Schöne Steine aus Eisenstein / Die einzigartige Sammlung des Rentners Constantin Gruescu
von Werner Kremm
„Ich kenne die Zauberwelt der Gesteinsbildungen in Höhlen“, vermerkt der Höhlenforscher
Josef Viehmann vom Klausenburger Speläologieinstitut im Gästebuch, „und ich glaube an
die Einzigartigkeit dieser Schönheiten. Heute aber, nachdem ich die Sammlung unseres
Kollegen Constantin Gruescu gesehen habe, fügt sich meinem Wissen und meinen Freuden
das unglaubliche Bild dieser Kristalle bei.“ Und euphorisch zeichnen im selben Gästebuch
eine Gruppe von Studenten aus München: „Leider verstehen wir nicht allzu viel von
Mineralogie, aber dass es sich hier um eine Sammlung von einzigartiger Schönheit handelt,
können wir jedem bestätigen. Wir finden sogar, dass die Exemplare, die hier gezeigt werden,
in ihrer Art weitaus charakteristischer sind als die in der Sammlung des British Museum in
London.“ Und einer, der es wissen muss, Paul Routier vom Französischen Geologischen
Komitee mit dem Sitz in Paris, behauptet, dieses „Mysterium der Kristallogenese in Nymphen
und Faune in den Bergen des Banats“ sei „merveilleux“!
Der Mann, der diese Sammlung zusammentrug, heißt Constantin Gruescu, lebt in Ocna de
Fier/Eisenstein (Kreis Reschitza), unweit von Bokschan und war Bergmann und später
Bergbautechniker – „was aber an sich überhaupt nichts mit Mineralogie zu tun hat“ –, ist
heute Rentner, dem man seine sechzig Jahre wirklich nicht ansieht, und freut sich über jeden
Besuch. Denn das Haus in Eisenstein in der Vale-Straße Nr. 113 hat er in ein erstklassiges
Museum für Gesteinskunde verwandelt, wo nicht nur zahllose Schulklassen gerngesehene
Gäste sind, wo auch jeder sonstige Besucher bestens aufgenommen wird und wo die
Fachleute aus aller Welt ein und aus gehen.
Der am 12. April 1924 geborene Gruescu begann 1945, wie viele Bergleute dieser Gegend,
Steine zu sammeln, schöne und auffällige Steine, die so bei der Arbeit bemerkt wurden.
Heute umfasst seine Sammlung einige tausend Exemplare, ist nach Fundorten, Sorten und
Arten und auch nach ästhetischen Kriterien geordnet, denn „heutzutage kann ein Sammler
keinesfalls nur mehr ein einfacher und gewöhnlich egoistischer Schatzhorter sein. Jede
Sammlung, welcher Art auch immer, ist eigentlich ein Teil des nationalen Kulturguts. Der
Sammler muss also zunehmend zu wissenschaftlicher Arbeit angehalten werden, und alles,
was er im Laufe der Jahre strebsam zusammengetragen hat, muss den Menschen
zugänglich gemacht werden, muss im Dienste eines breiten Publikums stehen“.
Der Autodidakt Constantin Gruescu eröffnete seine erste und ständige Ausstellung 1967 in
zwei Räumen seines Hauses, trat aber im letzten Jahrzehnt auch zunehmend mit
Sonderschauen vors Publikum, so in Temeswar (1974 und 1981), Bukarest (1975),
Reschitza (1975 und 1982), Herkulesbad (1977), Bokschan und Oţelul Roşu (1979). Er
selbst nennt sich bescheiden „ein Steinesammler“, und dies ist seit fast vierzig Jahren sein
Hobby. Dieser „Steinesammler“ aber ist Mitglied der Gesellschaft für geographische
Wissenschaften der Sozialistischen Republik Rumänien und des Internationalen
Mineralogenverbands in Basel.
Er gilt heute als Autorität auf dem Gebiet der Mineralogie des Banater Berglands und als der
Besitzer der vollständigsten Sammlung von Mineralien dieser Gegend. Das Eruptivgestein
dieser Berge, das man gern allgemein dem Sammelbegriff „Banatit“ unterordnet ist, ist reich
an Nutzerzen, und nicht zufällig gibt es in diesem Gebiet eine der ältesten und auch heute
noch ergiebigsten Bergbaugegenden des Landes.
In Nord-Süd-Richtung reihen sich hier die Grubenorte Bokschan, Eisenstein, Dognatschka,
Orawitza, Montan-Tschiklowa, Montan-Saska und Neumoldowa. In den geologischen
Standardwerken wird die Gegend als klassisches Beispiel von Kontaktmetamorphismus
angeführt. Von den bisher in den Banater Bergen bekannten etwa 250 Mineralien finden sich
in den Dognatschkaer Bergen, der näheren Heimat Gruescus also, gut über 100. Doch muss
man sich vergegenwärtigen, dass ein Gutteil der Mineralien in einer Vielzahl von Formen und
Farben kristallisiert, dass also der Mineralien- und Formenschatz dieser Gegend praktisch
unerschöpflich ist.
Man muss sich nur einmal die Mühe nehmen und bis zum gigantischen Stufenbruch von
Dognatschka wandern, wo Spuren des Bergbaus bis in die Bronzezeit hinweisen und wo früh
morgens und nachmittags das Glimmern der unzähligen Granate, Amethyste, Kalzite,
Quarze und Malachite schier die Augen blendet. Und wer dann ein bisschen aufmerksamer
hinschaut, kann ohne weiteres in den Wänden des riesigen Amphitheaters auch Eisenrosen
finden, ebenso wie er braunen oder gelben andraditischen Granat ausmachen kann, Granate
mit Rhomboidalfacetten und viele andere Kristalle von einzigartiger Schönheit. „Man muss
unwillkürlich an Tränen denken, die die Erde vergoss, als sie sich in unheimlichen
tektonischen Bewegungen zu ihrem heutigen Aussehen formte.“
Gruescu hat in diesen Bergen den Koaxialzwilling mit radialen Auswüchsen entdeckt, den so
genannten „Stern des Südens“, wie er gelegentlich bei Ausstellungen erscheint. Man kannte
bisher von den Kristallisierungsformen des Quarzes drei Formen des pyramidalen
Zusammenwuchses, den „japanischen Zwilling“, den „brasilianischen Zwilling“ und den
„Dauphiné-Zwilling“.
In einer weichen Lehmschicht tief unter dem Delius-Hügel von Eisenstein fanden die
Bergleute vor etwa sieben Jahren dann merkwürdige Kristalle, die aber während der Arbeit
wenig beachtet, ja meist weggeworfen wurden. Trotzdem zeigte man ein Bruchstück
Gruescu, der sich sofort an Ort und Stelle begab, aber leider nur noch einen der Kristalle
unversehrt fand. So ist der Koaxialzwilling mit radialen Auswüchsen (im Winkel von 20 Grad)
ein Weltunikat geblieben, denn man fand bisher nirgends mehr zwei Quarzzwillinge, die an
ihrer Symmetrieachse zusammengewachsen wären. Gruescu war es auch, der die Fachwelt
auf die außerordentliche Größe der japanischen Zwillinge aus dem Raum Eisenstein-
Dognatschka aufmerksam machte. Sind die Namengebenden nämlich in der Regel zwei bis
drei Zentimeter dick, dann erreichen die wie Daumen und Zeigefinger
zusammenkristallisierten Quarze von hier bis zu zehn Zentimeter in der Dicke.
Wenn Gruescu Ausstellungen zusammenstellt, dann denkt er auch immer an die Werbekraft
seiner Exponate. So hat er auch den Begriff „ästhetische Mineralogie“ in Umlauf gesetzt und
damit eigentlich nur das benannt, was viele Leute heute schon gern machen, nämlich
Kristalle ihrer eigenartige Schönheit wegen zu sammeln. In dem Ausstellungszimmer, das
sich Gruescu in Eisenstein baut, will er erstmals im Land eine „Paragenesis des Eisens“
zeigen, das Eisen und das Eisenerz in all seinen in diesem Raum erscheinenden Formen.
Treu seinem Sammelprinzip hat Gruescu viele Institute des Landes, aber auch Schulen mit
Gesteinssammlungen beschenkt. Das Bukarester Geologische Institut hat über 1700 Stücke
aus seiner Sammlung erhalten, Hunderte Exemplare befinden sich in der Universität
Temeswar, im Banater Museum, im Kreismuseum Reschitza. Und er hat auch schon viele
Bergleute seiner Heimatgegend dazu gebracht, sich Gesteinssammlungen anzulegen. „Und
es gibt in diesen oft Spitzenexponate, um die sich jedes renommierte Museum reißen
würde.“ Sein Traum ist es, dem Zustandekommen eines Sammlerverbands der Mineralogen
beizuwohnen, was den organisatorischen Rahmen für eine zielbewusste und kontinuierliche
Ausstellungstätigkeit ergeben würde.
(Verlag Neuer Weg, Bukarest - Komm Mit 85, S. 116 – 121)
Seite | Bildunterschrift |
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116 | Feuerrot ist diese „Wüstenrose“. Sie entsteht durch Blitzschlag. |
117 | Ein Weltunikat – der in Eisenstein entdeckte Koaxialzwilling mit radialen Auswüchsen. Auf Ausstellungen wird er als „Stern des Südens“ vorgestellt. |
118-o | Prunkstück der Gruescu-Sammlung. Das Aragonitgebilde stammt aus der Fagului- Höhle im Bihor-Gebirge. |
118-u | Eisenrose mit Quarzkristallen. Auch sie wurde in Eisenstein gefunden. |
119 | Japanischer Quarzzwilling. Er besticht durch seine einzigartige Schönheit. |
120-l | Melanitischer Granat mit dipyramidalem Quarz. |
120-r | Aus Baia Sprie nach Eisenstein gebracht: Stybin in Paragenesis mit Barytin. |
121 | Dieser Stein vereinigt fast die gesamte mineralogische Struktur von Dognatschka – Kupfer, Zink, Lammelarcalzit, Quarz, Hedenbergit, Pyrit u. a. |