Herkulesbad lädt auch zu Wanderungen ein
von Lia Gross
Herkulesbad muss man nicht erst vorstellen. Als Bad seit altersher bekannt, reicht sein guter
Ruf bis weit über die Landesgrenzen hinaus. Auch im „Komm mit“ wurde der Badekurort
schon öfters gewürdigt. Dennoch soll nun noch mal von ihm die Rede sein. Aber vom
Standpunkt des Wanderers.
Es könnte ja sein, dass mal jemand hierher kommt, um in Herkulesbad sein „Basislager“
aufzuschlagen, weil er die schöne Umgebung kennenlernen will. Es könnte auch sein, dass
der eine oder andere Kurgast eben infolge der hier gemachten Anwendungen wieder fit ist
und wiederkehrt, um das zu tun, was er während der Kur nicht tun konnte (sei es, sein
Rheuma oder andere Leiden ließen es sowieso nicht zu, sei es bloß aus Zeitmangel) –
nämlich zu wandern und all die verlockenden Ziele aufzusuchen, die er bisher nur vom
Hörensagen kannte.
Wie dem auch sei, wer hier wandern will, kommt voll auf seine Rechnung. Die nähere und
fernere Umgebung bietet jede Menge Natur: Täler, Klammen, bewaldete Berghänge, kahle
Felspartien, Schluchten, Grotten, Höhlen, Wasser von kalt bis heiß, Wasserfälle, Almen,
Wiesen, Aussichtspunkte... Empfehlenswert: das Frühjahr, wenn alles in saftigem Grün
prangt und es überall blüht, und der Herbst, wenn das Auge sich nicht sattsehen kann an der
vielfältigen Farbenpracht von Gelb bis Dunkelrot-Rostbraun und dazwischen das Dunkelgrün
der Tannen, Fichten und Banater Pinien.
Die Kurgäste haben Gelegenheit, die nähere Umgebung des Ortes kennenzulernen. Zur Kur
gehören nämlich auch Spaziergänge, denn das Auf und Ab in der Stille des Waldes und der
guten Luft ist ein wesentlicher Heilfaktor, den die Kurverwaltung durch markierte Wege
unterstützt hat, damit man nicht in die Irre läuft oder nur auf den Straßen des Ortes
promeniert. Leider steht es mit den Markierungen nicht zum Besten. Es fehlen an vielen
Schlüsselpunkten und Wegkreuzungen die Hinweisschilder, und vor allem fehlt eine gute
Wanderkarte.
Als wir im Herbst 1986 in Herkulesbad weilten, hatten wir ein längeres Gespräch mit Lazăr
Predici, dem Chef der dortigen Bergwacht (Salvamont). Auf die Markierungen angesprochen,
meinte er, Salvamont hätte schon längst Vorschläge für eine bessere Markierung rund um
Herkulesbad gemacht, und nun gäbe es Versprechungen für eine baldige Erledigung. Auch
eine große Tafel mit der Skizze des Ortes und seiner Umgebung, auf der die verschiedenen
Spazier- und Wanderwege samt Markierungen und Zeitaufwand angegeben sind, müsste
irgendwo im Zentrum des Ortes aufgestellt werden. Die Broschüre, die es gegenwärtig zu
kaufen gibt, will zwar wegweisend sein, ist aber durch Ungenauigkeiten eher irreführend.
Auch sie müsste überarbeitet werden.
Ob Salvamont viele Rettungseinsätze hier hätte, wollten wir weiter wissen. Nun ja,
leichtsinnige Leute – und nicht immer nur übermütige Jugendliche – gäbe es genug, die
Verbotstafeln missachten, die sich in die Schluchten des Domogled oder Şuşcu wagen und
plötzlich keinen Ausweg mehr finden, die infolge mangelhafter Wanderbekleidung
(hauptsächlich Schuhwerk) in schwierige Situationen geraten oder gar abrutschen, abstürzen
oder auch nur schlecht treten oder fallen und nicht mehr weiter können... Ja, es passiert
genug hier, man muss Verirrte suchen, Verletzte bergen, Verunglückte abtransportieren.
Auch im Winter finden sich genug Waghalsige, die dann in letzter Instanz auf den Einsatz
der Bergwacht angewiesen sind. Und nicht nur in nächster Umgebung von Herkulesbad
operiert diese Salvamont-Gruppe, sondern, wenn es nötig ist, bis weit weg, bis zum Retezat.
Um nun die Zahl der Bergunfälle möglichst klein zu halten, hat Salvamont Herkulesbad
genau wie die Hermannstädter Sektion einen Patrouillendienst eingerichtet und macht
außerdem Führungen, d. h. es werden Gruppenwanderungen unter Aufsicht von
Salvamont-Mitgliedern organisiert. Da kann nichts passieren, und das ist gut so. Auch privat kann, wer
immer wann immer an Salvamont appellieren, wenn es sich um eine schwierige Tour
handelt. Vor allem der Chef, Lazăr Predici selbst, ist immer hilfsbereit. Auch uns hat er zu
einer Tour eingeladen, und es wurde in der Tat etwas Besonderes, ein touristischer
Leckerbissen in Gegenden, wo man alleine nie hinkommt und auch nicht hinkommen darf,
da es ein seiner Gefährlichkeit wegen von Salvamont gesperrtes Gebiet ist. Ein deutscher
Tourist, der mit von der Partie war, meinte nachträglich: Mensch, was glaubst du, was uns so
eine Führung in unseren Bergen gekostet hätte!
Damals reichte die Zeit nur zu einer relativ kleinen Tour, aber das nächste Mal wollen wir
eine ausgedehnte Tageswanderung machen. Und es ist etwas anderes, ob man als Neuling
in der Gegend krampfhaft nach Markierungen sucht oder sorglos einem Bergführer folgen
kann, der die Gegend wie seine Westentasche kennt und nach überallhin auf kürzestem
Wege gelangt.
Was für Wandermöglichkeiten bietet Herkulesbad nun doch? Auf markierten und
unmarkierten Wegen kann sich jeder die Tour auswählen, die ihm zusagt und seinen Kräften
entspricht. Wo immer man hingeht, ist es schön, findet man freundliche Plätzchen zum
lagern, Aussichtspunkte. Das Cerna-Tal wird in seiner ganzen Länge von zwei Bergzügen
flankiert: rechts die Cerna-Berge, links die Mehedinţi-Berge. Beide haben als durchgehende
Kamm-Markierung das rote Band. Über beide Bergzüge führen viele Pfade, denn die
Einwohner und die Hirten haben seit jeher die Berge bestiegen und überquert. Einige dieser
Pfade wurden markiert, manche bis zum Kamm, andere bis ins nächste Tal. Da wären auf
der Cerna-Seite:
- roter Punkt vom Coronini-Plateau zum Perilor-Gipfel
- blaues Dreieck über den Ciorici-Aussichtspunkt und den Elisabeth-Gipfel (mit Kiosk)
zur Perilor-Wiese (Poiana cu Peri)
- gelbes Dreieck aus dem Cerna-Tal (bei den Sieben Heißen Quellen) ins
Bolvaşniţa-Tal
- rotes Kreuz aus dem Cerna-Tal (nahe Podul Ţesnei) am Vânturătoarea-Wasserfall
vorbei ins Bolvaşniţa-Tal
- blauer Punkt von Podul Ţesnei bis unterhalb des Arjana-Gipfels auf der
Mehedinţi-Seite
- rotes Kreuz von Pecinişca durchs Feregari-Tal nach Podeni
- blauer Punkt vom Weißen Kreuz durchs Jelărău-Tal nach Podeni
- gelbes Band vom Elektrizitätswerk über den Padina-Sattel nach Podeni
- roter Punkt vom Gisela-Felsen zum Roşeţu-Wasserfall
- blaues Band vom Gisela-Felsen über die Wiese Balta Cerbului zu den beiden
Ciolanu-Gipfeln und durch die Ţesna-Klamm nach Podul Ţesnei
Hinzufügend möchte ich noch vermerken, dass die zwei ersterwähnten Wege nach Podeni
durch sehenswerte und beeindruckende Klammen führen, die ziemlich am Anfang des
Weges liegen und deren Besichtigung allein schon einen kleinen Ausflug darstellt. Das rote
Kreuz führt durch die Şoimul- oder Prolas-Klamm, und wer bis zum Padeş-Plateau
weiterwandert, kann dann den Rückweg auf dem mit gelbem Kreuz markierten Pfad
antreten, der durch die Pecinişca-Klamm führt. Wer zum Weißen Kreuz steigt, kann den
Ausflug verlängern, indem er durch die Klamm ins Jelărău-Tal wandert und dann eventuell
auch noch weiter bis zur Muşuroane-Au (blaues Band).
Ein Aufenthalt in Herkulesbad, ohne den Domogled bestiegen zu haben, ist für Touristen
geradezu undenkbar. Denn der Domogled ist der Hausberg von Herkulesbad, sein
Aushängeschild sozusagen. Er ist rund 1100 m hoch und seiner mediterran beeinflussten
Flora wegen unter Naturschutz gestellt. Außerdem könnte man ihn als die Aussichtswarte
von Herkulesbad bezeichnen. Es gibt einen Weg, der den Domogled überquert, nämlich das
gelbe Band, das jenseits des Weißen Kreuzes beginnt, unterhalb der Şerban-Grotte
vorbeiführt, auf die beiden Gipfel (Großer und Kleiner Domogled) führt und in der Rinne
zwischen den gipfeln ins Feregari-Tal absteigt. Ein anderer markierter Weg (rotes Kreuz)
kommt von der Muşuroane-Au herauf.
Der Nachbargipfel, Şuşcu, der rund 100 m höher ist, kann auch auf markiertem Pfad
überquert werden, aber das blaue Dreieck, das die Verbindung zwischen dem Padina-Sattel
und dem Jelărău-Tal herstellt, ist schwer zu finden. Daher ist es gut, mit einem
Wanderkameraden, der die Gegend kennt, loszuziehen.
Cernaaufwärts bis hin zu den Quellen sind die Auen und die sie begrenzenden Berge ein
einziges Wanderparadies. Ausnahme macht vorläufig noch die Baustelle des neuen
Staudammes gleich hinter dem Thermalstrand. Wer ein Auto hat, kann viel von diesem
gesegneten Fleckchen Erde sehen, erwandern und genießen. Aber auch für die Fußtouristen
ist das Weiterkommen kein Problem, es fahren genug LKW hier hin und her, die gerne bereit
sind, Mitfahrer aufzunehmen.
Ein Kapitel für sich sind die Höhlen. Das Cerna-Tal ist reich an phantastisch geschmückten
unterirdischen Palästen, aber als Normaltourist sieht man bestenfalls den Eingang und geht
nur so weit, wie das Tageslicht reicht. Aber da ist nichts zu sehen. Das Schöne liegt tief drin
verborgen, da, wo nur Höhlenforscher hinkommen. Darum sollten sich die Kurgäste und
Wandersleute mit den Grotten begnügen und die Höhlen wie die Adam-Höhle oder das
Teufelsloch am Domogled vergessen.
Herkulesbad ein Eldorado der Wanderer – warum nicht? Schließlich ist es ein
Gesundbrunnen, aus dem man mit frischen Kräften und tatendurstig wieder auftaucht. Was
liegt dann näher als die Bergwelt ringsum?
(Verlag Neuer Weg, Bukarest - Komm Mit 88, S. 208 – 212)
Seite | Bildunterschrift |
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209 | Entlang der Cerna verläuft auch der Hauptverkehrsweg, auf dem man in die schöne Cernalandschaft gelangt. |
211 | Das Hotel „Roman“ reicht bis ans Cerna-Ufer. Der eleganteste Beherbergungsbetrieb hat auch hauseigene Kuranlagen. |