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Berge der Freundschaft

Tschechoslowakische Touristen entdecken die rumänischen Karpaten

von Leopold Kukacka

In den sechziger Jahren, als sich der Reiseverkehr zwischen unseren Ländern immer mehr entwickelte, war das Urlaubsziel aller Tschechen und Slowaken verständlicherweise die Schwarzmeerküste. Die Bergwelt Rumäniens war den meisten damals noch unbekannt. Hie und da hielten manche auf dem Weg zum Meer in Buşteni oder Sinaia ihre Autos an und unternahmen eine Wanderung zum Caraiman oder gar bis zum Omul. Es gab aber auch Touristen, zumeist Naturwissenschaftler, Botaniker, Speläologen, Enromologen und eine kleine Schar begeisterter Amateure, die auch andere Gebiete dieser herrlichen Bergwelt erforschten, und ihren Schilderungen ist es zum Großteil auch zu verdanken, dass in den folgenden Jahren immer mehr tschechoslowakische Touristen in die rumänischen Karpaten wanderten. Das Karstgebiet Bihor und Vlădeasa wurde wegen seinen einmaligen Höhlen zu einem Begriff.
Den Höhlenforschern folgten bald auch die Bergsteiger. Erstaunlicherweise schauten sie sich zuerst nur kurz in den Bucegi um. Ihr Interesse galt den winterlichen Fogaraschern. Die Überschreitung des Hauptkammes im Winter wird zum Schlager, und die Versuche um das Absolvieren dieses Probesteines vermehren sich. Die winterliche Abgeschiedenheit, die verschneiten und vereisten Felsen und Kämme sind ein wundervolles Trainingsgebiet für die Vorbereitung auf alpinistische Unternehmungen in die Hochgebirge Asiens. Aber auch für jene, die sich nicht so hohe Ziele gesteckt haben, ist die Überschreitung der Fogarascher ein sportliches und ästhetisches Erlebnis. Da sich die Fogarascher im Sommer weniger zum Klettern eignen, finden meine bergsteigenden Landsleute im Bucegi-Gebirge den idealen Ort, um ihre Künste zu erproben. Man begegnet ihnen nun ständig in den Wänden, Rissen und Kaminen und bald auch auf dem Königstein, dieser überwältigenden romantischen Welt der Kalkwände, Felsnadeln und Felsklippen. Es gibt in der Tschechoslowakei keine mit Bucegi und Piatra Craiului vergleichbaren Karstgebiete. Und auch hier kann man vortrefflich die Leistung vor den Fahrten in die ferneren Kalkalpen und Dolomiten überprüfen. Ist dies aber auch der wichtigste Beweggrund, um hierher zu kommen? Ich glaube, es ist eher ein Vorwand zu weiteren und weiteren Besuchen.
Es wäre jedoch falsch anzunehmen, dass Rumänien nur bei den Bergsteigern Interesse findet. Auch die Paddelsportler haben es entdeckt. Von den Bergsteigern haben sie vom Alt, der rauschenden Dâmboviţa und dem klaren Crişul Repede erfahren, und seither fahren in jedem Sommer Busse mit Anhängern, die vollgeladen sind mit Kajaks, Kanus und anderen Wasserfahrzeugen, in Richtung Rumänien. Viel größer scheint jedoch die Zahl der Wanderer zu werden. Einzeln und auch in Scharen begegnet man ihnen in den Karpaten – im Rodna- Gebirge, im Retezat, Paring, in der Maramureş, auf dem Căliman, im Bârgău-, Lotru-, Zibins- und Mühlbächergebirge. Hier ist ein ideales Feriengebiet, abwechslungs- und erlebnisreich.
Der Strom der Menschen, die den rumänischen Karpaten zustreben, wird alljährlich stärker. In den Sommermonaten gibt es fürwahr keinen Tag, dass man in den Fogaraschern während einer Kammwanderung nicht einem Tschechen oder Slowaken begegnet. Letztlich auch im Iezer-Păpuşa-Massiv und in der Hügellandschaft der Maramureş, im Banater Bergland und selbstverständlich auch im Donaudelta.
Die Bergsteiger ziehen natürlich hauptsächlich das Bucegi-Gebirge und den Königstein vor. Im Sommer 1980 hatte es den Anschein, dass es in den Bucegi schon beginnt knapp zu werden – Tschechen, Slowaken, Deutsche, Rumänen – die Bergsteiger-Unterkunft in der Valea Coştilei ganz voll, viele Zelte ringsherum; die Unterkunft in der Valea Albă konnte auch nicht allen Platz bieten. Und da in Anbetracht des zunehmenden Trends – im Urlaub wandern – kaum mit einem Abnehmen der Touristen zu rechnen ist, die mit Rucksack und Wanderstab auf Reisen gehen, hegen alle den Wunsch, dass auch in den Karpaten mehr Unterkünfte und Raststätten geschaffen werden, damit sich immer mehr Menschen der Schönheit dieser bezaubernden Bergwelt erfreuen können.

(Verlag Neuer Weg, Bukarest - Komm Mit 82, S. 81 – 83)

Seite Bildunterschrift
 
81 Die Studie der Karten. Im Hintergrund Ineu – Rodna-Gebirge.
83-o Die „12 Apostoli“ im Căliman-Gebirge.
83-u Kletterpartie im Hohenstein (unten).
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