home - Komm mit - 1989 - Auf Rumäniens höchster „Promenade“
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Begebenheiten, Erlebnisse, Erinnerungen

Auf Rumäniens höchster „Promenade“

von Dr. Klaus-Peter Müller (Schleiz)

August. Zweite Rumänienreise. Diesmal zu dritt und im Bucegi-Massiv. Es gehört zum guten Ton, dass man dort schon mal war. Der Parkplatz vor dem Hotel Alpin (Cota 1400) ist überfüllt. Doch wir haben Glück. Mit der Kabinenseilbahn geht es aufwärts zur Mioriţa-Hütte (Cota 2000) und weiter auf Schusters Rappen zu den Babele. Auch hier Menschen über Menschen. Sie sitzen rund um die Hütte.
In einer weichen Grasmulde, etwa 300 m neben der Hütte, schlagen wir unser Zelt auf. Wir sind die ersten. Es wird kühler und Wolken ziehen auf. Ich mache einen kleinen Rundgang bis zur nächsten Felsklippe, Baba Mare (2292 m). Für heute reicht es. Inzwischen haben wir Nachbarn bekommen, sehr zur Beruhigung meiner Frau.
Nachts trommelt Regen auf unser Zelt. So ein Pech! Den ganzen Vormittag geht das so weiter. Dicker Nebel liegt noch auf dem Plateau. Keine zehn Meter weit reicht der Blick. Wie gefährlich so ein Wetter in diesem Gelände sein kann, merke ich beim Zurückkommen von der Hütte. Ich laufe im Kreis. Bloß gut, dass in dieser „Suppe“ ab und zu Wortfetzen zu hören sind! Gegen 11 Uhr klärt es zögernd auf. Die Sonne kommt gelegentlich durch. Wir beschließen, aufzubrechen. Viel können wir nicht sehen. Irgendein Abstecher nach rechts oder links lohnt sich nicht. Kaum jemand ist unterwegs. Eine beängstigende Ruhe! Bis zum Cerdac ist das Gelände nicht sehr schwierig. Von hier ist es möglich, die Serpentinen, die vom Cerbu-Tal hinauf zum Omul führen, zu erkennen. Der Wind hat aufgefrischt. Wir sind ab und zu in Wolken eingehüllt, die über den Grat hinwegziehen. Die Spitze des Omul ist ebenfalls wolkenbedeckt. Wir steigen höher. Es wird immer mühsamer und kühler. Keinerlei Sicht. Der Pfad wechselt nach links. Endlich hebt sich schemenhaft die Schutzhütte (2505 m) aus dem Dunkelgrau. Nur noch ein paar Meter. Endlich geschafft! Ein Erlebnis ist der Berg heute nicht. Schade! Zelten kommt hier oben nicht in Frage. Mit einem jüngeren Ehepaar steigen wir zur Mălăieşti-Hütte ab. Es ist kaum zu glauben, 200 Meter tiefer wärmt uns die Sonne. Der Pfad ist schmal und von Steinen und Felsbrocken übersät. Er windet sich durch zwei Schluchten bergab. Die Hütte kommt in Sicht, im Hintergrund dichter Nadelwald. Es gibt gute Rastplätze, teilweise auf kleinen Plateaus im Wald liegend. Wasser gibt es beim Hüttenwirt. Abends sitzen wir mit anderen Wanderern um ein großes Lagerfeuer. Eine Flasche Rotwein macht die Runde. Mit Gesten und englischen Sprachbrocken überwinden wir die Barrieren.
Es ist nach Mitternacht, als wir in die Schlafsäcke kriechen.
Die Sonne hat unser Zelt aufgeheizt. Nichts wie raus in die Frische Luft. Zu dritt ziehen wir los, die anderen bleiben noch einen Tag. Der Weg nach Buşteni führt durch eine wunderbare Gebirgslandschaft. Zunächst bergauf, immer am Rande des Gebirges entlang. Wunderbare Ausblicke in die Täler tun sich auf. Der mit rotem Dreieck gekennzeichnete Pfad (Friedrich-Deubel-Weg) passiert herrliche, zum Verweilen einladende Wiesen und mündet schließlich in den Munticelu-Wald. Für den Bergwanderer bieten sich lohnende Tagestouren von einem der Rastplätze unterwegs. Das Wasser sollte man aber bei sich haben. In den Mienen der Entgegnkommenden sind die Strapazen des Aufstiegs abzulesen. Der Schweiß perlt ihnen von der Stirn. Zu gerne wäre ich in der Nähe der Poiana Coştilei der Gelbbandmarkierung nach rechts gefolgt, um zum Caraiman-Gipfel (2384 m) aufzusteigen. Vergebens, die zwei Damen wollten nicht mit.

(Verlag Neuer Weg, Bukarest - Komm Mit 89, S. 78 – 79)

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