Begebenheiten, Erlebnisse, Erinnerungen
von Karin Schmiedek (Leipzig)
Irgendjemand hatte uns von den Schlammvulkanen im Karpatenvorland erzählt. Unsere
Neugierde war nicht mehr zu zähmen, und so fuhren wir nach Berca bei Buzău, wo unser
einmaliges Abenteuer begann.
Die Straße war zerfurcht, wurde immer enger, bald ein schmaler Weg, der sich an einem
Hang allmählich höher zog. Typisches Faltengebirge, gerippt, zerfurcht mit Erosionstälern,
schluchtentief eingegrabenen Wasserläufen. In Senken vereinzelte Baumgruppen,
gelbverdorrtes Gras, sonst nichts als nackte kahle Fläche, einem riesigen weiten Krater
vergleichbar, wie verbranntes Land, und über allem dies blasse, strohige Gelb, Farbe von
Vergangenem. Wir waren gebannt von dieser andersartigen Welt.
Auf einer Wiese stellten wir die Autos ab. Hier irgendwo mussten die Schlammvulkane sein.
Außer uns gab es nichts, was an Irdisches erinnerte, ein Hochplateau mit merkwürdigen
Fließstrukturen, im Boden wie gegossen, tiefe Risse, aschgrau und darauf kraterförmige
Gebilde, den Mond hätte man sich so vorstellen können, sagten wir, diese totale
Leblosigkeit, keine Pflanze, kein Tier, kein Vogel am Himmel, diese Stille – nur unsere
erstaunten Stimmen. Knöcheltief steckten unsere Füße im grauen Schlamm, der bei jeder
Bewegung höher quoll, und als wir wieder festen Boden unter uns hatten, sahen die Füße
mit den neuen Turnschuhen aus wie klobige Elefantenbeine, grau und schlammverkrustet.
Wir lachten, aber mir war eher bange zumute, dachte an die einst schönen Schuhe und
stampfte den anderen durch ihre tiefen Fußspuren durch die Schlammwüste hinterher zu
den Vulkanen.
In einen flachen Krater konnte man hineinsehen, und plötzlich war uns, als würde der Boden
unter unseren Füßen unsicher, als atmete die Erde durch.
Bloß weg hier. Kaum merklich hob sich alles, es gluckste, gurgelte und blubberte, Blasen
formten sich, die mit einem dumpfen Geräusch platzten, das passierte plötzlich in allen
Kratern, die wir überblicken konnten. Der wassergelöste Ton wurde hochgepresst,
schwappte über die Kraterränder und schob sich schlängelnd die Hänge hinab. Es ist ein
einmaliges Schauspiel der Natur, was wir hier erleben durften.
(Verlag Neuer Weg, Bukarest - Komm Mit 89, S. 79 – 80)