Der kleine Kurort im Codru-Moma-Gebirge bietet rund ums Jahr beste Behandlung, Ruhe und schöne Ausflüge
von Gerhart Cordier
Die Kreisstraße 65 führt bald hinter Sebiş zwischen die Hügel, die Ausläufer des
Codru-Moma-Gebirges, hinein. Wie fast überall im Westgebirge sind es sanfte, dicht bewaldete
Höhen, und wo der Wald der Axt weichen musste, haben Farn und andere Kräuter, aber
auch Heidel- und Brombeere die Hänge grün überwuchert.
Oben auf den Bergkuppen aber, gleich über der niedrig gehaltenen Waldgrenze, dehnen
sich weite, satte Almen. Der rumänische Bergbauer nennt sie „plai“, und nur sein geschultes
Auge nimmt das Gewirr der Pfade wahr, die weiche Opanken (Bundschuhe aus Leder oder
Stroh, öfters aufgeschnittene Autoreifen) in den gleichmäßig dichten Grasteppich gewoben
haben.
Den ganzen Weg nach Moneasa über kommt uns das Wasser entgegen. Mal plätschert es
leise zwischen weiten, flachen Ufern, glitzert hell und seicht über Kies und fein zerriebenen
Sand, mal rieselt es lautlos zwischen schwarzen, moosbehängten Steinen, mal rauscht es
schäumend zwischen enger zusammenrückendem Fels. Es gurgelt dumpf in Schlünden, im
Schatten dunkler Tannen, schießt aus der Enge hervor und springt von Stein zu Stein, wallt
und sprudelt und schäumt, plaudert und lacht und singt, ruht und träumt...
Bei der Ausfahrt von Dezna, dort, wo sich die Straße über eine neue Betonbrücke ans
andere Ufer des hier recht breiten Baches schwingt, spiegelt sich eine Burgruine im ruhigen,
klaren Wasser. Es geht manche Mär um im Zusammenhang mit dem alten Gemäuer. Die
Burg Dezna, so will es die Sage, hat einer der drei Töchter eines Fürsten gehört, der in den
Türkenkriegen umgekommen war. Die beiden anderen Töchter saßen auf Schoimosch und
Schiria. Als die Heere der Türken näher rückten und schließlich Schoimosch belagerten,
eilten die beiden Schwestern mit ihren Mannen durch einen unterirdischen Gang der Burg zu
Hilfe. Burg Schoimosch wäre trotzdem gefallen, wenn nicht der Wojewode Siebenbürgens
die Türken mit einem starken Heer vertrieben hätte. Er heiratete daraufhin die heldenhafte
Besitzerin des befreiten Schlosses. Zwei seiner Heerführer vermählten sich mit den
Schwestern.
Soweit die Legende. Historisch als Burgherr von Dezna belegt ist ein gewisser Kaspar
Kornis, Heerführer der siebenbürgischen Truppen Sigismund Bathorys, der Fürst Michael
den Tapferen unterstützte und dem Fürsten auch sicheres Geleit durch diese Gegend
gewährt hat, als er an den kaiserlichen Hof nach Prag reiste. Fürst Michael dürfte bei dieser
Gelegenheit in der Burg Dezna übernachtet haben.
Auch rund 200 Jahre später werden die Mauern wohl noch gestanden haben: Zur Zeit, als
man erstmals in der Gegend auf Eisen- und sonstige Erze stieß und daraufhin aus dem
benachbarten Siebenbürgen, aber auch aus den deutschen Landen Bergleute nach
Moneasa brachte, um diese Reichtümer fachgerecht abzubauen. Wald und Wasser,
vielleicht auch die damals noch stolze Burg auf dem hohen Felsen dürften den aus dem
wald- und burgenreichen Süddeutschland und aus Österreich stammenden Bergknappen
und ihren Familien die Anpassung an die neue Heimat erleichtert haben.
Es war eine kleine Gruppe; sie gingen im Lauf von zwei Jahrhunderten in der
bodenständigen Bevölkerung auf. Aber sie sind nicht spurlos verschwunden. Orts- und
Flurnamen wie z. B. „Jmelţ“ als Bezeichnung für ein Viertel von Moneasa, in dem noch um
die Jahrhundertwende ein – übrigens erst vor etwa zehn Jahren abgetragener –
Schmelzofen funktioniert hat, oder „Baia nemţilor“ – die Erzwäsche der Deutschen – in der
Gegend eines längst aufgelassenen Bergwerks erinnern an diese Bergleute.
Die Bewohner von Moneasa sind seit jeher Waldarbeiter und Viehzüchter gewesen. Vor rund
200 Jahren kam für eine historisch gesehen kurze Zeit – für knapp mehr als 100 Jahre – der
Bergbau dazu. Noch heute sind manche Leute im Ort Holzfäller oder arbeiten im nahen
Marmorbruch, in dem jetzt die gleichen Methoden angewandt werden wie überall in der Welt.
1968 – 1969 war eine Gruppe von Fachleuten sogar auf Erfahrungsaustausch in Carrara.
Marmor von Moneasa wurde bei der Errichtung vieler bekannter Bauten im Land benützt: Wir
finden ihn im Bukarester Scânteia-Haus genauso wie beim Kraftwerk „Bicaz“, im
Intercontinental-Hotel in Bukarest, im Saal des Palais und im Nationaltheater. Der gleiche
Marmor geht als begehrter Exportartikel u. a. nach Ungarn und in die DDR, nach Italien und
in die Bundesrepublik Deutschland, nach Japan und in die CSSR.
Vor allem in letzter Zeit sind die Bewohner von Moneasa massiv ins
Fremdenverkehrsgewerbe eingestiegen. Der von sanften Höhen – die höchsten Gipfel der
Gegend erreichen knapp 1100 Meter – umgebene Kurort, um den es trotz der relativ
niedrigen Lage viel Tannenwald gibt, ist schon seit Generationen nicht nur wegen der immer
wieder erprobten Heilwirkung seiner Mineralquellen, sondern auch wegen der reinen Luft
und der Ruhe beliebt. Das einstige Familienbad – 1910 gab es hier insgesamt 35 Zimmer für
Kurgäste, in den späten fünfziger Jahren neben einem Kurpavillon etwa zehn Villen – ist im
letzten Jahrzehnt in den Rang eines Kurorts von internationaler Bedeutung aufgerückt.
Was sich leicht anhand einiger Daten veranschaulichen lässt. Nachdem zwei Generationen
in Moneasa entweder im Kurpavillon bzw. den dazugehörenden Villen oder bei Bauern im
Dorf gewohnt hatten, wurden 1970 ein großes Hotel, eine Kantine und eine moderne
Gaststätte erbaut. Dann wurde ein neues, bedeutend größeres Kursanatorium fertig und im
vergangenen Jahr ein Hotel mit 200 Betten, das durch einen geschlossenen Glasgang mit
dem Sanatorium verbunden ist. Alle bestehenden Unterkünfte der Komfortgrade 2 und 3
wurden überholt, neu ausgestattet, den heutigen Ansprüchen eines internationalen
Kurbetriebs angepasst. Das Schwimmbad erhielt schon vor Jahren ein drittes, größeres
Becken mit olympischen Ausmaßen; der Campingplatz wächst, die alten Kuranlagen werden
saniert...
Aurel Brad, touristischer Direktor des Badekurorts und seit Jahren in der Branche tätig – er
kommt, wie wir erfuhren, von Felixbad –, bringt all die Neuerungen auf folgenden
gemeinsamen Nenner: „Im Kurort wurden 1975 fast 61.000, im Vorjahr schon 320.000
Behandlungen durchgeführt. Wenn wir mit allen neuen Anlagen voll in den Ganzjahrbetrieb
einsteigen, müssen 1985 über 500.000 Behandlungen zu erzielen sein.“
Man wird dieses Vorhaben zweifellos verwirklichen. Die bewährten Kurärzte Dr. Joseph und
Aura Schmidt und Dr. Florea Albu, die sich schon auf die neuen Anlagen freuen, werden
genauso dazu beitragen wie die Anlagen selbst und die neuen, fern geheizten Hotelzimmer,
wie die von allen Gästen des Kurorts so geschätzten Heilquellen.
Den vielleicht größten Beitrag aber zur Anziehungskraft, die Moneasa auf seine Gäste von
nah und fern ausübt und sie immer wieder her in dieses Tal am Berührungspunkt des Codru-
mit dem Moma-Gebirge bringt, leistet die erholende Stille, die gute Luft, die wunderbare, vor
allem für schöne Wanderungen geeignete Umgebung. Man in einer halben Stunde zur
Bärenhöhle oder in eineinhalb Stunden zur Fledermaushöhle, man gelangt mit geringstem
Kraftaufwand, zu dem sich auch jede einigermaßen rüstige Oma gern aufrafft, zum
Marmorbruch oder, mit etwas mehr Mut, zur Wetterwarte auf dem Gipfel Izoi.
Man kann Kohlenmeiler und Kalköfen besichtigen um Moneasa, die Ausgrabungsstätte der
Dakerfestung oder die Überreste der mittelalterlichen Burg im nahen Dezna. Man kann zum
Runcu-Gipfel emporsteigen oder zur Abwechslung im kleinen, künstlich angelegten See im
Herzen des Kurorts rudern. Man kann schließlich nach Herzenslust spazieren gehen in
jedwelche Richtung: Überall findet man schöne Landschaften, urwüchsige, noch unverbaute
Natur.
(Verlag Neuer Weg, Bukarest - Komm Mit 84, S. 35 – 39)
Seite | Bildunterschrift |
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35 | Hotel Park – das erste Hotel, mit dem der Ausbau des Kurorts in Angriff genommen wurde. |
36 | Der Campingplatz steht nie leer. |
39 | Zum Pionierlager Moneasa gehört auch dieser Zeltplatz am Bach. |