Eine Tageswanderung für Schulerau-Urlauber in die Berglandschaft zwischen Moeciu de Sus und Bran
von Meta Josef
Wellige Hügellandschaft, in den Tälern malerische Streusiedlungen und im Hintergrund die
zackigen Felsgebilde des Hochgebirges. Auf den sattgrünen Matten blöken die Schafe, die
Rinder dösen im spärlichen Schatten der vereinzelten Buchen. Munter plätschern Bäche, an
deren Ufer die Bäuerinnen das Linen zum Trocknen ausgebreitet haben.
Wer nicht im Winter seine Ferien in der Schulerau (Poiana Braşov) verbringt, die
Sehenswürdigkeiten von Braşov bereits besichtigt hat und auch schon in Prejmer und Bran
(Törzburg) gewesen ist, sollte, falls er Muße hat und eine Tageswanderung nicht scheut,
auch die Hügellandschaft zwischen Moeciu de Sus und Bran in sein Programm einbeziehen.
Das landschaftliche Erlebnis bleibt bestimmt unvergesslich. zu empfehlen ist allerdings
reichlich Verpflegung (für einen Tag) mitzunehmen, weil es in den von Touristen kaum
besuchten Ortschaften keine Gaststätten gibt.
Die Anfahrt ist für Nichtmotorisierte zwar etwas umständlich, aber man sollte sich davon
nicht entmutigen lassen. Ab Bahnhof Braşov geht es mit der Eisenbahn bis
Râşnov/Rosenau. Von dort mit dem Autobus nach Moeciu de Jos (DN 73) und von hier mit
einem anderen Bus nach Moeciu de Sus. Es besteht auch die Möglichkeit, mit einem
Überlandbus aus Braşov (Autohof) ans Reiseziel zu gelangen. Vorher jedoch die genaue
Abfahrtszeit einholen.
Der letzte Teil der Fahrt ist besonders schön: im engen Tal windet sich der Weg aufwärts,
entlang eines klaren Bergbachs, vorbei an kleinen Anwesen, die inmitten riesiger
Margarethenfelder wie Schmuckkästchen auf grünen Hügeln liegen. Bei der Haltestelle „Între
Văi“ (zwischen den Tälern Valea Popii und Valea Bângăleasa) verlässt man den Bus,
überquert die Brücke und wendet sich nach rechts, dem Popii-Tal zu. Gleich hinter dem
Kulturhaus von Moeciu de Sus folgt man einem steilen Serpentinenweg bis hinauf auf den
Rücken einer Hügelkette, deren höchster Punkt, eine felsige Erhebung (1321 m), „La
Bisericuţă“ heißt.
Für Naturliebhaber und Blumenfreunde ist dieser Pfad, der weiter durch blühende Wiesen
führt, von besonderem Reiz. Auf Höhenlinie geht es an kleinen Häuschen und Heuschobern
vorbei. Tauperlen funkeln auf den Blättern des Frauenmantels, dicke Polster von goldgelbem
Wiesenklee wechseln mit Polstern blauer Veilchen, Knabenkraut, Arnika und Felder voller
Trollblumen wiegen sich im leichten Sommerwind.
Greifbar nahe erheben sich die majestätischen Felstürme des Bucegi-Gebirges. Das Gaura-
Tal, die steilen Abstürze des Guţan und der Strunga-Sattel sind klar erkennbar. Lauter
lockende Wanderziele, die auf markierten Wegen ebenfalls von Moeciu de Sus, von Şimon
oder von Bran aus leicht zu erreichen sind.
Blickt man zurück, über eine wellige, weite Hügellandschaft hinweg, grüßen aus westlicher
Richtung der Königstein und das Iezer-Păpuşa-Massiv. Verstreut auf den Hügeln des
Bran-Rucăr-Passes liegen die malerischen Dörfer Măgura, Peştera, Şirnea und Fundata, deren
einzelne Gehöfte fast bis in die felsige Landschaft hinaufklettern.
Auf viele dieser Hügel und Bergkuppen führten uns im Winter unsere Skiwanderungen, wenn
wir dem Rummel am Schuler (Postăvarul) entfliehen wollten. Bergauf die Bretter geschultert
– bergab stäubende Abfahrten durch unberührten Pulverschnee, von Hügel zu Hügel
fliegend.
Jetzt aber, im Juni, folgen wir dem Wiesenpfad weiter nach Süden, den Dudele-Bergen zu
(Dudele Mari, 1956 m). Schon von weither leuchten die Gipfel rot hinter dem Waldgürtel
hervor, auf allen Almen blühen Alpenrosen. Bald enden die Wiesen am Waldesrand. Es folgt
ein kurzer Aufstieg auf einem Hirtenpfad, der zu den Sennhütten führt. Wir folgen dem
Kamm, schreiten durch hellen Mischwald und steigen in einem Holzschlag immer höher. So
erreichen wir nach einer Wegstunde einen Grat in der alpinen Zone, zwischen Dudele Mari
und dem Strunga-Sattel. Von hier bis zur Leaota (2133 m) ziehen sich die Ausläufer des
Bucegi, und soweit das Auge reicht, glühen alle Hänge und Bergkuppen im Schmuck der
Alpenrosen. Unbeschreiblich diese Pracht: Ein Blütenmeer umflutet uns von allen Seiten, ein
herrlicher Duft erfüllt die Luft. Es ist nicht jedem vergönnt, ein solches Wunder der Natur zu
genießen. Nur im Osten brandet dieses rote Meer an die steilen Felswände der Strunga- und
Guţan-Berge, die silbern im Sonnenlicht glitzern.
Vom Zauber dieser Berglandschaft gefangen, verweilen wir längere Zeit. Von hier kann man
die Tour über den Strunga-Sattel auf den Guţan fortsetzen, wir aber schreiten unterhalb der
Felswände auf dem, mit einem roten Punkt markierten Weg bis auf die Guţan-Wiese. Beim
Wegweiser, dem wir hier begegnen, müssen wir uns entscheiden: auf dem mit rotem Punkt
markierten Weg weiter, oder über Almwiesen bis ins Gaura-Tal (Markierung blaues Dreieck),
um von dort nach Şimon (gelbes Dreieck) oder nach Bran (rotes Kreuz) abzusteigen.
Wir entscheiden uns für eine dritte Möglichkeit – vor allem, weil die Zeit nicht mehr reicht,
weiter dem roten Punkt zu folgen, der uns über den „Plaiul lui Lom“ nach Şimon führt –,
schreiten auf der Guţan-Wiese an der Forsthütte vorbei, rechter Hand in einen Wald hinein
und folgen einem schönen Promenadenweg, der uns abermals auf Hügelkuppen
herausführt. Ein letzter Blick gilt dem Königstein, dessen imposante Silhouette sich scharf
vom Abendhimmel abzeichnet. Absichtlich verlassen wir den markierten Weg, gehen wieder
durch Wiesen, auf schmalen Stegen über Berg und Tal, an mehreren Sennhütten vorbei.
Schafe und Kühe ziehen heimwärts, ihr Glockengebimmel erklingt wie eine schöne Melodie.
Ein freundlicher Hirtenjunge, gerade beim Melken, bietet uns einen Trunk frisch gemolkener
Milch an, die köstlich mundet.
Nach kurzem Abstieg erreichen wir das Bergdörfchen Şimon, das Endziel dieser erholsamen
und erlebnisreichen Wanderung. Denn von hier gibt es eine Busverbindung zurück nach
Braşov.
(Verlag Neuer Weg, Bukarest - Komm Mit 83, S. 129 – 133)
Seite | Bildunterschrift |
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129 | ohne Titel |
132-o | Malerisch gelegen: das Forsthaus am Guţan. |
132-u | Almbekanntschaften |
133 | Moeciu im Winter. Auch Skifahrern zu empfehlen. |