Ein Engländer über das Mineralwasser von Borsec und die siebenbürgischen Heilquellen
von Heinz Leonhardt
Der englische Schriftsteller Charles Boner trat im Herbst 1863 mit der Postkutsche seine
Siebenbürgen-Reise an, er hielt sich hier bis zum Frühjahr 1864 auf. Das Buch, das er
darüber schrieb und das zu den besten Reisebeschreibungen über Siebenbürgen gehört,
erschien 1865 in London. Die deutsche Ausgabe, 1886 in Leipzig erschienen, trägt den Titel
„Siebenbürgen, Land und Leute“, und ist auch mit zahlreichen Karten und Abbildungen
versehen.
Mit seinem sicheren Blick für die Landschaft und die Menschen, die hier leben – Sachsen,
Rumänen, Ungarn –, mit seinem ausgeprägten Interesse an wirtschaftlichen
Angelegenheiten, aber auch mit seiner Jagdleidenschaft und seinen Ausflügen in die
Karpaten, konnte Charles Boner eine Reise zu den Mineralwasserquellen und Heilbädern
auf keinen Fall auslassen, und er musste selbstverständlich auch darüber schreiben.
In Kronstadt hatte der Engländer einen Mann gefunden „kleinen Hans“, der ihn in die Csik
führen sollte, der recht gute, wenn auch nicht besonders rasche Pferde besaß und der
„ebenso wohl Deutsch als Ungarisch und Rumänisch“ sprach, und den der Schriftsteller auch
anderen Reisenden wärmstens empfahl. Die Reise ging über Marienburg, wo man gegen
Abend anlangte und dann am anderen Tag weiterfuhr.
Hier eine allgemeine Schilderung dieser Landschaft, so wie sie im Jahr 1863 aussah: „In der
östlichen Gegend sind zahllose Mineralquellen, deren Wasser ebenso angenehm ist und
erfrischend schmeckt wie das Selterswasser... Die Straße nach Covasna ist links von Bergen
begrenzt... Das Gasthaus daselbst ist äußerst bescheiden; doch war das Bett rein und die
Leute taten ihr Bestes, ein anständiges Mahl aufzutischen... Es ist ein Dorf, dessen Häuser
weit herum zerstreut liegen und während der Saison an die hierher kommenden Gäste
vermietet werden. Das Bad ist ein Teich inmitten des Dorfes, von ärmlichen Brettern, etwa
bis zur Höhe von sieben Fuß, eingefasst... Bisweilen, in Zwischenräumen von 30 Jahren,
bricht das Wasser plötzlich mit solcher Gewalt hervor, dass es das ganze Dorf
überschwemmt. In der Nähe befindet sich ein Gas-(Dampf)-bad... Ein 7 Fuß langer Graben
stellt das eigentliche Bad vor; man hebt eine Art von Falltür empor und steigt einige Stufen
hinunter; dann wird diese Türe wieder geschlossen; nur der Kopf des Badenden ragt durch
ein rundes Loch hervor; das Gas strömt aus der Erde und umgibt den Körper des
Badenden...“
Charles Boner machte auch einen Ausflug zum St.-Annen-See – das war ein zweistündiger
Marsch durch den Wald –, nahm die Schwefelvorkommen von Bálványos in Augenschein
und stattete der Glasfabrik von Bicsád einen Besuch ab. Die Reise führte dann in den
„berühmten Badeort“ Tuschnad. In dieser Gegend hat der Engländer auch wieder an einer
Bärenjagd teilgenommen – wie gewöhnlich hat er keinen Bären geschossen, dafür aber
diese kleine und erfrischende Geschichte:
„Ich beobachtete immer mit besonderem Vergnügen die Raschheit, mit der sich die Leute zu
helfen wissen, die ein enges Verhältnis zur Natur haben. Unser Branntweinfass hatte ein
Leck bekommen – unter diesen Verhältnissen ein sehr ernstes Ereignis. Hätte ich es
verstopfen sollen, ich hätte nicht gewusst, wie. Ein Rumäne aber ergriff ein Stück harzigen
Holzes, zündete es an, ließ das Harz zwischen die Dauben tröpfeln und verstopfte so in
einem Augenblick die Öffnung.“
Ein Abstecher nach Borsec schließlich wird ausführlich beschrieben: „Auf einem Stück
Landes, das einen Umfang von vielleicht etwas mehr als einer Meile hat, entspringen elf
Quellen... In Betreff der Menge der Kohlensäure, die sie enthalten, und ihrer niedrigen
Temperatur übertreffen sie alle ähnlichen Quellen in Europa. Das Wasser hat einen
angenehm säuerlichen Geschmack und lässt auf der Zunge ein prickelndes Gefühl zurück,
das aufsteigende Gas kitzelt die Nase gerade so wie rasch getrunkener Champagner...“
Charles Boner erzählt die Geschichte, dass angeblich ein Hirte das Wasser entdeckt habe,
dass ein höherer Beamter am Hofe Josefs II. durch dieses Wasser „wiederhergestellt“
worden sei, dass man das kostbare Tischgetränk nach Wien brachte und dass sich seither
jedes Jahr „Deutsche, Ungarn, Moldauer und Walachen sowie Türken in großer Anzahl“ hier
einfanden.
Der Engländer mit dem ausgeprägten Wirtschaftssinn berichtet weiter: „Die mit dem Wasser
aus diesen Quellen gefüllten Krüge und Flaschen, die bald über das ganze Land versendet
wurden, transportierten eigene Packpferde; jetzt ziehen kleine Karren, die wie ein auf Rädern
ruhender viereckiger Trog aussehen, und in welchen die durchsichtigen Wasserflaschen
aufrecht stehen, sie ununterbrochen hin und zurück... Auch lässt sich das Wasser, ohne das
Geringste von seinen guten Eigenschaften zu verlieren, Jahre lang erhalten; es ist das
einzige Mineralwasser seiner Art, das ohne Schaden zu nehmen selbst über die Äquatorlinie
gebracht werden kann. Eine Kiste davon wurde mit der ‚Novara’ ausgesendet und bei der
Rückkehr des Schiffes war das Getränk eben so frisch und moussierend, als wäre es kurz
vorher erst in Flaschen gefüllt worden.“
Der Gast hat anscheinend auch selber ein Bad in Borsec versucht, denn er fällt ein
kompetentes Urteil: „Einzig ist die wohltätige Wirkung, welche dieses Wasser auf das
Nerven- und Muskelsystem ausübt, und wenn man auch anfangs seine Kälte nur schwer
aushalten kann, so erregt es doch bald eine äußerst wohltuende Wärme.“
(Verlag Neuer Weg, Bukarest - Komm Mit 86, S. 220 – 223)