Erlebnisreiche Sommertour zum Oaş, Gutâi und Ţibleş / Vor dem höchsten Holzbauwerk der Welt
von Willi Krämer
Im äußersten nordwestlichen Winkel Rumäniens, zwischen Theiß und Sălăuţa-Tal, erheben
sich die vulkanischen Gebirge Oaş, Gutâi, Ţibleş.
Das Oaş-Gebirge, dessen 30 km langer Hauptkamm aus Andesit aufgebaut ist, verläuft
zwischen Theiß und Ţalna und bildet die Grenze zur UDSSR. Höchster Gipfel ist der Frasinul
(827 m). 600 bis 700 m hohe Nebenkämme fallen südwärts gegen die Ţalna und deren
Nebenfluss Lechinţa ab. Hier im Süden liegt zwischen den Gebirgskämmen des Oaş und
des Gutâi das Oascher Land eingebettet, geologisch eine ehemalige Bucht des
Pannonischen Meeres. Vulkanische Kegel sind die zum Gutâi gehörenden Pietroasa (1202
m), Cetăţeaua Mare, Cetăţeaua Mică, Heghiu Mic. Bei Colineşti-Oaş gibt es einen Stausee,
Mineralwasser zu Heilzwecken in Bixad, Valea Mariei, Certeze, Luna.
Das Oaşer Land ist eine der lebendigsten ethnographischen Zonen des Landes. Die
Volkstracht ist farbig und bunt bestickt, die Architektur der Holzhäuser mit hohen Schindel-
oder Strohdächern, oben zugespitzt, mit Veranda und geschnitzten Toren. Wichtigste
Verkehrsader ist die DN 19 (Satu Mare – Sighetu Marmaţiei), die über Vama – Negreşti-Oaş
– Certeze und den Huta-Pass (587 m) in die Ţara Maramureşului führt.
Der Huta-Pass trennt das Oaş-Gebirge vom Gutâi-Gebirge (1443 m), das für Wanderer und Skiläufer am interessantesten ist. Hier befinden sich auch einige der bekanntesten Naturschutzgebiete wie Creasta Cocoşului („Hahnenkamm“), ein gezackter Kamm aus freigelegten Vulkankernen östlich des Gutâi-Passes; Chiuzbaia, an den Südhängen des Igniş, ein 50 Hektar großes Gebiet mit Fossilien aus dem Tertiär; Dealul Florilor bei Baia Mare, Schutzgebiet der Edelkastanie (nördlichstes Vorkommen der Edelkastanie in Europa). Das Gebiet ist von einem engmaschigen Straßennetz durchzogen, so dass die meisten Reiseziele leicht erreichbar sind. Außer der bereits erwähnten Straße Baia Mare – Sighetu Marmaţiei, die über den Gutâi-Pass führt, auf dessen Höhe ein Rasthaus steht, überquert eine andere das Gebirge über den Neteda-Pass. Sie zweigt von der DN 18 bei Baia Sprie ab und führt durch das Kumpelstädtchen Cavnic. Von Baia Mare über den Firiza-See und Valea Neagră erreicht man auf gutem Fahrweg die Berghütte Izvoarele (916 m) am Fuße des Igniş, Basis für Wanderungen und Wintersport. 5 km abseits der DN 18 und 15 km von Baia Mare entfernt, liegt die Hütte Mogoşa (731 m) am Bodi-See, unter dem Mogoşa-Gipfel (Skiegelände, Sessellift) und nicht weit davon die Jugendherberge Şuior (620 m).
Das Gutâi-Gebirge ist durch seine Beschaffenheit ein ausgezeichnetes Wandergebiet. Hier einige Vorschläge und Routen:
Das dritte Glied der Vulkankette im Norden ist der Ţibleş, zwischen Neteda- und Şetref-Pass
(818 m). Das vulkanische Gestein ist jedoch größtenteils abgetragen und das Flysch
herrscht vor. Das Ţibleş-Gebirge besteht aus zwei Abschnitten: Văratec (1358 m) im
Nordwesten und das eigentliche Ţibleş-Massiv im Südwesten, mit dem dreizackigen
Hauptgipfel Arcer (1838 m), Ţibleş (1839 m) und Bran (1864 m). Quer über das
Ţibleş-Gebirge führt die neue Straße Groşii Ţibleşului – Botiza über Valea Mingeţului, den
Cârligăturii-Sattel und Valea Botizei. Eine weitere Straße zweigt von dieser ab und führt
durch die Valea Bradului zum Ţibleş-Jagdhaus am Fuß des Ţibleş-Hauptgipfels. Von Norden
führt eine Straße von Dragomireşti die Valea Călimanului entlang.
Wanderer, die beispielsweise eine Wochentour für dieses Gebiet geplant haben, finden
Unterkunft in den Forsthäusern und Sennhütten und in der Arcer-Hütte (1510 m) auf dem
Hauptgipfel.
Wer die Ţara Maramureşului zum Wanderziel wählt, muss auch die Holzkirchen dieses Gebietes gesehen haben. Schon während der Fahrt von Baia Mare über Baia Sprie nach Cavnic kann man in Siseşti eines der Bauwerke bewundern, und bald darauf in Surdeşti die 56 m hohe Holzkirche, die als das höchste Holzbauwerk der Welt galt. Weitere Holzkirchen gibt es in Deseşti (aus dem Jahre 1770), in Hărniceşti (ebenfalls 1770), Giuleşti (1768), Budeşti (1643), Vadu Izei (1773), Rona de Jos (1655), Izvorul Negru (1699), Borşa (1375), Săliştea de Sus mit der Bergkirche (Biserica din Deal, 1650) und der Talkirche (Biserica din Vale, 1722), Bogdan Vodă (1722), Ieud ebenfalls mit Bergkirche (1364) und Talkirche, Rozavlea (1717), Onceşti (1795).
Erster Tag. Die Wanderung beginnt in Baia Mare – Stadtteil Ferneziu. Von der Hauptstraße, die nach Firiza führt, biegt man rechts, Richtung Chiuzbaia, ab. Eine Markierung – rotes Dreieck – verläuft entlang des Fahrwegs. Vom Fahrweg zweigt ein direkter Aufstieg zum Igniş-Gipfel ab; Markierung: blauer Punkt. Der Weg führt an einer Halde vorüber, dann durch Wald, Haselnussstauden, Weiden und Wiesen, Obstgärten mit Jonathanapfelbäumen und wiederum Wald. Serpentinen führen empor zum Plateau, in einen Sattel, von dem ein Abstecher in einer knappen Viertelstunde zum Igniş-Gipfel führt. Gipfelpanorama: Baia Mare, Firiza, Lăpuş-Tal und Someş-Tal im Süden, das Oaş-Land im Westen und die Hügel von Sighetu Marmaţiei im Norden, der „Hahnenkamm“ des Gutâi, das Ţibleş-Gebirge und ganz weit im Hintergrund das Rodna-Gebirge. Vom Sattel führt der Weg durch Wald hinab zur Izvoarele-Hütte (rotes Dreieck).
Zweiter Tag. Eine Besichtigung der Tătarului-Klamm lohnt sich. Sie ist zwar nicht so groß wie ihre Namensvetterin im Bucegi-Gebirge und auch weniger bekannt, doch Kenner empfehlen sie uns wärmstens. Der Weg führt durch das Runcu-Tal (Fahrstraße, Markierung: roter Punkt).
Dritter Tag. Kammwanderung! Ein bequemer Anstieg (Markierung: blaues Dreieck) führt zum
Iezuri-Gipfel, wo man auf die Hauptkammmarkierung stößt (rotes Band). Sie kommt von
Igniş und führt nun weiter in südöstlicher Richtung über kaum begangene Wiesen und durch
Tannenwald. Während des Abstiegs zum Gutâi-Pass weichen die Tannen den Eichen und
Buchen. Man erreicht die Straße DN 18 Baia Mare – Sighetu Marmaţiei beim Brunnen des
Pintea (Heiduck und Volksheld, der im Gutâi-Gebirge sein Hauptquartier hatte). An der
Straße liegt die Gaststätte Popaşul Gutâi.
Weiter geht es in südöstlicher Richtung, die Straße bleibt zurück. Wir übersteigen einige
kleinere Gipfel. In einer Lichtung stoßen wir auf den von rechts kommenden Hirtenpfad
„Drumul Măriuţii“ (Markierung: blaues Band). Birken umsäumen die Lichtung. Unser Pfad
führt über einen Holzsteg durch Moor. Nach und nach werden sieben Lichtungen gequert.
Eine davon gibt einen eindrucksvollen Ausblick auf die Andesittürme des „Hahnenkamms“
(Creasta Cocoşului). Der lichte Buchenwald weicht einem Grashang mit Latschen und
Felstrümmern. Im Norden ist der Ausblick auf das Maramureşer Land frei, mit dem Kranz der
Dörfer Crăceşti, Deseşti, Breb, Hoteni, Budeşti und Ocna Sugatag. Ganz nahe unterhalb des
Kammes sind die Seen Tăul Morăenilor und Tăul Cendroii eingebettet, etwas tiefer gelegen
Heuwiesen und Heuschober in malerischem Kontrast mit den dunklen Tannen.
Bald erreichen wir das Gipfelsignal des Gutâi. Weit schweift der Blick frei gegen Osten, über
Văratec und Ţibleş zum Rodna, während im Süden die Wälder des Lăpuş-Landes liegen. Bis
hierher brauchen wir ab Izvoarele-Hütte 7 – 8 Stunden; der Abstieg zur Mogoşa-Hütte am
Bodi-See erfordert weitere 3 Stunden. Zunächst geht es dem roten Band folgend zurück bis
zur von Birken eingesäumten Lichtung, wo wir das blaue Band finden (Drumul Măriuţii, der
zur Straße DN 18 hinabführt). Wir jedoch wählen den mit rotem Dreieck markierten Weg, der
durch Buchen- und Birkenwald zur Hütte am Bodi-See führt.
Mit dem Bus fährt man 70 km von Dej bis Groşii Ţibleşului. Ein hübscher Fahrweg, von
Bäumen begrenzt, führt über den Weiler Greble dem Bradului-Tal 9 km entlang bis zum
Forsthaus, das auf einer Wiese steht, von der man das Dreigestirn Arcer – Ţibleş – Bran
sehen kann. Weitere 4 km geht es weiter bis zum Ţibleş-Bergwerk. Beim Elektrizitätswerk
verlässt man die Straße und beginnt den Anstieg links durch Wald, der in 40 Minuten zur
Wiese Piciorul Craiului führt. Eine weitere Stunde benötigen wir bis zur Arcer-Hütte. Hier
sollte man übernachten, um für die bevorstehende Gipfelüberschreitung genügend Zeit zu
haben.
Nun führt der Weg durch Fichtenwald und Lichtungen, der Anstieg wird steiler, der Wald
bleibt zurück, und nach zwei Stunden (ab Hütte) stehen wir am ersten Gipfel, dem Arcer.
Panorama: im Norden die Ausläufer des Ţibleş, die sich im blauen Dunst verlieren; im
Westen das Lăpuş-Land mit seinen Hügeln; im Osten das eindrucksvolle Bild des Rodna-
Kammes, im Vordergrund der Ţibleş-Gipfel und dahinter der Bran-Gipfel.
Nach ausgiebiger Rast und Stärkung beginnt der Abstieg in den Sattel zwischen Arcer und
Ţibleş. Der Ţibleş-Gipfelaufbau wird rechts umgangen und von Südosten aus bestiegen. Ein
zweiter Sattel trennt uns vom Bran-Gipfel. Es folgt ein endlos scheinender Abstieg ins Dorf
Dragomireşti. Der Weg ist nicht ganz einfach auszumachen, keine Markierung, keine
Trittspuren. Vom Sattel Ţibleş – Bran geht es 150 m abwärts durch eine Mulde (Izvorul
Fundeului), darauf dem Kamm links entlang, einer Galerie von vulkanischen Felsgebilden
aus rötlich-grauem Andesit. Der Pfad durch knietiefes Gras führt in nördlicher Richtung einer
schmalen Kante folgend steil abwärts. Auf dichten Fichtenwald folgt Buchenwald, dann
erreichen wir 2 ½ Stunden später eine Fahrstraße. Man begegnet erstmals menschlichen
Behausungen und erfährt, dass es bis Dragomireşti noch 18 km sind.
(Verlag Neuer Weg, Bukarest - Komm Mit 83, S. 109 – 116)
Seite | Bildunterschrift |
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109 | Kartenskizze: Maramureş |
110 | Kartenskizze: Oaş Gebirge |
112 | Kartenskizze: Gutâi Gebirge |
115 | Kartenskizze: Ţibleş Gebirge |