Begebenheiten, Erlebnisse, Erinnerungen
von Dr. L. Brehmer (Dresden)
Außer herrlichen Landschaftsbildern mit eingestreuten Naturphänomenen bietet das Banater
Gebiet auch technische Meisterleistungen. Baudenkmal ist die Bergbahn von Oraviţa nach
Anina. Obwohl die Luftlinie zwischen beiden Orten nur etwa 16 km beträgt, benötigt die
Eisenbahn 34 km und 2 Stunden, um zum Ziel zu kommen. Die Route kann unter drei
Aspekten betrachtet werden – als Reiseerlebnis, als technisches Bauwerk und in seiner
Entstehungsgeschichte.
Als Abschluss unserer Wanderungen durch das Banater Bergland wurde uns diese Fahrt
vorgeschlagen. Voller Erwartung standen wir auf dem Bahnhof von Oraviţa und bestiegen
um die Mittagszeit den kombinierten Personen-Güterzug. Ein wechselnder Fensterstehplatz
ist für das Ersterleben sicherlich die beste Reisevariante, denn ständig gibt es auf beiden
Seiten des Zuges etwas Neues zu sehen. Der Reiz ist sicherlich auch abhängig von der
gewählten Jahreszeit. Unsere lag Anfang Mai und vom Ausstrahlungsvermögen sicherlich
kaum steigerbar.
Gleich hinter Oraviţa empfingen uns in voller Blüte stehende Robinienhaine, die mit alten
Laubbaum- und Nadelholzbeständen wechselten. Dazwischen ausgedehnte Ebenen mit in
voller Blüte stehendem Weißdorn. Eine landschaftliche Oase. Strukturmäßig ist die gesamte
Strecke an Abwechslungen auch nicht mehr zu überbieten, Bergrücken, sanfte Täler,
Ebenen und steile Abgründe bringen für den Betrachter immer wieder neue Eindrücke. Bei
schönem Wetter hat man auch wunderbare Fernsichten, die bis zum Semenik reichen.
Die Feinstruktur, durch die der Zug fährt, wird von der Gleisführung selbst gebildet. Das sind
durchbrochene Berge, sowohl als Einschnitte als auch Tunnels, gewaltige Dämme und
Stützmauern, die sich viele Meter tief in das Tal hinunterziehen, und schließlich eine Vielzahl
von sehr engen, aber auch weiten Kurven. Man bekommt den Eindruck, als mäandriere die
Bahn durch das Gebirge.
Die größte Brücke auf der Strecke ist die von Jitin, die auf 7 Bögen steht, wobei der mittelste
eine 31 m lange Stahlbrücke darstellt. Die beiden steinernen Teile sind gekrümmt unter
Nutzung des kleinstmöglichen Radius von 114 m (?). Überbrückt wird ein Tal von 37 m Tiefe
und 130 m Länge. Der längste Tunnel ist der von Gârlişte mit 660 m. Die Geschichte dieser
Eisenbahn ist mit dem Bergbau verbunden. Im Jahr 1780 wurde das erste Stück Kohle
gefunden, das auf reichhaltige Kohlenlagervorkommen hinwies. In den Folgejahren begann
die Errichtung von Kohlengruben. Jedoch fehlten noch die geeigneten Transportmittel, um
den Abbau zu vervollkommnen. 1847 wurde mit dem Bau einer Bahnstrecke begonnen, die
Baziaş mit Oraviţa verband. Der Weitertransport war zunächst mittels Straßenfahrzeugen
geplant. Diese schwerfällige Art der Beförderung genügte bald den Anforderungen nicht
mehr, so dass zunächst eine Eisenbahnverlängerung bis zur alten Station Lisara realisiert
wurde. Bis nach Anina sollte die Strecke mittels einer Pferdebahn von 34 km Länge bewältigt
werden. Noch während des Baus wurden auf der Trasse Kohlenlager entdeckt, die den
Weiterbau nicht rechtfertigten. Schließlich wurde nach eingehender Prüfung 1860 der alte
Plan verworfen und mit der Projektierung der restlichen Eisenbahnstrecke bis Anina
begonnen.
Bestätigt werden diese Zeitabschnitte durch eine Jahreszahl MDCCCLXII (1862), die über
den Maniel-Tunnel eingehauen ist. Seit dieser Zeit wird nicht nur der Güter-, sondern auch
der Personenverkehr gesichert. Heute nutzen mehr und mehr Touristen diese
Querverbindung, nicht um schnell vor Ort zu Ort zu kommen, sondern um ein technisches
Denkmal und eine schöne Natur zu bewundern.
(Verlag Neuer Weg, Bukarest - Komm Mit 89, S. 83 – 85)
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84 | Wunderschöne geschnitzte Holztore kann man in allen Ortschaften der Maramureş bewundern. |