home - Komm mit - 1986 - Dreimal Pech mit Leaota
jedes Wort alle Wörter Suchwort markieren
drucken

Dreimal Pech mit Leaota

Die Gipfelpyramide – Anziehungspunkt für erfahrene Bergwanderer

von Walter Kargel

April. Krokusse und Schneeglöckchen blühen auf den Hängen, als wir von Sinaia ins Ialomiţa-Tal hinüberwechseln. Von der Hauptstraße, die nach Târgovişte weiterführt, zweigen wir bei Pucheni ab und folgen einer Asphaltstraße im Ialomiţa-Tal. Bald schon verengt sich das Tal zur Schlucht. Eine Abzweigung führt am Pionierlager „Cerbu“ vorbei ins Rătei-Tal. Wo die Straße zu Ende ist, lassen wir den Wagen stehen und wandern taleinwärts. Der nasse Schnee wird immer tiefer, hoch oben, unerreichbar, ragt der Răteigipfel – 2005 m – in den blauen Frühlingshimmel. Nichts zu machen. Zurück.

Juni. Der lausigen Wettervoraussage zum Trotz fahren wir am Samstagabend los. Es regnet pausenlos, als die Lichtfinger des Wagens die Finsternis abtasten: Sinaia – Pucheni – Dobreşti – Brătei-Tal. Um 23.00 Uhr stellen wir die Zelte in einer kurzen Regenpause auf eine tropfnasse Wiese. Am Morgen regnet es munter weiter. Noch 10 km fahren wir bis zum Ende der Forststraße. Wieder einmal steht der Berg, diesmal regenverhangen, abweisend da.

Juli. Dritter Start. Diesmal fahren wir über Târgovişte und übernachten bei Bauern in Pietroşiţa. Im Brătei-Tal stellen wir den Wagen im Hof beim Deichhüter Pavel ab. Die Sonne brennt heiß, als wir den Bach überqueren, und der Schweiß bricht aus allen Poren, als wir den steilen Weg am Răteikamm empor stapfen. Heidelbeeren naschen ist eine willkommene Ausrede für die zahlreichen Rasten. Später treten wir aus dem Wald. Die Markierung rotes Kreuz ist wieder einmal unsichtbar, doch dann ist die Stână da, und der weitere Aufstieg liegt offen vor uns. Der Gipfel scheint nicht mehr fern und mit jedem Schritt kommt er näher. Und dann sind wir oben – doch ist es nicht der Hauptgipfel! Es ist der Rătei, und bis zur Leaota-Gipfelpyramide ist es noch ein gutes Stück. Plötzlich fallen erste Regentropfen, und als es auch noch zu blitzen und zu donnern beginnt, machen wir eiligst kehrt. Im strömenden Gewitterregen laufen wir bergab zur Sennhütte. Die Hirten liegen in ihren Schafpelzen und schlafen, während wir uns am offenen Feuer trocknen, räuchern und die Augen tränen lassen. Mit der Zeit lässt der Regen nach und wir setzen unseren Abstieg fort. Die Sonne scheint wieder, doch wir widmen uns den Heidelbeeren als Trost für die Gipfelfrustration.

Die Bucegi-Gruppe der Südkarpaten, vom Prahova-Tal im Osten und Dâmboviţa-Tal im Westen begrenzt, besteht aus drei Massiven: Bucegi (Omul-Gipfel, 2505 m); Leaota (Leaota-Gipfel, 2133 m); Königstein (Piatra Craiului, Hirtenspitze, Piscul Baciului, Vârful la Om, 2238 m). Geologisch betrachtet, gehört diese Gruppe zu den Ostkarpaten.
Das Leaota-Gebirge hat eine kristalline Beschaffenheit, und nur in der Nähe des Dâmboviţa-Tales tritt Kalk in Erscheinung. Umgrenzt wird es im Westen vom Dâmboviţa-Tal, im Norden von der Bran-Senke und im Osten vom Brătei-Tal; im Süden geht es allmählich ins Karpaten- Vorgebirge über.
Der Hauptgipfel Leaota hat die Form einer dreieckigen Pyramide, und von ihm gehen drei Hauptkämme aus. Der südwestliche davon ist die Marginea Domnească, von dem aus gegen Nordwesten die Gebirgskämme Tâncava, Obădarul, Ţâbra, Gruiul (als südöstlicher Abschluss des Bădeanca-Tales) und gegen Südosten die Kämme Leaota, Rătuneiul, Vaca, Frumuşelul und Românescu abzweigen.
Der südöstliche Hauptkamm ist der Rătei mit den Verzweigungen Cufuritul, Raciul und Şutila. Der nördliche Hauptkamm schließlich behält einen nördlich ausgerichteten Verlauf bis zur Jigărea-Spitze, um dann ostwärts zu verlaufen und dem Strunga-Kamm des Bucegi zu begegnen. Vom nördlichen Hauptkamm zweigen erst die beiden kurzen Äste Vâja und Mitarca gegen Westen bzw. gegen Osten ab; es folgt ein starker Ast gegen Westen und später Südwesten: Cumpărata Mare, Râiosul, Albescu, Geabelea, Cioara, Făgeţele, Roşu, Preseaca; die nächsten Erhebungen am nördlichen Hauptkamm sind Jugureanu, Secările, Pietrele Albe, Jigărea, Dudele, Bucşa.
Im Westen schließen sich die Kalkbastionen Piatra Dragoslavelor und Sfântu Ilie-Ghimbav an, welche den Übergang zum Königstein ankünden. Wichtigste Täler und Bäche sind: gegen Osten die Nebenflüsse der Ialomiţa: Brăteiul, Răteiul, Raciul; gegen Süden die ebenfalls zur Ialomiţa sich entwässernden Tâta, Vaca und Marginea Domnească; gegen Westen die Nebenflüsse der Dâmboviţa: Pârâul Cheii, Ghimbavul und Bădeanca; gegen Norden die zum Altbecken sich entwässernden Täler Băngăleasa und Moeciul.

Anfahrt

Das Leaota-Gebirge ist über die Fernverkehrsstraßen DN 71 Târgovişte – Sinaia, DN 72 A Târgovişte – Câmpulung/Argeş und DN 73 Câmpulung – Braşov leicht zugänglich. Von den Fernverkehrsstraßen zweigen Nebenstraßen und Forstwege ab, die tief in die Gebirgstäler hineinführen, so zum Beispiel die Straße Fieni – Runcu – Cabana Leaota, oder Pucheni – Dobreşti mit Abzweigungen ins Rătei- und Brătei-Tal. Als einzige Eisenbahnlinie kommt die Strecke Târgovişte – Pietroşiţa in Frage, mit dem Bahnhof Fieni als Ausgangspunkt für den Leaota-Hüttenanstieg.

Talorte und Stützpunkte

Fieni und Pietroşiţa an der Straße Târgovişte – Sinaia vermitteln den Anstieg von Südosten, aus dem Ialomiţa-Tal. Gleichfalls im Ialomiţa-Tal befinden sich die Hütten Cheile Zănoagei, Bolboci, Padina und Peştera (letztere per Seilbahn aus Buşteni erreichbar). An der Straße Târgovişte – Câmpulung – Braşov liegen die Dörfer Bădeni, Stoieneşti, Dragoslavele, Rucăr, Podu Dâmboviţei, von wo aus die Westflanke der Leaota bewandert werden kann. Die einzige Schutzhütte des Massivs ist Cabana Leaota, über Fieni – Runcu zugänglich. Die Hütte steht auf einem Ausläufer des südlichen Hauptkammes, Românescu genannt, in 1370 m Höhe. Es ist jedoch angezeigt, sich beim Touristenamt OJT Dâmboviţa in Târgovişte oder in Runcu über Unterkunftsmöglichkeiten in der Hütte zu erkundigen. Heger- und Forsthäuser gibt es in den Haupttälern, auf den alpinen Weiden können Sennhütten Unterkunft gewähren.

Wandern

1. Hauptkammwanderung: Fieni – Cabana Leaota – Leaota-Spitze – Curmătura Fiarelor – Strunga – Cabana Padina.

Teilabschnitt: Fieni – Cabana Leaota: Fahrstraße, 20 km; Cabana Leaota – Cabana Padina: 9 – 11 Stunden;
Markierungen: Cabana Leaota – Curmătura Fiarelor blaues Band; Curmătura Fiarelor – Strunga rotes Band; Strunga – Cabana Padina roter Punkt.
Ab Leaota-Hütte geht es in nordwestlicher, später nördlicher Richtung über den Românescu-Kamm und Marginea Domnească in stetigem Anstieg über alpine Weiden empor zum höchsten Gipfel, Leaota (3 – 4 Stunden). Fernsicht auf das Panorama der umgebenden Gebirge: Iezer, Fogarascher Gebirge und Königstein im Nordwesten, Bucegi im Nordosten. Im Süden reicht der Blick frei über das Karpaten-Vorgebirge und das Hügelland zum Donautiefland, das meist im blauen Dunst verschwimmt. Von der Leaota-Spitze geht es weiter nordwärts und meist abwärts bis unter die 1800-m-Grenze im Sattel Curmătura Fiarelor, wo die Karpatenhauptkamm-Markierung rotes Band erreicht wird. In sanftem Auf und Ab erreicht man, ostwärts gehend, wieder eine Höhe von 1900 m. Der Höhenweg endet am Strunga-Kamm des Bucegi-Gebirges. Unweit des Strunga-Sattels begegnet man dem mit rotem Punkt markierten Pfad Bran (Moeciu) – Padina. Die Markierung rotes Band führt hier weiter zum Omul-Gipfel. Wir jedoch folgen dem roten Punkt im Abstieg ostwärts (rechter Hand) zur Padina-Hütte im Ialomiţa-Tal. Hier bieten sich folgende Möglichkeiten:

2. Cabana Leaota – Fundata

Variante zur Hauptkammwanderung (1) mit Abstieg zur Törzburger Passstraße (Pasul Bran). Zeitaufwand: 7 – 9 Stunden. Markierung: Cabana Leaota – Curmătura Fiarelor blaues Band; Curmătura Fiarelor – Fundata rotes Band. Der erste Teilabschnitt – bis zur Curmătura Fiarelor – wurde unter (1) beschrieben. Ab Curmătura Fiarelor folgt man dem roten Band nordwärts, umgeht den letzten Gipfel, Sfântu Ilie, und beginnt darauf den Abstieg in die landschaftlich reizvolle Senke von Törzburg/Bran. Über den Weiler Fundăţica erreicht man die Passstraße bei Fundata in unmittelbarer Nähe der Passhöhe (Pasul Bran, Giuvala, La Crucea Pajurei, 1290 m). Hier bieten sich nun zahlreiche Möglichkeiten; wir wollen nur folgende nennen: mit dem Bus nach Bran – Braşov oder Rucăr – Câmpulung; Besichtigung der Naturschönheiten der Umgebung: Cheile Dâmboviţei, Cheile Mijlocii, Cheile Ghimbavului, Cheile Dâmbovicioarei; Wanderungen in die Bergbauerndörfer Bran-Şirnea, Peştera, Moeciu usw.; Fortsetzung der Gebirgswanderung im Königsteingebiet.

3. Cabana Bolboci – Leaota Spitze.

Zeitaufwand: 8 Stunden, Markierung rotes Kreuz. Aus dem Bucegi-Gebirge gelangt man ins Leaota-Massiv am besten von den Hütten Padina oder Bolboci. Wir wollen hier die zweite Variante beschreiben. Bolboci erreicht man über Sinaia – Dichiu-Sattel (Fahrstraße), Sinaia – Furnica (Seilbahn), Buşteni – Babele – Peştera (Seilbahn). Ab Cabana Bolboci folgt man dem roten Kreuz im Anstieg zum Lespezi-Sattel, wo man den Ausläufer des Strunga-Kammes überquert. Ziemlich steil geht es nun hinab ins Brătei-Tal, wo eine Forststraße verläuft. Man überquert nun den Bach über eine Brücke, die zum Hegerhaus (Cantonul) Brătei führt. Hier findet man bald die Fortsetzung der Markierung rotes Kreuz, nachdem man erst einmal den Bach, der beim Hegerhaus in den Brătei mündet, überquert hat. Steil geht es den von Heidelbeergesträuch überwucherten Rătei-Bergrücken hinan. An einer Sennhütte vorbei werden der Răteigipfel und endlich der Hauptgipfel erreicht, wo man auf die Markierung blaues Band stößt, das den nord-südwärts ausgerichteten Leaota-Hauptkamm bezeichnet. Am Gipfel ergeben sich nun folgende Möglichkeiten:

4. Podu Dâmboviţei – Cheia-Bach (Cheile Mijlocii) – Curmătura Ghimbavului – Ghimbavul-Bach – Secările-Forsthaus – Secările-Kamm – Leaota-Hauptkamm – Leaota-Spitze – Leaota-Hütte

(8 – 9 Stunden). Der erste Teilabschnitt bis zum Hauptkamm ist mit blauem Dreieck markiert, am Hauptkamm trifft man das blaue Band an.

5. Stoieneşti – Priseaca – Leaota-Hauptkamm – Leaota-Spitze – Leaota-Hütte

(8 – 9 Stunden)

6. Stoineşti oder Bădeni – Bădeanca-Tal – Leaota-Gipfel

(5 ½ Stunden)

7. Bădeni – Valea lui Coman – Valea Olanelor – Marginea-Domnească-Kamm – Leaota-Hütte

(5 Stunden)

8. Eine kurze, jedoch höchst eindrucksvolle Wanderung führt von Rucăr in die wildeste Klamm der Gegend: Cheile de Jos ale Dâmboviţei. Der abenteuerlich angelegte Pfad verläuft hoch oben am rechten Ufer der Klamm, ist teilweise mit Stahlkabeln abgesichert und endet inmitten der Schlucht am Ufer des Baches. An der jenseitigen Felswand sind noch die Spuren eines alten Steges sichtbar, der knapp über dem Wasserspiegel entlang führte. Der Schluchtboden ist unbegehbar und kann nur mittels Kajak oder Schlauchboot befahren werden. Zurück geht es den gleichen Weg wie beim Zustieg.

Winderwanderungen

Als Skiwanderung bietet sich der Hauptkamm (1) Cabana Leaota – Cabana Padina an. Zu bemerken ist, dass die lange und anstrengende Wanderung Hochgebirgserfahrung bei winterlichen Verhältnissen voraussetzt (Lawinengefahr, vereiste Steilhänge). Beste Ski-, Biwak-, Daunen- und sonstige Ausrüstung sind selbstverständlich, ebenfalls gutes Wetter und möglichst Ortskenntnis vom Sommer her.

Klettern

Im Jahre 1973 entdeckte Radu Slăvoacă das Klettergebiet Cheile Crovului (Crov-Klamm). Der Crov-Bach ist ein Nebenfluss des Cheia-Baches, der bei Podu Dâmboviţei in die Dâmboviţa mündet. Ein romantischer Fahrweg führt durch die Cheile Mijlocii (Markierung: blauer Punkt und blaues Dreieck) zur Crov-Mündung. Hier verlässt man den fahrweg und wandert durch die schattige Schlucht zum Fuß der imposanten Türme Colţul Viperei und Turnul Mare al Zacotelor.
In der Colţul-Viperei-Südwand eröffnete Radu Slăvoacă 1973 den ersten Kletterweg (3 Seillängen, 4 B). In den folgenden Jahren erkletterten die Kronstädter Bergsteiger folgende uns bekannte Führen (nach Dan Vasilescu):

Colţul Viperei Südwand.

1. Traseul Viperei, 4 B, 5 Seillängen;
2. Surplomba mare, 5 A, 5 Seillängen;
3. Traseul Ciubului, 4 B, 4 Seillängen.

Colţul Viperei Ostwand.

4. Traseul Hoinarilor, 4 A, 3 Seillängen;
5. Fisura Iadului, 4 A, 3 Seillängen.

Turnul Mare al Zacotelor – Südwand.

6. Baricada Vestică, 5 A, 7 Seillängen;
7. Traseul Grindinei, 4 B, 8 Sellängen;
8. Traseul Creaţia, 6 A, 8 Seillängen;
9. Traseul Belvedre, 5 B, 8 Seillängen;
10. Dinamo II, 6 A, 8 Seillängen;
11. Traseul Uriaşului, 5 B, 9 Seillängen;
12. Dinamo I, 5 B, 8 Seillängen.

Turnul Mare al Zacotelor – Südostwand

13. Traseul Braşovenilor, 5 B, 7 Seillängen;
14. Muchia Hornului, 5 B, 7 Seillängen.

Turnul Mare al Zacotelor – Ostwand.

15. Traseul Soldatului, 5 A, 5 Seillängen;
16. Traseul Jişan, 5 A, 5 Seillängen.

(Verlag Neuer Weg, Bukarest - Komm Mit 86, S. 188 – 194)

Seite Bildunterschrift
 
189 Kartenskizze: Munţii Leaota – Übersicht
193 Kartenskizze: Munţii Leaota – Detail
nach oben nach oben