Walter Kargels Ferientipp
Erlebnistour durch einsame Berglandschaft
von Walter Kargel
Cozia, verhältnismäßig kleiner, dem Fogarascher Gebirge im Süden vorgelagerter
Gebirgsstock links des Alttals. Höchster Gipfel: Cozia, 1668 m. Das Gebirge ist dank seiner
besonders reichen Flora von Naturwissenschaftlern und Wanderern gleichermaßen
geschätzt. Dazu kommen malerische Felsgebilde und nicht zuletzt die Baudenkmäler der
nächsten Umgebung: Kloster Cozia, Stânişoara, Turnu, die Klause („Mitoc“) Păuşa. Das
gesamte Gebiet steht unter Naturschutz.
In unmittelbarer Gipfelnähe befinden sich die Berghütte Cozia und eine Wetterstation. Beide
sind auf einer neuen, guten Fahrstraße über Călimăneşti – Jiblea Nouă – Berislăveşti –
Dângeşti, insgesamt 30 km, zu erreichen. Folgende markierte Wanderpfade führen vom Tal
zur Cozia-Hütte:
1. Bahnhof Lotru – Rotundagipfel – Cozia-Gipfel-Hütte; blaues Band, 4 ½ - 5 ½
Stunden.
2. Dorf Păuşa – Wiese La Troiţă („Marterl“) – Stânişoara-Kloster – Cozia-Hütte; blaues
Band, 5 – 6 Stunden. Varianten dazu: Kloster Cozia – Troiţă; gelbes Band, Kloster
Turnu – Troiţă; rotes Band.
3. Kloster Turnu – Troiţă – Stâna Turneanu (verlassene Sennhütte) – Cozia Hütte; rotes
Band. Variante dazu: Kloster Turnu – Stâna Turneanu (direkt); rotes Dreieck, 4 ½ - 5
½ Stunden.
4. Păteşti – Muchia Vlădesei – Cozia-Hütte; blauer Punkt. Variante dazu: Călimăneşti –
Jiblea Veche – Muchia Vlădesei; blaues Dreieck, 4 Stunden.
Von der Cozia-Hütte kann man außer den obengenannten Pfaden (in umgekehrtem
Sinn) noch folgende Wege begehen:
5. Omul-Spitze – Pripoare (Verbindungsweg zum Fogarascher Gebirge); rotes Kreuz, 4
– 5 Stunden.
6. Stâna Mocirle – Păteşti; roter Punkt, 4 Stunden. Variante dazu: Stâna Mocirle –
Poarta de Piatră, gleichfalls roter Punkt.
7. Colţii Foarfecii („Scheren-Türme“); gelbes Band, hin und zurück, 3 Stunden.
Der Vollständigkeit halber sei noch hinzugefügt, dass geographisch-geologisch betrachtet
der Cozia-Stock nur einen Teil des 40 km (Luftlinie) langen Cozia-Kammes darstellt, der
südlich des Karpatenhauptkammes und parallel dazu verläuft und bereits westlich des Alttals
mit dem Năraţu (Narăţul) beginnt.
Östlich wird der Kamm durch die Gebirgsstöcke Frunţi und Ghiţu fortgesetzt. Angrenzende
Gebirge sind im Westen Căpăţânii, im Osten Iezer-Păpuşa. Eingebettet zwischen Cozia und
Fogarascher Gebirge liegt die Ţara („Land“) Loviştei. Tiefe Quertäler unterteilen den Kamm
in die oben genannten Abschnitte: Alttal, Topolog, Argeş, Vâlsan. Der Râul Doamnei
begrenzt den Cozia-Kamm im Osten.
Das Căpăţânii-Gebirge zählt zur Parâng-Gruppe. Es ist der südlichste der drei
gleichlaufenden Kämme westlich des Alttals: Zibinsgebirge (Cindrel) im Norden, Lotrugebirge
(Stefleşti-Kamm) in der Mitte, Căpăţânii im Süden.
Begrenzt wird das Gebirge vom Lotrutal (Lotru) im Norden, Alttal (Olt) im Osten, Oltenisches
Vorgebirge im Süden und vom Olteţtal im Westen. Höchster Gipfel ist die Nedeia (2130 m).
Jenseits des Olteţtales schließt das eigentliche Parâng-Gebirge an. Der
Buila-Vânturariţa-Kamm im Südosten gehört ebenfalls zum Căpăţânii-Gebirge; im Gegensatz zum grasigen,
sanft gewellten Hauptkamm handelt es sich dabei um ein wildzerklüftetes Gebirge aus
weißem Kalk. Ein weiterer felsiger Nebenkamm ist im Nordwesten der Târnovul.
Zahlreiche Wanderpfade durchziehen das Căpăţânii-Gebirge. Teils gepflegte Forststraßen,
teils unbefahrbare Treckerwege, aber auch gut ausgetretene Hirtenpfade und kaum
erkennbare Pfade, deren Spuren man im Gräser- und Blumenmeer der Heuwiesen oder
endlosen alpinen Rasen gerade noch ausmachen kann. Die Markierungen sind teils dürftig,
teils (noch) nicht vorhanden. Also verlassen wir uns auf unseren Spürsinn und legen
folgende Wanderrouten fest:
1. Polovragi – Curmătura Olteţului (Sattel) – 26 km Forststraße, durch die Olteţ-Klamm,
6 – 7 Stunden.
2. Ciunget – Latoriţa-Tal – Petrimanu-See – Curmătura Olteţului – 22 km, Forststraße, 6
Stunden.
3. Hauptkammwanderung: Valea lui Stan – Plaiul lui Stan – Stâna Bătrâna – Zmeuret –
Văleanu – Ursu – Căpăţâna – Nedeia – Negovanu – Curmătura Olteţului. Rotes
Band, 18 – 20 Stunden.
4. Motel Lotrişor/Alttal bei Căciulata – Lotrişor-Tal – Forsthaus. Forststraße; Forsthaus
Lotrişor – Poiana lui Dincă (Wiese) – Târsa-Sattel; roter Punkt; Târsa-Sattel – Valea
Satului – Brezoi; blaues Kreuz. Insgesamt 5 – 6 Stunden.
5. Bad Olăneşti – Valea Olăneşti – Mânzu-Forsthaus. Forststraße; Mânzu – Prislopel –
Stogşoare-Sattel – Cheia-Forsthaus; rotes Band. Insgesamt 6 – 7 Stunden. (In der
Umgebung des Cheia-Forsthauses befindet sich die Cheia-Klamm mit einem
zünftigen Klettergebiet. Neuerdings führt eine Forststraße bis in unmittelbare Nähe
der Cheia-Klamm.
6. Cheia-Forsthaus – Comarnice-Sattel – Lespezi-Kamm – Stâna Zmeuret; blaues
Band, 6 – 7 Stunden; Stâna Zmeuret – Malaia; blaues Band, 3 Stunden. Der Weg
stellt eine Süd-Nord-Überquerung des Căpăţânii-Hauptkammes dar.
7. Cheia-Forsthaus – Stâna Bătrâna – Sasa-Tal – Săliştea; rotes Dreieck, 8 – 9
Stunden. Gleichfalls eine Süd-Nord-Überquerung des Hauptkammes.
8. Cheia-Dorf – Cheia-Tal – Ezer-Kloster – Schitul Pahomie (Klause) – Schitul Pătrunsa
– Otăsău-Tal – Bărbăteşti; rotes Kreuz, 7 – 8 Stunden. Wanderung auf der
Buila-Vânturariţa-Südseite mit Besichtigung der einsamen Klausen.
9. Schitul Pătrunsa – Buila-Sattel – La Troiţă (Marterl); gelber Punkt, 3 – 3 ½ Stunden.
Süd-Nord-Überquerung des Buila-Vânturariţa-Kammes.
10. Pietreni – La Troiţă – Comarnice-Sattel – Cheia-Forsthaus; rotes Dreieck, 7 ½ - 8 ½
Studnen. Wanderung aus dem Süden zur Buila-Vânturariţa-Nordseite.
11. Ciunget – Vătăşela-Forsthaus – Târnovu-Mare-Sennhütte – Târnovu-Mic-Sennhütte –
Gropiţa-Sattel – Gropiţa-Sennhütte; blauer Punkt, 5 – 6 Stunden. Zu diesem
„unteren“ Weg gibt es eine „obere“ Variante, die über den felsigen Târnovu-Kamm
führt: Târnovu Mare – Târnovu Mic – Piatra Târnovului – Gropiţa-Sattel; roter Punkt,
zusätzlich 1 – 2 Stunden.
12. Gropiţa-Sennhütte – Groapa-Sennhütte – Furnicelu – Căpăţâna-Spitze – Ursu-Spitze
– Almwirtschaft Piatra Roşie; gelber Punkt, rotes Band, letztlich rotes Dreieck, 5 – 6
Stunden.
13. Almwirtschaft Piatra Roşie – Poiana lui Dinică (Wiese) – Vaideeni; rotes Dreieck, 4
Stunden. Zusammengenommen ergeben die Wege Nr. 11, 12 und 13 eine Nord-Süd-Überschreitung
des Căpăţânii-Gebirges über den felsigen Târnovu-Kamm und die
beiden Hauptgipfel Căpăţâna und Ursu.
14. Brezoi – Valea Satului – Târsa-Sennhütte – Jiliştea-Sattel – Dosul-Pământului-Gipfel
– Pârâul-Câinelui-Kamm – Olăneşti; blaues Kreuz, gelbes Band, 9 – 11 Stunden.
15. Nord-Süd-Überschreitung im Osten des Gebirges. Brezoi – Vultureasa-Kamm –
Vultureasa-Spitze – Narăţu-Spitze; roter Punkt, 4 – 5 Stunden. Der Weg wird als
„schwierig“ bezeichnet und führt in das zerklüftete Felsgebiet des Narăţu, das
geologisch zum Cozia-Gebirge gehört.
Wir waren wieder aufgebrochen, um ein uns unbekanntes Gebirge kennenzulernen. Die
Wahl war auf das Căpăţânii-Gebirge gefallen. Vorher wollten wir aber das Cozia-Gebirge
besteigen, um uns warmzulaufen. Die Rucksäcke gaben wir im Hotel in Căciulata zur
Aufbewahrung, den Alt überquerten wir bei Păuşa auf einer Hängebrücke.
Das kleine Dorf lag bald hinter uns, wir folgten dem schattigen Fahrweg im Păuşatal. Vor
dem mit blauem Wegzeichen markierten Kammweg über die Marterlwiese (La Troiţă) hatte
man uns ausdrücklich gewarnt. Er sei durch frischen Holzschlag unbegehbar, die Markierung
teils zerstört.
Das Păuşatal ist eine reizvolle Landschaft, der Weg verläuft zumeist im Schatten; bei dieser
Hitze ein großer Vorzug. Zwei Stunden später verlassen wir es und steigen links zu einer
Wiese auf. Da liegt auch schon heimelig in die Landschaft gekuschelt das
Stânişoara-Kloster. Die ursprüngliche Klosterkirche wurde schon mehrmals erneuert, das letzte Mal vor
rund 70 Jahren von einem italienischen Architekten. Auf der einladenden Loggia im
Klosterhof lassen wir uns zur Mittagsrast nieder.
Gleich hinter der Kirche folgen wir dem blauen Band. Es geht bald steil aufwärts. Der Steg ist
abschüssig und er gibt keinen Halt. Erstaunlich der Mischwald: nur Buchen- und Eichenwald.
Auf die glatte Steilflanke folgt ein „normaler“ Pfad. Beim Colţul lui Damaschin, einem
Felsturm, erreichen wir den Kamm Muchia Vlădesei. Die Wegweiser sind verrostet und
unlesbar, doch die Markierungen blauer Punkt und blaues Dreieck klären uns auf.
Der Pfad verlässt nun die Kammlinie und weicht in die Südwestflanke aus. Felstürme
ergeben ein stets wechselndes Landschaftsbild. Zurück zum Kamm geht es über eine Rinne:
„Hornul Bulzului“. Sie ist stellenweise mit Stahlseilen gesichert. Nachdem auch die
Spintecătura-Bulzului-Scharte bezwungen ist, sind wir schon recht hoch und erreichen eine
halbe Stunde später die Fahrstraße unweit der Wetterstation und Cozia-Hütte. Ein Blick auf
die Uhr: 4 Stunden ab Păuşa und 2 Stunden ab Stânişoara-Kloster.
Da der Cozia-Stock isoliert dasteht und nur einen einzigen prominenten Gipfel aufweist, ist
das Panorama besonders genussvoll: Fogarascher Gebirge im Norden, Zibins- und
Lotru-Gebirge im Nordwesten, das Căpăţânii-Gebirge mit der vogelartigen zackigen Foarfeca
Narăţului im Westen. Dazu die Niederungen Ţara Loviştei, das Alttal mit seiner Seenreihe,
die Vâlcea-Landschaft.
Doch warum in die Ferne schweifen? Die nächste Umgebung bietet auch viel Sehenswertes.
Die zahlreichen Felstürme und –grate, allen voran die Colţii Foarfecii, die alm- und
waldgrünen Kämme, der langgezogenen Kamm, auf dem die Straße verläuft.
Am nächsten Morgen steigen wir hinunter. Die rote Markierung führt uns anstandslos einen
breiten, steilen Graskamm hinunter. Steil scheint überhaupt alles auf der Cozia zu sein. Die
verfallene Sennhütte Turneanu ist von mannshohen Brennnesseln überwuchert. Rechts
zweigt das rote Dreieck ab, unsere Markierung weist in rechtem Winkel links hinunter in den
Wald. Eine komplizierte Trasse, die ohne Markierung sicher nicht aufzuspüren wäre, führt
über ein verwirrendes Netz von Rinnen und Graten zur Wiese mit dem Marterl „La Troiţă“.
Noch ein langer Waldweg und wir landen im Hof des Turnu-Klosters mit seiner
bemerkenswerten Kirche und den uralten Felsklausen. Dann stehen wir am Altufer und
wissen nicht, wie hinüber. Ein Eisenbahntunnel und die anschließende Brücke sind unsere
Rettung.
Hotel und Schwimmbecken in der Sonne am Alt. Vergessen die Kraxelei und der Schweiß.
Die Rucksäcke werden geschultert und... Glück muss man haben: Ein Fernlaster nimmt uns
bis zur Lotru-Mündung mit. Die Neugestaltung des Alttales ist beeindruckend: Stauseen,
Dämme, die neue Straße mit den modernen Brückenbauten. Von der Lotru-Mündung sind es
nur wenige Kilometer bis Brezoi, wo wir übernachten, und von hier bis Valea lui Stan, wo
unsere Căpăţânii-Wanderung beginnt, ist es auch nicht weit.
Es geht schon gegen Mittag, die Julisonne brennt unbarmherzig. Markierung gibt es
zunächst keine, erst nach und nach erscheinen da und dort blassrote Striche. Wir versuchen,
so gut es geht, uns an die Kammlinie des Plaiul lui Stan zu halten. Unheimlich steile
Heuwiesen mit unwahrscheinlich üppigem Blumenwuchs gilt es in der prallen Sonne zu
erklimmen.
Wo die Wiesen zu Ende sind, beginnt der Wald, nicht minder steil und offenbar seit dem
vorigen Sommer unbegangen, denn der Pfad liegt unter einer dicken, unberührten Lage
trockenen Laubes. Die Einsamkeit ist wohltuend. Nach vier Stunden betreten wir eine Wiese
mit einer Sennhütte. Die junge Sennerin mit ihrem Sprössling hat sichtliche Mühe, den
bissigen Gruia von uns fernzuhalten. Sie bewirtet uns mit kühler Buttermilch und schenkt uns
ein großes Stück Schafkäse als Wegzehrung. Auf der ersten Kuppe, Vârful lui Stan, lassen
wir uns zur Rast nieder.
Jenseits der Wälder erscheint ganz nah im Süden das zackige Profil des Buila-Vânturariţa-Gebirges:
Stogul, Stogşoarele, Claia Strâmbă, Vânturariţa, Buila. Plötzliche Windböen, eine
schwarzgelbe Wolkenwand, Blitze und Donner schrecken uns auf. Wir flüchten zurück zur
Sennhütte. Das Wetter jedoch zieht wieder ab. Bald kommen die Hirten mit der Herde und
wir erleben das Schafmelken in der Bergabendstimmung, das Kochen der Mămăliga im
gusseisernen Kessel über dem offenen Feuer aus duftendem Tannenholz, die Nacht mit den
vertrauten Geräuschen der Alm.
Um keine Zeit zu verlieren, starten wir am Morgen, ohne zu frühstücken. Die Herde ist schon
längst unterwegs, und wenn nicht der böse Gruia toben würde, würde eine himmlische Ruhe
herrschen. Wir überschreiten den Vârful lui Stan und folgen jetzt der Hauptkammlinie.
Zunächst geht es meist durch Wald. An einer Quelle wird gefrühstückt.
Zu unserer Hauptkamm-Markierung gesellt sich das rote Dreieck, aus Săliştea im Lotrutal
kommend. Auf die Ruine der ehemaligen Seilbahnstation Cândoaia folgt die große Stâna
Bătrâna, wo uns die Sennerin mit dickflüssiger Buttermilch bewirtet. Bald darauf folgt eine
Wiese, wo wir vom Hauptkamm abkommen und dem gut ausgetretenen Weg links folgen.
Erst eine halbe Stunde später merken wir den Irrtum: Das rote Band ist verschwunden und
nur das Dreieck ist da und führt nach Süden über Cantonul Cheia nach Pietreni. Also zurück!
Nach einiger Zeit machen wir den richtigen Weg aus.
Das Landschaftsbild hat sich geändert, fast unmerklich haben wir an Höhe gewonnen, der
Mischwald weicht einem lichten Nadelwald. Gegen Mittag betreten wir freie, ausgedehnte
alpine Matten. Da liegt in einer weiten, flachen Senke die Căprăreasa-Alm, umgeben von
den Graskuppen Bogdana, Gera, Preota, wo der weitere Kammweg klar vor uns liegt. Eine
Treckerspur und in regelmäßigen Abständen steckende Pflöcke markieren die Kammlinie
und führen zum ersten „Hochgipfel“ Preota, 1954 m. Im Westen wird erstmals die höchste
Căpăţânii-Erhebung, der Nedeia-Gipfel, mit seinem Wolkenhut sichtbar. Der Spur folgend,
steigen wir in einem Sattel ab, zum nächsten Gipfel, Zmeuretul, dann in den tiefen
Zănoaga-Sattel. Links abseits des Weges liegt eine Sennhütte, Brotzeit!
Wieder ändert sich das Bild. Wir wandern auf einem breiten Bulldozerweg, der uns in
Waldgelände führt. Der Hauptkamm senkt sich noch tiefer, in Serpentinen geht es bergab in
den riesigen Sattel Curmătura Rodeanu, 1650 m. In weiter Runde liegen, außer der
obligaten, traditionellen Stâna, vier oder fünf Häuser, durch „Straßen“ verbunden. Wir trauen
unseren Augen nicht: Einige Autos stehen da herum! Mir erscheint sofort ein Zukunftsbild:
Hotels, Seilbahnen, Schnee, buntes Schivolk, ein künftiges kleines Predeal.
In der großen Sennhütte wohnen die Hirtenfamilien. Aber es findet sich auch für uns noch
ein Platz. Ehe wir am Morgen aufbrechen, lassen wir uns noch Milch und Eier gut
schmecken.
Ab Curmătura Rodeanu folgt der höchste Teil des Căpăţânii-Gebirges. Es sind ebenso runde
Graskuppen wie bisher, nur entsprechend höher und breiter, mit steileren Flanken und
tieferen Tälern. Von Sattel zu Sattel umgehen wir die Gipfel Văleanu und Cocora, erreichen
die Curmătura Piatra Roşie, 1890 m. Von da führt ein stetiger Anstieg zu einem der höchsten
Punkte, Ursu, 2124 m.
Sanfter Abstieg in einen weiten Sattel, im Norden ein Kar mit Alpenrosen und Latschen,
überhaupt wird die Landschaft attraktiver. Der größte Gipfel ist die Căpăţâna, der dem
ganzen Gebirge seinen Namen verlieh. Er ist nicht der höchste, dafür jedoch der
markanteste, felsig, sehr steil im Aufbau. Der Weg führt quer durch die Südflanke, quer
durch steile Rinnen und Schotterflanken hinunter in den tiefen Sattel Curmătura Funicel. Bis
zur Curmătura Olteţului, unserem Ziel, seien es noch 3 Stunden, unterrichtet uns ein Hirte.
Nach einigem Auf und Ab kommen wir zu einem Marterl. Von da ab beginnt der Anstieg über
den öden Berg Beleoaia zum letzten und höchsten Gipfel, Nedeia (2130 m), dessen Spitze
wir umgehen. Der Weg ist breit, gut sichtbar und führt über den Negovanul, Negovanul-Sattel,
Curmătura Zănoaga Turcinului, Turcinul, Curmătura Turcinului. Wir umgehen den
Vârful Boul und über den Sattel Culmea lui Maxim gelangen wir zur Curmătura Olteţului.
Jenseits der Curmătura Olteţului beginnt das Parâng-Gebirge. Eine gut ausgebaute
Forststraße quert hier von Polovragi und dem Olteţtal im Süden ins Latoriţatal im Norden.
Während auf der Nordseite der Wald gerodet wird, finden wir auf der Südseite Unterkunft in
der Sennhütte. Die Hütte ist etwas verwahrlost, doch der Regen droht und wir sind hungrig
und werden mit heißer Jintiţă – Schafmolke – bewirtet. Im „Gästeraum“ gelingt es uns, aus
Schafpelzen eine wohnliche Ecke zu bauen und, Gipfel des Komforts, wir entdecken im
Stroh eine Steckdose für unseren Tauchsieder, etwas auf einer Sennhütte noch nie Erlebtes.
Ja, Fortschritt ist halt doch was Schönes. Den Raum zu verlassen, ist lebensgefährlich
wegen des heimtückischen Schäferhundes Leu, der, entgegen den Gewohnheiten seiner
Kollegen nicht so markdurchdringend bellt, dafür aber auf plötzliche, blitzschnelle Angriffe
von hinten spezialisiert ist.
Der Abstieg durch das Olteţtal erweist sich als malerisch. Die langen Straßenserpentinen
kürzen wir auf dem direkten Hirtenweg – Lăsătură – ab. Als wir die Straße erreichen, sind es
noch 26 km bis Polovragi. Regen, der immer „eindringlicher“ wird, verleidet uns die schöne
Wanderung. Wir sind froh, als uns ein schützendes Dach aufnimmt und letztlich ein Lkw, der
uns bis zur Olteţ-Klamm fährt. Auf den Besuch der Polovragi-Höhle müssen wir verzichten,
da wir kein Licht haben.
Dann wandern wir die letzten Straßenkilometer, besuchen das Polovragi-Kloster und
gelangen schließlich ins Dorf. Heute ist Feiertag, großer Jahrmarkt mit buntem Treiben. Uns
interessieren lediglich die riesigen, frischen Tomaten, die duftenden Mititei, die wir uns in
Selbstbedienung am Rost braten, und das Bier.
(Verlag Neuer Weg, Bukarest - Komm Mit 84, S. 167 – 177)
Seite | Bildunterschrift |
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167 | Kartenskizze: Căpăţânei und Cozia Gebirge. |
170 | Kartenskizze: Munţii Căpăţânei – westlicher Teil. |
171 | Kartenskizze: Munţii Căpăţânei – östlicher Teil. |
173 | Kartenskizze: Cozia Gebirge. |