren alles Notwendige – Verpflegung, Kleidung, Decken u. a. zum Übernachten –
mitschleppen, was nur mit Hilfe von Tragtieren möglich war. Diese wiederum brauchten
Führer und Treiber, und alle zusammen mussten in einer am Fuß der Berge gelegenen
Ortschaft gemietet werden. So nahmen Gebirgsausflüge oft den Umfang einer Expedition an
und kamen sehr teuer. Der Bau von Schutzhütten und das Anlegen von Wegen wurden
dringende Voraussetzung. Die Organisation des Bergwanderns unter solch schwierigen
Umständen konnte also nur ein auf Selbstlosigkeit und Begeisterung gegründeter Verein
übernehmen. So fand dann am 28. November 1880 die gründende Hauptversammlung des
„Siebenbürgischen Karpatenvereins“ in Hermannstadt, kurz SKV, statt. Erst dieser Verein hat
dann die touristische Erschließung der Karpaten eingeleitet und – soweit es in seinen Kräften
stand – vorangetrieben.
In Cluj-Napoca wurde zehn Jahre nach der Gründung des SKV der Karpatenverein EKE ins
Leben gerufen, und in Bucureşti die Touristenvereine wie „Societatea turiştilor din România“
und „Hanul drumeţilor“ gegründet, die als Zielgebiete die nähere Umgebung des
Predeal-Passes und das Bucegi-Gebirge ins Auge gefasst hatten. Der „Touring Clubul României“ trat
in Siebenbürgen ab 1927 mit der Gründung je einer Sektion in Braşov und Cluj-Napoca auf.
Was bezüglich Wegbau und Markierungen im Rahmen des Siebenbürgischen
Karpatenvereins geschaffen wurde, bleibt vielfach in der Anonymität der Schaffensfreude
zahlloser einfacher Vereinsmitglieder und sonstiger von den Sektionen aufgebotener Helfer.
Das Ergebnis spricht jedoch für sich. Wo früher einsame, nur den Schafhirten bekannte
Pfade das Fogarascher Gebirge durchquerten, spannte sich nun alsbald ein Netz
vielbegangener Wege. So zum Beispiel der Drachensteig zum Negoi-Anstieg. Das
wesentlichste Kapitel jedoch in der Geschichte des SKV – der Hüttenbau – bildet zugleich
sein schönstes Ruhmesblatt.
Der Siebenbürgische Karpatenverein, der 65 Jahre bestand und dessen Bestrebungen im
Jahre 1944 unter neuen Bedingungen fortgesetzt wurden, hat durch seine
achtunggebietenden Leistungen wie Hütten- und Wegebau allen Bewohnern unserer Heimat
einen neuen Lebensbereich – die Berge – erschlossen und bis in die Gegenwart kenntliche
Spuren hinterlassen.
Als ein besonderes Ereignis in der Geschichte des Siebenbürgischen Karpatenvereins gilt
die Gründung der „Alpinen Rettungsstellen“ in den beiden Sektionen Braşov und Sibiu, die
sich sowohl aus Liebe zum Mitmenschen als auch aus der Verantwortung des SKV ergaben.
An die auf Freiwilligkeit und jederzeit kameradschaftliche Einsatzbereitschaft beruhende
Arbeit der Mitglieder erinnern im Fogarascher Gebirge u. a. zwei Gedenksteine: der eine
unterhalb der Fedeleş-Spitze, wo am 11. März 1928 die zwei jungen Bergwanderer Franz
Hentes und Gerhard Krauss während einer Skiwanderung von einer Lawine erfasst wurden;
der andere auf dem Verbindungskamm zwischen dem Arpaşul-Mic- und dem
Arpaşul-Mare-Gipfel, wo am 30. Juni 1934 zwei lebensfrohe junge Menschen, Prof. Richard Nerlinger und
Herta Ruzicska abstürzten und den Tod fanden.
Ein Kreuz erinnert an ein anderes Unglück: Am 20. Januar 1940 ereignete sich gelegntlich
einer Skifahrt im Sâmbăta-Tal ein Unfall mit tödlichem Ausgang. Das große Holzkreuz auf
dem halben Weg zum „Großen Fenster“, zur Erinnerung an diesen Lawinenunfall errichtet,
wird heutzutage fälschlicherweise als „Hirtenkreuz“ (crucea ciobanului) bezeichnet. So
benennen es auch die letztangebrachten Wegweiser. Im Laufe der Kriegsereignisse stellten
all diese Vereine ihre Tätigkeit ein. Nach dem Zweiten Weltkrieg und bis Ende der 60er
Jahre gab es keine offiziellen Rettungsmannschaften mehr. Immerhin fanden sich jedes Mal
hilfsbereite Menschen, die in Notfällen einsprangen. Als Bergsteiger lebte man im
Bewusstsein, dass einfach nichts Ernsthaftes passieren durfte.
Die ständig wachsende Zahl der Touristen im Fogarascher Gebirge, unter ihnen viele
unerfahrene, führte dazu, dass auch alpine Unfälle nicht ausblieben. So sah man sich
genötigt, auf Landesebene eine Rettungsformation zu gründen. 1969 wurde „Salvamont“ ins
Leben gerufen, dessen Tätigkeit durch Ministerratsbeschluss geregelt wird. Unfallmeldungen
werden von jedem Hüttenwart tagsüber und nachts entgegengenommen und über Funk an
Salvamont weitergeleitet. Jeder Zeuge eines Unfalls sollte sofort helfend eingreifen. Er sorgt
für die möglichst schnelle Weiterleitung der Meldung, die er am besten schriftlich in
Stichworten zusammenfasst, und kehrt, wenn möglich, zum Verletzten zurück.
Aufgrund der Meldung kann Salvamont leichter Art des Einsatzes bestimmen und schneller
mit den notwendigen Hilfsmitteln an Ort und Stelle sein.
Falls man selbst verletzt ist oder den Unfallort nicht verlassen kann, gibt man das alpine
Notsignal ab. Dies besteht aus einem akustischen oder optischen Zeichen, das sechsmal pro
Minute in regelmäßigen Abständen gegeben wird. Nach einer Minute Pause wiederholt man
das Notsignal, und das so lange, bis jemand Antwort gibt. Diese besteht aus drei in der
Minute abgegebenen Zeichen. Diese Antwort gibt jeder Bergsteiger, der Hilferufe oder das
alpine Notsignal hört. Er bricht die eigene Wanderung sofort ab, hilft, wenn möglich an der
Unfallstelle und eilt um Hilfe. Dies ist selbstverständliche Pflicht eines jeden Bergwanderers.
Die Hauptaufgabe des Bergrettungsdienstes besteht keinesfalls darin, nur Tote zu bergen,
sondern vielmehr alpinen Unfällen vorzubeugen, denn das Sprichwort: „Vorbeugen ist besser
als heilen“ trifft ganz besonders auch in den Bergen zu. Zu diesem Zweck wurde der
Patrouillendienst in den Sommermonaten (zwischen dem 20. Juni und 15. September)
eingeführt, zu einer Zeit also, wenn die Fogarascher Gebirgskette regelrecht von
Bergwanderern überlaufen ist. Dieser Patrouillendienst hat folgende Stützpunkte:
Negoi-Schutzhütte, Călţun-Notunterkunft, Bâlea-See und Podragu-Schutzhütte.
Bergwandern kann eigentlich jeder, ganz gleich ob jung oder alt. Die Wahl des
Wanderweges richtet sich nach persönlichem Können, Kondition und Erfahrung.
Bergwandern ist wohl die beschaulichste Art des Bergsteigens, beinhaltet aber wesentlich
mehr als nur einen „Spaziergang“ im Gebirge. Bergwandern ist eine gesunde Anstrengung in
einer wunderbaren Landschaft, die man auf diese Art unbeschwert und ohne an die Grenzen
der Leistungsfähigkeit zu gelangen, genießen kann.
Leider gibt es jedoch viele Menschen, die meinen, das Bergwandern sei so einfach, man
müsse dafür nichts lernen und sich auch nicht besonders vorbereiten. Außerdem sind dem
Stadtmenschen schon längst Instinkte und wichtige Kenntnisse über alpine Gefahren und
Überlebensverhalten abhanden gekommen. Es ist daher notwendig, auf die Gefahren
hinzuweisen, die auch in unseren Bergen drohen und deren sich der Wanderer, der nicht
wirklich bergvertraut ist, nicht bewusst wird.
Von den Wandergebieten der Südkarpaten haben der Retezat, der Parâng, das Fogarascher
Gebirge und die Bucegi durch Höhe und Gliederung den Charakter eines Hochgebirges. Ihre
Gipfel ragen über 2500 Meter hoch. Breite, in der Eiszeit entstandene Gletschertäler und
wilde Felswände prägen das Bild. Hinzu kommt noch, dass sie sich nicht in langen Ketten
aneinanderreihen, sondern als einzelnstehende Gebirgszüge aus der Hochebene
aufwachsen und daher Wind und Wetter stark ausgesetzt sind. Mit ungebrochener Wucht
brausen Winde und Schneestürme über ihre Gipfel hinweg – die Zeit höchster Gefahren.
Schon im Sommer kann ein plötzlicher Wettersturz in den Bergen unangenehme Folgen
haben, in viel größerem Ausmaß ist dies aber im Winter der Fall. Deshalb muss immer
wieder jedem, der in der Gebirgswelt Entspannung sucht und Kräfte sammeln will, zugerufen
werden: „Sei vorsichtig!“ Allzu viele Opfer haben unsere Berge schon gefordert.
Wer nicht wirklich bergvertraut ist, sollte die Warnungen ortskundiger Hüttenwarte oder
Salvamont-Bergretter unbedingt beachten. Sie werden erteilt, um zu helfen. Wege, die man
nicht gut kennt und über deren Gangbarkeit im Winter Zweifel bestehen, sind besser zu
meiden. In den meistbegangenen Teilen der Fogarascher sind viele Wege außer mit der
farbigen, auf Steinen und Felsen angebrachten Markierung auch durch Stangen
gekennzeichnet. Bei Nebel halte man sich gewissenhaft an diese Markierung, ein Abweichen
vom Weg kann böse Folgen haben.
So schön das Wandern allein auch sein mag, im Hochgebirge ist es nicht ratsam. Es ist zu
jeder Jahreszeit geboten, in Gesellschaft von noch mindestens zwei Bergkameraden zu
gehen. Wenn man gut ausgerüstet und mit dem Vorhaben, vorsichtig zu sein, in die Berge
steigt, so kann das im Bewusstsein geschehen, subjektiven Gefahren nach Möglichkeit
vorgebeugt zu haben. Dann wird jede Bergtour, ganz gleich ob sie uns nun bei strahlendem
Sonnenschein über schneebedeckte Gipfel führt oder ob der Sturm uns zum Einsatz aller
Kräfte zwingt, zu einem Freuden- und Kraftquell werden, zu einem Erlebnis, das noch lange
in uns wach bleibt.
Man möchte nicht glauben, wie schwer es jedes Mal ist, sich zu entscheiden, welchen
Ausgangspunkt man für die Durchwanderung des Fogarascher Gebirges wählen soll. Leicht
ist für den „Gebirgler“ nur die erste Wahl, sofern es darum geht, zwischen der Monodie des
Meeres und der Polyphonie des Gebirges zu entscheiden, zwischen dem süßen Ausruhen
am heißen Meeresstrand und der „aktiven Erholung“ in den Bergen.
Für jene Bergwanderer, die sich im Frühling aus Zeitmangel keine entsprechende physische
Kondition erworben haben, ist es ratsam, die Kammwanderung durchs Fogarascher Gebirge
von der Suru-Schutzhütte anzutreten. Der direkte Aufstieg zur Suru-Schutzhütte (rotes
Dreieck) ist das nötige Pensum des ersten Wandertages für eine richtige „Akklimatisierung“.
Deshalb wird im Folgenden der Kammweg von hier ganz kurz beschrieben, und nicht von
der Bahnhaltestelle Valea Mărului, wo die Hauptkamm-Markierung anfängt.
Von der Suru-Schutzhütte folgen wir der Roten-Dreieck-Markierung. Bald schwenkt der Pfad
nach rechts und überquert ein kleines Tal und wir betreten eine Almwiese. Jetzt beginnt der
Steg in kurzen Serpentinen hochzuführen, und nach 40 Minuten erreichen wir eine
Abflachung der Fruntea-Moaşei-Berglehne, wo das Denkmal zur Erinnerung an den
Bergretter Robert Ungurean-Baltres steht. Hier macht uns ein Wegweiser auf die
Weggabelung aufmerksam. Geradeaus steigt man zum Apa-Cumpănită-Sattel (blaues
Dreieck, ¾ Stunde) hoch.
Südostwärts steigen wir in den Găvanul-Kessel ein und bald beginnt ein steiler Anstieg. Wir
überqueren mehrere Rinnsale und im Endteil dieser Wanderroute macht der Pfad mehrere
Wegschleifen, um an Höhendifferenz zu gewinnen. Nach ungefähr 1 ½ - 2 Stunden
Wanderung erreichen wir den Suru-Sattel; ein Wegweiser macht uns auf den
Hauptkammweg aufmerksam.
Den schönsten Blick auf den trapezförmigen Suru-Gipfel genießt man aus der Alt-Ebene.
Aus dem Suru-Sattel, von wo der Gipfel nicht so imposant aussieht, umgehen wir ihn auf
einem ebenen, holprigen Saumweg am Südhang. Unter uns breitet sich der umfangreiche
Suru-Kessel aus. Bald erreichen wir den Budislavu-Sattel, von wo wir auf einem
aunsteigenden Serpentinenweg den abgerundeten Budislavu-Gipfel etwas unterhalb der
Bergspitze westlich umgehen. Auf Almmatten geht es in östlicher Richtung leicht abwärts –
der flache Vârtopu-Roşu-Gipfel wird umgangen – und gelangen in den See-Sattel (Şaua
Lacului, 2178 m).
Vor uns erhebt sich die dreiköpfige Hohe Scharte (Vârful Ciortea, 2427 m) in deren
nördlichen Abstürzen ein wildromantischer Kessel liegt; in der Landschaft bewirkt das einen
angenehmen Kontrast. In diesem Kessel leuchtet bei Sonnenschein der blaue Avrig-See
(2011 m). Ein leichter Abstieg führt zu ihm.
Vor dem Abfluss des Sees befindet sich die Wegabzweigung zur Bărcaciu-Schutzhütte
(blauer Punkt, 2 Stunden).
Unser Pfad überquert den Ausfluss des Sees, und wir steigen mäßig, über mehrere
abschüssige Rinnsale der Nordostflanke der Hohen Scharte hinweg bis in den Westsattel
des Gârbova-Gipfels. Wer genügend Zeit zur Verfügung hat, dem empfehlen wir eine
Besteigung des Gipfels; sie lohnt sich. Von oben blicken wir nördlich die senkrechten
Felswände und Furchen hinab in die Tiefe auf den mittleren Kessel des Avrig-Tales.
Den Gârbova-Gipfel umgehen wir südlich und erreichen den östlichen Sattel. Im leichten
Anstieg über saftige Matten, vorbei an der Weggabelung zur Bărcaciu-Schutzhütte (rotes
Kreuz, 2 – 3 Stunden), die wir links lassen, erreichen wir den Scara-Gipfel. Oben angelangt,
öffnet sich das Panorama der höchsten Gipfel des Fogarascher Gebirges: Negoiu und
Călţun. Vom Scara Gipfel verläuft unser Weg über den Puha-Gipfel zum Scara-Sattel
bergab. Hier stoßen wir auf den mit blauem Kreuz markierten Wandersteg, der die
Verbindung nach Norden zur Negoiu-Schutzhütte (2 Stunden) und nach Süden ins
Topolog-Tal herstellt.
Vom Scara-Sattel bis zum Şerbota-Gipfel beschreibt der Fogarascher Kamm einen
nordwärts geöffneten Kreisbogen mit mehreren Erhebungen. Etliche Meter bevor wir den
Şerbota-Gipfel erreichen, stoßen wir auf den Abstiegspfad zur Negoiu-Schutzhütte (blaues
Band, 2 Stunden). Dieser Gipfel gewährt uns einen großartigen Ausblick auf den wilden,
steilen oberen Osthang des Şerbota-Grates, gegen Osten auf den furchtbar schroff
abfallenden, wildklippigen Grat der Custura Sărăţii, der den Beinamen Kirchendach erhalten
hat, und auf den Negoiu-Gipfel im Hintergrund.
Das Kirchendach, das berüchtigste Joch des Gebirges, ist mit Vorsicht zu überschreiten, vor
allem wenn man einen Rucksack mit Tragegestell hat! Bei Nebel und feuchtem Wetter ist es
ratsam, auf diesen Wegabschnitt zu verzichten. Große Felsblöcke und unregelmäßige,
phantastisch aussehende Nadeln tauchen auf dem schmalen Kamm immer wieder auf.
Unser markierter Steg schlängelt sich geschickt durch dieses Felsengewirr hindurch und wir
gelangen zur tiefsten Einsattelung (2177 m), wo seitlich unter uns sich schwindelerregende
Abgründe öffnen.
Nach Bewältigung dieser Strecke mit wilden Felszacken dauert der schwere Teil nicht mehr
lang. Der Kamm wird massiver und die großen Felshindernisse werden durch das Wechseln
der Markierung von einem Hang zum anderen umgangen. Nach rund 2 Stunden – vom
Şerbota-Gipfel gerechnet – erreichen wir den Cleopatra-Sattel. Hier zeigt ein Wegweiser die
nach links absteigende Abzweigung zur Negoiu-Schutzhütte (blaues Dreieck, 2 ½ - 3
Stunden). Auf einem gut passierbaren Steg wandern wir, auf der Südlehne neben dem
Kleinen-Negoiu-Gipfel bergauf und besteigen den zweitgrößten Gipfel Rumäniens: den
Negoiu (2535 m).
Vom Negoiu-Gipfel wandern wir in südöstlicher Richtung weiter und bald sehen wir den
halbverdeckten Călţun-See zu unseren Füßen; er liegt aber in weiter Ferne. Nach 10
Minuten erreichen wir einen kleinen Sattel mit einer Weggabelung. Der Steg mit der Gelben-
Band-Markierung umgeht den beschwerlichen Teufelskamin durch den äußerst bequemen
Frauenkamin (Strunga Doamnei).
Der Kammweg wendet sich in den sehr steilen Teufelskamin, den wir hinuntersteigen.
Nachher traversieren wir auf Geröllhalden und Schneefeldern den Steinkessel des
Laiţa-Tales. Von rechts kommt der Steg, der durch den Frauenkamin führt, und etwas unterhalb
stoßen wir auf den Pfad, der durch die Bergerscharte (Strunga Ciobanului) herüber führt.
Bald erreichen wir den Călţun-Sattel (Portiţa Călţunului) und blicken auf den wildschönen
Călţun-See (2135 m) inmitten von hausgroßen Felsblöcken.
Beim See angelangt, befinden wir uns unter der schroffen Nordwand des Călţun-Gipfels.
Hier wurde in den Jahren 1973 – 1974 eine Biwakschachtel gebaut, die bei Einbruch eines
Schlechtwetters sicheren Unterschlupf bietet.
Nun folgt die bestimmt ermüdenste Wegstrecke bergauf zum Lăiţel-Gipfel. Von dort geht es
über einen schmalen Verbindungskamm dem nächsten Hauptgipfel entgegen. Es ist der
Laiţa-Gipfel, den wir auf der Südseite auf schönen Grashalden umgehen; der Weg führt dann
in den oberen, mit riesigen Felsblöcken übersäten Doamnei-Kessel hinunter. Vor dem
Paltinu-Turm (Turnul Paltinului) schwenken wir nach rechts in einen Sattel ein und umgehen
südlich diese Felsenbastei. Bald darauf betreten wir einen quellenreichen kleinen Kessel und
steigen nachher hoch zum Paltinu-Sattel hinauf, wo ein Wegweiser den leichten Absteig zum
wunderschönen Bâlea-See (blaues Band, 30 – 40 Minuten) anzeigt.
Es folgt der Wegabschnitt vom Paltinu-Sattel zum Gämsen-Sattel, der verhältnismäßig selten
begangen wird, da die meisten Bergsteiger zum Bâlea-See absteigen. Wir umgehen am
Südhang den Paltinu-Gipfel und erreichen den Hauptkamm in einer Einsattelung, die
Bâlea-Fenster (Fereastra Bâlei) genannt wird, von wo sich nördlich ein herrlicher Ausblick auf das
Bâlea-Tal öffnet. Das Landschaftsbild wird vom Asphaltband der Fogarascher Hochstraße,
der Kabinenseilbahnstrecke, dem Bâlea-See und der Schutzhütte beherrscht. Südwärts liegt
der Căldăruşa-Lungă-Kessel, der zwei kleine Seen beherbergt.
Wir übersteigen den Gämsen-See-Gipfel und wandern bergab dem Gämsen-Sattel zu. Von
dort gibt es eine Abstiegsmöglichkeit zur Bâlea-See-Schutzhütte (blaues Dreieck, 30
Minuten).
Ein Abstecher aus dem Gämsen-Sattel zum Vânătoarea-lui-Buteanu-Gipfel (blaues Kreuz,
45 Minuten) ist empfehlenswert.
Aus dem Gämsen-Sattel steigen wir zum reizenden gleichnamigen See (2230 m) hinunter,
an dessen entgegengesetztem Ufer ein Denkmal steht, zur Erinnerung an vier Bergsteiger,
die im Winter 1963 durch eine Lawine verunglückt sind. Daneben befindet sich ein
Wegweiser, der die Abzweigung zur Pârâul-Caprei-Schutzhütte (blaues Band, 1 ½ - 2
Stunden) angibt.
Wir besteigen gemächlich den südlichen Ausläufer des Gämsen-Gipfels, der den
Gämsen-Kessel trennt. Jenseits des Grates geht es steil bis zur Talsohle der Südwand des
Arpăşel-Kammes in einen langgestreckten felsigen Kessel hinab, der noch zum großen Capra-Tal
gehört. Die Überquerung in den Monaten, wenn große Schneefelder im Kessel liegen,
erfordert Vorsicht. Am Ende dieses Abschnittes steigt der Pfad steil eine grasbewachsene
Berglehne hoch bis zur Portiţa-Arpaşului-Scharte; nebenan hat die Natur ein Loch (Fereastra
Zmeilor) gemeißelt, das wie von einer Kanonenkugel gerissen aussieht.
Der Wegweiser macht uns auf die Wegkreuzung aufmerksam; man kann in südwestlicher
Richtung zur Pârâul-Caprei-Schutzhütte (gelbes Dreieck, 1 ½ Stunden) absteigen oder nach
Osten eine andere Wegvariante zur Podragu-Schutzhütte (blaues Band, 3 – 4 Stunden)
einschlagen.
Die Wanderstrecke von der Portiţa-Arpaşului-Scharte bis zu den nordwestlichen
Felsabstürzen des Arpaşu-Mic-Gipfels ist etwas schwieriger; sie hat den touristischen
Beinamen „Die drei Todesschritte“ (La trei paşi de moarte) erhalten. Nachher wenden wir
uns nach links, überqueren einen Stützpfeiler des Gipfels und wandern, auf gleicher Höhe
bleibend, dem Hauptkamm zu.
Ein kurzer Aufstieg und wir erreichen den Hauptkamm neben dem Nerlinger Denkmal. Unter
uns vertieft sich im Süden das Buda-Tal, in dessen Kessel der Buda-See eingebettet liegt.
Nach der Traversierung eines langen schmalen Verbindungsgrates beginnt der Aufstieg zum
Arpaşu-Mare-Gipfel. Kurz unterhalb der Spitze wenden wir uns nach Süden dem
Mircea-Gipfel zu, und bald folgt der steile steinige Abstieg zum Podu-Giurgiului-See, welcher sich in
einem malerischen Kessel befindet.
Wir wandern am Ostufer des Sees entlang und es folgt eine geringe Steigung am Südhang
des Podragu-Gipfels dem Podragu-Sattel zu. Von hier können wir zur Podragu-Schutzhütte
(rotes Dreieck, 30 Minuten) absteigen.
Der Wanderweg verläuft bis zum Viştea-Mare-Gipfel immer auf der Südlehne, etwas
unterhalb vom Kamm. Aus dem Podragu-Sattel wandern wir ostwärts, an dem linker Hand
aufragenden Tărâţa-Gipfel vorbei, überqueren den Podu-Giurgiului-Bergrücken und steigen
in den Ucea-Mare-Sattel hinab. Dann umgehen wir – es geht bergauf – den Corabia-Gipfel
und später den langen dachähnlichen Ucea-Mare-Gipfel. Vor uns öffnet sich bei Schönwetter
ein überwältigender Ausblick auf den trapezförmigen Bergriesen mit seinen zwei Spitzen:
Viştea-Mare und Moldoveanu.
Nach dem Orzăneaua-Gipfel beginnt der Aufstieg in kurzen Serpentinen zum
Viştea-Mare-Gipfel, wobei ein Höhenunterschied von 222 m zu überwältigen ist. Oben angekommen,
halten wir wegen des großartigen Rundblicks eine längere Rast.
Ein Abstecher zum Moldoveanu-Gipfel (roter Punkt, 30 Minuten) über die schmale steinige
Kante dieses Bergrückens ist wohl ein Hochgenuss. Dieser Gipfel mit seiner Höhe von 2544
m ist der erhabenste Punkt Rumäniens.
Vom Viştea-Mare-Gipfel steigen wir in den Viştea-Sattel (Portiţa Viştei, 2310 m), wo ein
Wegweiser die Kreuzung anzeigt: Der nördliche Abstieg führt nach Oraşul Victoria (rotes
Dreieck, 5 -6 Stunden), der in südlicher Richtung durch das Valea-Rea-Tal nach Slatina
führt.
Wir setzen unsere Kammwanderung fort und gehen auf der glatten begrasten Südlehne des
Hârtopu-Ursului-Gipfels aufwärts. Nach kurzer Zeit überqueren wir seinen Ausläufer und
betreten den nächstfolgenden Sattel. Weiter geht es über den felsigen Südhang des
Gălăşescu-Bergrückens, dessen Gipfel linker Hand bleibt, bergauf. Von hier steigen wir in
den Viştişoara-Sattel hinunter, der einen Blick in das interessante schöne Viştişoara-Tal
gewährt, auf dessen oberste Terrasse sich der nicht allzu große romantische Viştişoara-See
befindet. Danach müssen wir die Südlehne des Gălăşescu-Mare-Gipfels traversieren und
nähern uns wieder dem Hauptkamm. Auf leichten Matten geht es abwärts dem
Răcorele-Sattel (Fereastra Răcorelelor) zu, der uns einen Blick in den mittelgroßen und wildesten
Kessel des Sâmbăta-Tales erlaubt.
Aus dem Răcorele-Sattel steigen wir bis zum abgeflachten Bergrücken des
Gălăşescu-Mic-Gipfels hoch, umgehen den Gipfel, um dann bergab den Sattel, das Kleine Fenster
(Fereastra Mică a Sâmbătei), zu erreichen, wo geübte Bergwanderer nach Norden zur
Sâmbăta-Schutzhütte absteigen können. Wieder folgt die Überquerung eines Ausläufers,
diesmal des Slănina-Gipfels, und dann breitet sich das Panorama des Quellgebietes des
Bândea-Baches bis zu dem Urlea- und Fundul-Bândei-Gipfels vor uns aus. Bergab gelangen
wir bald in den Sattel, das Große Fenster, von wo ein Abstieg zur Sâmbăta-Schutzhütte
(rotes Dreieck, 1 ½ Stunden) möglich ist.
Das imposante steinige Fogarascher Gebirge bekommt von hier an einen „lieblichen“
Charakter, und die Wanderung durch die ganze Gegend östlich bis zum
Curmătura-Foii-Sattel oder zur Plaiul-Foii-Schutzhütte ist ein Spaziergang.
Eine Kammwanderung durch das Fogarascher Gebirge im Winter ist eine beachtliche
Leistung. Zu den bekannten Schwierigkeiten einer Wintertour kommt der Umstand hinzu,
dass im Kammbereich Nordwestwinde vorherrschen und es somit empfehlenswert ist, die
Route von Westen nach Osten in Angriff zu nehmen.
Die Marschdauer für die Strecke zwischen den extrem gelegenen Schutzhütten Suru (im
Westen) und Plaiul Foii (im Osten) lässt sich nicht genau berechnen. Es ist vorgekommen,
dass eine Seilmannschaft, vom Schneesturm behindert und Schönwetter abwartend, sogar
13 Tage brauchte; bei äußerst guten Schneeverhältnissen ist die Strecke Suru-Schutzhütte –
Sâmbăta-Schutzhütte in zwei Tagen zurückgelegt worden. Somit lässt sich weder eine
etappenmäßige Gliederung des Kammes vornehmen, noch der benötigte Proviant
abschätzen, doch alle Schutzhütten sind auch winters bewirtschaftet.
Eine bewährte Erfahrung der älteren Bergsteigergeneration lehrt uns, dass man eine
Wintertraversierung des Fogarascher Gebirges im Monat März vornehmen soll, da der Tag
bereits länger ist, die Temperatur höher liegt und er Schnee sich schon gesetzt hat.
(Selbstverständlich soll eine Überquerung nach großen Schneefällen nicht unternommen
werden.)
Auf einige Wegabschnitte soll aufmerksam gemacht werden. Sie sind in den Kartenskizzen
blau eingezeichnet, mit Buchstaben versehen und im folgenden Text kurz beschrieben.
Die Kammwanderung im Fogarascher Gebirge erfolgt im restlichen Abschnitt meist am Südhang, so dass zur größten Vorsicht ermahnt wird, da der Schnee hier an wärmeren Tagen und besonders 24 Stunden nach Neuschnee zu Lawinenbildung neigt.
Ursprünglich war die Arpaş-Schutzhütte (600 Meter Höhe) ein Wohn- und Gasthaus, das
1901 errichtet wurde, zu dem 1944 ein zweites hinzukam. Dem Tourismusbetrieb wurden sie
allerdings erst 1951 erschlossen. Durch ständigen Ausbau erhielt die eine Hütte ihre jetzigen
Ausmaße; die andere wurde 1918 abgetragen.
Die Arpaş-Schutzhütte hat 42 Schlafstellen in Zimmern mit kleinerer und größerer
Bettenzahl. Die Hütte hat elektrisches Licht, besitzt einen geräumigen Speisesaal und
verfügt über Telefonanschluss. Bei den Einheimischen wird sie auch „Fata Pădurii“ genannt.
Das ist darauf zurückzuführen, dass der frühere Eigentümer ein Enkelkind namens Elena
hatte, das mit seinem Großvater lange Streifzüge durch die Karpatenwälder unternahm und
bald über die Geheimnisse der Tierwelt Bescheid wusste. Die Liebe dieses Kindes für die
Natur wurde bekannt, und bald hieß sie überall „Fata Pădurii“. Später ging dieser Beiname
auf das Anwesen über und wenn man heute die Einheimischen sagen hört, sie gingen zur
„Fata Pădurii“, so meinen sie damit die Arpaş-Schutzhütte.
Nicht nur wegen ihrer pittoresken Lage gehört die Bâlea-See-Schutzhütte (2027 m Höhe) zu den meistbesuchten im Fogarascher Gebirge. Durch den Bau der Transfogarascher Hochstraße ist sie dem großen Touristenstrom nicht mehr gewachsen. Sie verfügt über 62 Schlafstellen in Vier- bis Sechzehnbettzimmern sowie über einen Speiseraum. Der Bau einer Hütte beim Bâlea-See wird zum ersten Mal 1883 angeregt. Doch sah man der großen Kosten wegen anfangs davon ab. Ein anderer Grund war, dass man zu der Zeit keine Erfahrung im Steinhüttenbau hatte. Man wusste nicht recht, wie so kalte Mauern wohnlich gemacht werden könnten. Schließlich fand man die Lösung, und 1905 wurde auf der in den See vorspringenden Landzunge die Steinhütte errichtet. 1937 kam es dann zu dem vielfach ersehnten Erweiterungsbau aus Holz. Das Dach wurde mit Blech bedeckt und die Außenwände mit Dachpappe und Holzbrettchen vollkommen windgeschützt ausgestattet, so dass rund 50 Schlafstellen in drei Räumen den Bergwanderern zur Verfügung standen. 1950 wurde die Hütte zum großen Teil durch einen Neubau ersetzt, der auch heute (mit kleinen inneren Veränderungen) steht.
(Anmerkung: Die Bâlea-See-Schutzhütte ist 1995 abgebrannt. Sie wurde an gleicher Stelle von der Fam. Klingeis wieder aufgebaut und Silvester 2000 eröffnet. F.K., April 2008)
Das Berghotel Bâlea-Wasserfall (1234 m Höhe) verdankt sein Entstehen dem Bau der
Transfogarascher Hochstraße, die bekanntlich am 20. September 1974 für den Verkehr
freigegeben wurde. Die Bauarbeiten am Berghotel „Bâlea-Cascadă“ begannen im August
1971. Seit 1973 bietet das Hotel dem Wanderer komfortable Unterkunft in Zwei- und
Dreibettzimmern (63 Betten), jedes Zimmer hat sanitäre Anlagen. Den Gästen stehen zwei
Speisesäle mit 52 bzw. 130 Plätzen zur Verfügung. An derselben Stelle, wo heute das Hotel
steht, wurde im September 1883 eine Schutzhütte errichtet, die im August 1902 abbrannte.
Auf demselben Standort kam es schließlich in den Jahren 1904 – 1905 zum Bau des zweiten
Bâlea-Wasserfall-Schutzhauses, das 1916 während der Kampfhandlungen des ersten
Weltkriegs ein Opfer der Flammen wurde. Neun Jahre darauf, im August 1925, wurde die
dritte Schutzhütte feierlich eingeweiht. Diese Hütte, die der älteren Generation bestimmt in
bester Erinnerung geblieben ist, wurde nach dem Hotelbau 1979 abgerissen.
Die Bărcaci-Schutzhütte (1550 Meter Höhe) liegt auf dem gleichnamigen Berggipfel, umringt von Tannenwald unweit der oberen Waldgrenze, mit einer guten Perspektive auf die Bergspitzen Surul, Budislavu, Vârtopu Roşu und Hohe Scharte/Ciortea. Sie besitzt 20 Pritschenlager in einem Massenraum. Die Hütte wurde eigentlich im Sommer 1922 aus einer Militärdienststelle für touristische Zwecke hergerichtet und erhielt 1931 einen Anbau. Nach dem zweiten Weltkrieg waren dringende Investitionen notwendig, um die Schutzhütte vor dem Verfall zu retten. Erst im Jahre 1964 standen die Mittel zur Verfügung um die Hütte nach neuen Bauplänen umzugestalten.
Die Negoi-Schutzhütte (1546 m Höhe) ist nicht nur Raststätte für Bergwanderer sondern seit Jahren auch Wochenendziel vieler Bergfreunde. Sie verfügt über 102 Schlafplätze in Zwei- bis Achtbettzimmern im Winter; im Sommer kommen 68 Schlafplätze hinzu. Ferner hat sie einen entsprechend großen Speiseraum. Die erste Negoi-Hütte wurde 1881 gebaut und 1890 abgetragen und durch eine neue im gleichen Jahr errichtete ersetzt, die den Beinamen Robert-Gutt-Hütte bekam und der älteren Generation bestimmt noch in guter Erinnerung ist. Sie wurde im Laufe der Jahre mehrfach erweitert und durch ein Besorgerhaus ergänzt, das Anfang der 60er Jahre abgerissen wurde, um den Bauplatz für die heute dastehende Steinhütte freizugeben. Ende 1963 waren die Arbeiten abgeschlossen. In den Jahren 1936 – 1937 wurde unweit von der alten Hütte das Dr.-Carl-Wolff-Haus errichtet, das für Längerweilende gedacht war. Es steht vor der Abzweigung der drei Aufstiege zum Hauptkamm der Fogarascher Kette.
Als dringende Notwendigkeit, besonders von den Kammwanderern empfunden, wurde der Bau einer entsprechenden Schutzhütte im Podragu-Gebiet. Zwar gab es hier bereits 1885 eine etwa 20 Personen fassende Holzhütte auf dem Tărâţa-Gebirgsrücken, die jedoch 1916 abbrannte. Die 1885 errichtete Steinhütte östlich vom Podragu-See verfiel nach kurzer Zeit. Erst im Jahre 1948 kam es zum Bau der heutigen Podragu-Schutzhütte (2136 m). Sie ist die höchstgelegene im Fogarascher Gebiet und verfügt über 100 Schlafplätze in Drei- bis Zwanzigbettzimmern und 12 Pritschen im Winter: im Sommer kommen 64 Pritschenplätze hinzu.
Um das Surul-Gebiet dem Tourismus besser zu erschließen, wurde im Jahre 1939 an der oberen Waldgrenze, auf dem Moaşa-Bergrücken, auf dem Standort einer alten Sennhütte die Surul-Schutzhütte (1450 m) gebaut. Sie verfügt über 60 Schlafplätze, davon 44 Pritschen und 16 Schlafstellen in Zwei- bis Fünfbettzimmern. Abends, bei klarer Sicht, kann man aus der Hütte alle beleuchteten, im Tale liegenden Ortschaften erkennen. Die Hütte dient als Ausgangspunkt für diejenigen, die eine Kammwanderung im Fogarascher Gebirge vorhaben.
(Anmerkung: Die Surul-Schutzhütte ist 1996 abgebrannt und es wurde lediglich eine Notlösung für etwa 20 Leute errichtet. F.K., April 2008)
Um die lange Wanderstrecke zwischen der Arpaş- und der Podragu-Schutzhütte zu überbrücken, wurde in den Jahren 1963 – 1964 die Turnuri-Schutzhütte (1520 m Höhe) errichtet. Die Hütte liegt im Podragu-Tal auf einer nahe der oberen Waldgrenze befindlichen kleinen Plattform und wird westwärts von den Podragu-Türmen überragt. Mit 20 Pritschen in einem Massenraum sind ihre Unterkunftsmöglichkeiten stark begrenzt.
Dort, wo von Osten her die Fogarascher Bergkette zum ersten Mal ihre Hochgebirgsreize entfaltet, ist 1927 die Urlea-Hütte (1533 m) errichtet worden. Leider nahm sich der Entwerfer der Bauskizze nicht die Zeit, die Situierung des Hauses selbst vorzunehmen, und der ausführende Dorfzimmermann setzte die Schutzhütte so hinter die Böschung, dass die Sicht aller Fenster nur auf die Böschung zielt und die Hütte beim Anmarsch erst sichtbar wird, wenn man sich ihr bis auf zehn Meter genähert hat. Im Jahre 1933 wurde auch eine Wasserleitung gelegt, die das nötige Wasser bis vor die Schutzhütte brachte. Zwei Jahre darauf wurde eine zweite Hütte, bestehend aus vier Einzelzimmern und einer eingebauten Veranda, hinzugefügt. Beide Hütten stehen heute den Bergwanderern zur Verfügung. Die zweite Urlea-Hütte erhielt in den Jahren 1981 – 1982 einen Zubau, wodurch ein Speisesaal geschaffen wurde. Die Urlea-Schutzhütte verfügt über 54 Schlafstellen (22 Betten in vier Zimmern und 32 Plätze in mehreren Pritschenräumen) nebst einem 70 Plätze fassenden Speisesaal. Die Schutzhütte dient als End- oder Anfangspunkt von Kammwanderungen ins Fogarascher Gebirge.
(Anmerkung: Die Urlea-Schutzhütte wurde vor ca. 2 Jahren aufgegeben und ist nun dem Verfall preisgegeben. F.K., April 2008)
Mit dem herrlichen Hintergrund des Fogarascher Gebirgskammes bietet das Gelände, in dem die Valea-Sâmbetei-Schutzhütte (1401 Meter Höhe) liegt, einen stimmungsvollen Anblick. Nach 5jähriger Bautätigkeit wurde die Schutzhütte am 30. August 1936 fertig gestellt und ist zu einem beleibten Ausflugsziel auch für Skifahrer geworden. Die Hütte wurde 1968 bei einem Unwetter (Wasser- und Steinlawine) arg beschädigt und im darauffolgenden Jahr auf die heutigen Maße vergrößert und umgebaut. Sie verfügt über 55 Schlafstellen in Zwei-, Vier- und Achtbettzimmern nebst den dreizehnplätzigen Pritschenräumen.
(Verlag Neuer Weg, Bukarest - Komm Mit 90, S. 4 – 35)
Seite | Bildunterschrift |
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4 | Ohne Titel |
6 | Edelweiß und Alpenrosen – beide gibt es im Fogarascher Gebirge. Das Edelweiß zwar seltener dafür aber ganze Alpenrosenfelder, die von Mitte Juni bis Ende Juli die Berghänge über der Waldgrenze in einmaliger Blütenpracht erglühen lassen. |
7 | „Fereastra Zmeilor“ – Drachenfenster, ein interessantes Felsgebilde. |
8 | Bis in den Sommer hinein gibt es Schneezungen beim Podul-Giurgiului-See. |
9 | Wildschön liegt der Călţun-See inmitten von hausgroßen Felsblöcken. Im Hintergrund die Biwakschachtel, die bei Schlechtwetter sicheren Unterschlupf bietet. |
10 | Podragu-Kessel mit See und Schutzhütte. |
13 | Valea-Sâmbetei-Schutzhütte |
15 | Berghotel Bâlea-Wasserfall |
17 | Surul-Schutzhütte |
19 | Urlea-Schutzhütte |
22, 23, 24, 25, 26, 27 | Kartenskizzen |
29 | Bâlea-See-Schutzhütte |
30 | Negoi-Schutzhütte |
32 | Podragu-Schutzhütte |