Begebenheiten, Erlebnisse, Erinnerungen
von Dr. Klaus-Peter Müller (Schleiz)
August. Zweite Rumänienreise. Diesmal zu dritt und im Bucegi-Massiv. Es gehört zum guten
Ton, dass man dort schon mal war. Der Parkplatz vor dem Hotel Alpin (Cota 1400) ist
überfüllt. Doch wir haben Glück. Mit der Kabinenseilbahn geht es aufwärts zur Mioriţa-Hütte
(Cota 2000) und weiter auf Schusters Rappen zu den Babele. Auch hier Menschen über
Menschen. Sie sitzen rund um die Hütte.
In einer weichen Grasmulde, etwa 300 m neben der Hütte, schlagen wir unser Zelt auf. Wir
sind die ersten. Es wird kühler und Wolken ziehen auf. Ich mache einen kleinen Rundgang
bis zur nächsten Felsklippe, Baba Mare (2292 m). Für heute reicht es. Inzwischen haben wir
Nachbarn bekommen, sehr zur Beruhigung meiner Frau.
Nachts trommelt Regen auf unser Zelt. So ein Pech! Den ganzen Vormittag geht das so
weiter. Dicker Nebel liegt noch auf dem Plateau. Keine zehn Meter weit reicht der Blick. Wie
gefährlich so ein Wetter in diesem Gelände sein kann, merke ich beim Zurückkommen von
der Hütte. Ich laufe im Kreis. Bloß gut, dass in dieser „Suppe“ ab und zu Wortfetzen zu hören
sind! Gegen 11 Uhr klärt es zögernd auf. Die Sonne kommt gelegentlich durch. Wir
beschließen, aufzubrechen. Viel können wir nicht sehen. Irgendein Abstecher nach rechts
oder links lohnt sich nicht. Kaum jemand ist unterwegs. Eine beängstigende Ruhe! Bis zum
Cerdac ist das Gelände nicht sehr schwierig. Von hier ist es möglich, die Serpentinen, die
vom Cerbu-Tal hinauf zum Omul führen, zu erkennen. Der Wind hat aufgefrischt. Wir sind ab
und zu in Wolken eingehüllt, die über den Grat hinwegziehen. Die Spitze des Omul ist
ebenfalls wolkenbedeckt. Wir steigen höher. Es wird immer mühsamer und kühler. Keinerlei
Sicht. Der Pfad wechselt nach links. Endlich hebt sich schemenhaft die Schutzhütte (2505 m)
aus dem Dunkelgrau. Nur noch ein paar Meter. Endlich geschafft! Ein Erlebnis ist der Berg
heute nicht. Schade! Zelten kommt hier oben nicht in Frage. Mit einem jüngeren Ehepaar
steigen wir zur Mălăieşti-Hütte ab. Es ist kaum zu glauben, 200 Meter tiefer wärmt uns die
Sonne. Der Pfad ist schmal und von Steinen und Felsbrocken übersät. Er windet sich durch
zwei Schluchten bergab. Die Hütte kommt in Sicht, im Hintergrund dichter Nadelwald. Es gibt
gute Rastplätze, teilweise auf kleinen Plateaus im Wald liegend. Wasser gibt es beim
Hüttenwirt. Abends sitzen wir mit anderen Wanderern um ein großes Lagerfeuer. Eine
Flasche Rotwein macht die Runde. Mit Gesten und englischen Sprachbrocken überwinden
wir die Barrieren.
Es ist nach Mitternacht, als wir in die Schlafsäcke kriechen.
Die Sonne hat unser Zelt aufgeheizt. Nichts wie raus in die Frische Luft. Zu dritt ziehen wir
los, die anderen bleiben noch einen Tag. Der Weg nach Buşteni führt durch eine wunderbare
Gebirgslandschaft. Zunächst bergauf, immer am Rande des Gebirges entlang. Wunderbare
Ausblicke in die Täler tun sich auf. Der mit rotem Dreieck gekennzeichnete Pfad
(Friedrich-Deubel-Weg) passiert herrliche, zum Verweilen einladende Wiesen und mündet schließlich
in den Munticelu-Wald. Für den Bergwanderer bieten sich lohnende Tagestouren von einem
der Rastplätze unterwegs. Das Wasser sollte man aber bei sich haben. In den Mienen der
Entgegnkommenden sind die Strapazen des Aufstiegs abzulesen. Der Schweiß perlt ihnen
von der Stirn. Zu gerne wäre ich in der Nähe der Poiana Coştilei der Gelbbandmarkierung
nach rechts gefolgt, um zum Caraiman-Gipfel (2384 m) aufzusteigen. Vergebens, die zwei
Damen wollten nicht mit.
(Verlag Neuer Weg, Bukarest - Komm Mit 89, S. 78 – 79)