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Bucegi für Senioren

Auch im Hochgebirge lässt es sich gemütlich wandern.

von Lia Gross

Bucegi – das Paradies der Kraxler.
Bucegi – der Tummelplatz der Wanderer.
Und dennoch – das Bucegi-Gebirge für die Senioren? Ja, warum eigentlich nicht?

Einleitend sei gesagt: Es gibt natürlich Senioren und Senioren. Solche, die sich nie was aus Bergwandern gemacht haben, solche, die sich seinerzeit was daraus gemacht, es aber längst und endgültig gelassen haben, und schließlich noch das genaue Gegenteil: Senioren, die, was das Wandern anbelangt, so manchen Jungen heute noch in den Sack stecken, denen das Wandern sozusagen in Fleisch und Blut übergegangen ist und die es als selbstverständlich ansehen, den Berg Schritt für Schritt zu erobern, wie eh und je, die auf Auto- und Gondelfahrer geringschätzig herabblicken, weil das ihrer Ansicht nach eine Bequemlichkeit ist, unvereinbar mit wahrem Bergsteigen. In gewissem Sinne haben sie ja auch Recht! Nun – jedenfalls all diese Senioren werden sich von diesem Beitrag und den darin enthaltenen Vorschlägen nicht angesprochen fühlen – und das ist auch nicht beabsichtigt.
Es gibt nämlich noch eine weitere Kategorie von Senioren, und genau an diese wendet sich unser Beitrag: Bergfreunde, die immer gerne gewandert sind, deren Kräfte nun aber für lange und steile, beschwerliche und ermüdende Aufstiege nicht mehr ausreichen. Es lässt sich leicht denken, dass es solche ehemalige Wandersleute auch heute noch auf altbekannte Pfade, zu liebgewordenen Plätzchen, an schöne Aussichtspunkte lockt. Das Auf und Ab in höheren Regionen ließe sich noch bewerkstelligen, wenn nur der Weg bis dahin nicht wäre! Er ist es nicht mehr. Oder genauer gesagt: Er lässt sich vermeiden. Fahrwege und Kabinenbahnen haben es möglich gemacht. Und somit eine Menge Leute in luftige Höhen befördert, die schon jede Hoffnung aufgegeben hatten, jemals wieder Hochgebirgsluft zu schnuppern und von hoher Warte die Welt betrachten...
Was im Folgenden für Senioren geschrieben steht, wendet sich genauso gut auch an Gebirgsneulinge jeden Alters und an andere Bergfreunde, die mit ihren Kräften haushalten müssen.
Ist man erst einmal oben (auf dem „langweiligen“ Plateau, wie es manch einer nennt), so lässt es sich ganz gemütlich wandern. Man kann sich die Trassen seinen Kräften entsprechend aussuchen: leichte und kurze, mittlere, schwierige mit größeren Höhenunterschieden und von längerer Dauer.
Nun ein paar Einzelheiten über den Weg hinauf: Per Auto gelangt man von Sinaia bis zum Hotel Alpin in 1400 m Höhe, oder auf anderem, aber nicht besserem Weg zur Hütte Cuibul Dorului (1160 m) und weiter zum Dichiu-Sattel (1600 m). Hier scheiden sich die Geister: aufs Plateau (zu den Hütten Piatra Arsă – 1950 m – und Babele – 2200 m) oder ins obere Ialomiţa-Tal (zur Padina-Hütte – 1525 m – und zum Hotel Peştera – 1610 m). Besser und schneller kommt man per Kabinenbahn hinauf und hinunter. Aus Sinaia zum Hotel Alpin und nach Umsteigen weiter zur Furnica, wo die Mioriţa-Hütte (2000 m) auf Gäste wartet und etwas weiter unten die Hütte Vârful cu Dor (1885 m). Aus Buşteni zur Babele-Hütte und zum Hotel Peştera.
Für Leute, die gar nicht gut zu Fuß sind, die noch nie im Hochgebirge waren oder die Angst haben, ist es ratsam, sich ein nettes Plätzchen mit Aussicht in der Nähe der Bergstation auszusuchen und dort in Ruhe das Panorama zu genießen. Hat man genug, ist müde vom vielen Sehen, wird man von Wind und Wolken oder gar Regen verjagt, fährt man wieder zu Tal.
Nehmen wir mal die Kabinenbahn von Sinaia. Erste Station: „Cota 1400“ zwischen Hotel Alpin und der Hütte Valea cu Brazi (1500 m). Will jemand hier verweilen, kann er zum Hotel absteigen oder noch tiefer, zur Brădet-Hütte (1300 m), oder aber zur Hütte Valea cu Brazi steigen, eventuell auch noch höher. Überall laden grasige Hänge mit bunten Blümchen je nach Jahreszeit zum Verweilen ein. Ein Abstieg zu Fuß bis Sinaia ist nicht allzu schwer. Die neuen, noch besser jedoch die alten Serpentinen führen sachte zu Tal. Weniger sacht ist der markierte Fußpfad, aber immerhin zu schaffen für Leute, die nicht zimperlich sind.
Die Bergstation Furnica liegt in 2000 m Höhe. Ein kurzer Aufstieg, und man ist auf der Furnica-Spitze (2103 m). Für Bergneulinge ein überwältigendes Panorama. Wandern kann man zur Hütte Vârful cu Dor, von da zur gleichnamigen Spitze (2030 m) steigen oder auf breitem, richtigem Spazierweg zur „Cota 1400“ absteigen. Ein anderer Weg, schon etwas weiter, führt zur Hütte Piara Arsă. Wer sich vor längeren Abstiegen nicht fürchtet, kann ins Ialomiţa-Tal zum Hotel Peştera absteigen. Von da per Kabinenbahn zu den Babele, umsteigen in die nächste Kabine und hinunter nach Buşteni.
Rund ums Hotel Peştera gibt’s viele nette Plätzchen, ausgedehnte Wiesen, Täler und die Ialomiţa samt der gleichnamigen Höhle. Hier ist es ratsam, sich für mehrere Tage niederzulassen, um die Gegend gründlich zu durchforschen. Einmal talab: zur Padina-Hütte, eventuell weiter zur Tătaru-Klamm oder gar bis zum neuen Stausee bei Bolboci. Wer gut zu Fuß ist, kann noch einen Schritt weiter gehen: durch die Zănoaga-Klamm zum Scropoasa-Stausee. Talauf steht in der Nähe des Hotels auf einer großen Wiese die Talstation der Kabinenbahn Peştera – Babele. Auf diese Weise öffnen sich drei schöne, breite Täler: Doamnele, Ialomiţa und Sugări; im ersteren führt neuerdings ein Karrenweg zu den oben gelegenen Sennhütten. Jedes dieser Täler ist es wert, begangen zu werden.
Nun fahren wir per Kabine zu den Babele und sehen uns hier um. Rund um die Babele-Hütte stehen allerlei bizarre Felsgebilde, unter ihnen die Babe und die Sphinx. Geht man weiter, dem Fahrweg bergauf folgend, kommt man zur nächsten Felsklippe: Baba Mare (2292 m). Bis zum Omul zu wandern, ist nicht jedermanns Sache, aber bis zum Cerdac (ungefähr auf halbem Weg) ist es nicht schwer. Da steht man am oberen Ende des Cerbu-Tales, sieht jenseits des Talkessels ein gutes Stück höher den Omul, die mit 2504 m höchste Erhebung der Bucegi, sieht die Serpentinen, die von da ins Cerbu-Tal hinabführen, sieht den Moraru-Grat mit seinen charakteristischen Zacken und kann übers Tal hinweg weit ins Burzenland hineinsehen.
Ebenfalls von der Babele-Hütte kann man im oberen Jepii-Tal zur Caraiman-Hütte (2025 m) absteigen und von dem Vorsprung, auf dem die Hütte steht, einen Blick in die Tiefe des unteren Jepii-Tals riskieren. Und dann einen Blick hinauf auf die zerklüftete Felswand, an der entlang der Pfad zum Heldendenkmal verläuft. Leichter gelangt man dahin, wenn man von der Babele-Hütte direkt zum Caraiman-Gipfel (2384 m) geht. Da hat man dann das Denkmal (ein riesiges Kreuz) zu Füßen, denn es steht auf einem Vorsprung unterhalb des Gipfels. Wer will, kann hinabsteigen, um vom Sockel des Kreuzes das einmalige Panorama des Prahova-Tals von Predeal bis Comarnic, die gegenüberliegende Bergwelt von den Baiu-Bergen bis zum Ciucaş und den Blick übers Plateau vom Vârful cu Dor bis zur Coştila zu genießen.
Ein etwas längerer Weg führt von der Babele-Hütte zur Piatra Arsă und weiter zur Furnica, wo man die Kabinenbahn nach Sinaia nehmen kann.
Für diejenigen, die in Sinaia oder Buşteni Urlaub machen, ist so eine Fahrt in höhere Regionen geradezu ein Muss. Was man dann oben macht, wie weit man sich wagt, das bleibt jedem selbst überlassen. Nur darf die Unternehmungslust nie die eigenen Kräfte überschätzen und überfordern. Denn das kann ins Auge gehen und das wäre schade!

P.S.: Sowohl Sinaia als auch Buşteni sind Kurorte im Prahova-Tal am Fuße der Bucegi. In beiden Ortschaften gibt es nette Villen und moderne Hotels. Die Orte sind knappe 10 km voneinander entfernt und etwa 120 bzw. 130 km weit von Bukarest. Bis Braşov sind es ca. 45 bzw. 35 km. Autofahrer benützen die Landstraße DN 1 (E 60), die Bukarest durchs Prahova- und Tömösch-Tal mit Siebenbürgen verbindet. Wer mit dem Zug anfahren will, muss wissen, dass in Sinaia alle Züge der Strecke Bukarest – Braşov anhalten, in Buşteni jedoch nur Personen- und einige Eilzüge.

(Verlag Neuer Weg, Bukarest - Komm Mit 87, S. 214 – 217)

Seite Bildunterschrift
 
214 Die „Babe“ genannte Felsgruppe. Dahinter schweift der Blick über das Bucegi- Gebirge zum Leaota-Massiv.
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