Frühjahrsurlauber in der Schulerau können ein interessantes floristisches Reservat besuchen
von Meta Josef
Strahlender Sonnenschein liegt über der Stadt. Leuchtend weiß heben sich die Bergspitzen vom blauen Himmel ab, locken zum Skifahren, während es unten in den Tälern schon nach Frühling duftet. So fällt die Wahl für den Ausflug nicht leicht: entweder auf dem Schuler bei herrlichem Firnschnee noch die letzten Winterfreuden genießen, oder die unteren, schneefreien Wiesen durchstreifen, um den Frühling zu begrüßen.
Es ist Mitte April, Schneeglöckchen und Krokusse sind längst in voller Blüte, und wie wär’s,
wenn wir mal am Leimpesch nachsähen, ob auch die Adonisröschen schon blühen?
Das ist entscheidend. Aus der Stadtmitte von Braşov/Kronstadt fährt ein Trolleybus Richtung
Traktorenwerke bis zur Endstation. Von hier geht es mit einem Autobus nach
Petersberg/Sânpetru, der auf dieser Strecke halbstündlich verkehrt. Schon nach 15 Minuten
gelangt man ins Gemeindezentrum. Hier berührt die Asphaltstraße fast die inneren
Ringmauern der alten Kirchenburg, der einzigen im Burzenland, die ihren dreifachen
Mauergürtel fast ganz erhalten hat. Wir verweilen ein bisschen, besichtigen den inneren
Burghof mit den einstigen Wohn- und Vorratskammern, um dann dies Stückchen
Vergangenheit auf einer breiten Gasse nach SO zu verlassen, queren diese und die nächste
parallel laufende Straße an ihrem äußersten Ende und erreichen das freie Feld unter dem
Talinenberg, einem Ausläufer des Leimpesch. Schon von weitem leuchten gelbe Flächen,
wie Teppiche auf grünen Matten: die Adonisröschen sind in voller Blüte! Bald haben wir sie
erreicht, suchen uns ein schönes Plätzchen zwischen den dichten 10 – 30 cm hohen
Büscheln. Immer wieder betrachten wir die zarten, der Sonne zugekehrten Blütensterne, die,
zu Medikamenten verarbeitet, vor allem bei Herzschwäche und Kreislaufstörungen
verwendet werden. Praktisch hat das Adonisröschen als Heilpflanze die gleiche Wirkung wie
der Fingerhut. An sich aber sind die Blüten giftig und heißen vielleicht deshalb auch
„Frühlingsteufelsauge“.
Später queren wir auf Grasterrassen den Talinenberg und erreichen nach kurzer Steigung
eine ebene Sattelwiese, umgeben von Kiefernwald. Während wir nun am Kammweg
weiterwandern, einer Schafherde mit blökenden Lämmern begegnen, erreichen wir eine
Schneise, die früher als Startrampe für Segelflugzeuge diente. Heute tummeln sich hier die
Drachenflieger, erheben sich lautlos mit ihren roten, gelben oder weißen Schwingen, gleiten
über uns hinweg – um dann sanft auf den ebenen Feldern vor Petersberg zu landen.
Allmählich steigt unser Gratweg bergan, führt über Wiesen und durch lichten Buchenwald,
aus dem gerade ein Rudel Rehe auftaucht. Die Tiere scheinen an Menschen gewöhnt zu
sein, sie wittern von uns keine Gefahr, denn das ganze Gebiet des Leimpesch steht unter
Naturschutz. So können wir die Rehe beobachten, und erst als wir versuchen, uns ihnen zu
nähern, verschwinden sie mit eleganten Sprüngen im Walde. Dieser Wald aber ist
unbeschreiblich schön: Durch die noch kahlen Äste und Zweige dringen die Sonnenstrahlen
auf den Waldboden, der von einem einzigen, riesigen Blumenteppich bedeckt ist. Der
Lerchensporn blüht in allen Farben: Seinen roten, weißen und violetten Blüten entströmt
herrlicher Duft, und so weit das Auge reicht, breitet sich das Blumenmeer aus.
Zwischendurch tauchen auch blaue Flecken voller Leberblümchen auf, weiße Punkte von
Buschwindröschen, die von der Nieswurz überragt werden. Da die Leimpeschspitze (704 m)
bewaldet ist, lagern wir unterhalb auf einer sonnigen Wiese, auf der Veilchen,
Schlüsselblumen und Kuhschellen blühen. Wahrlich, der Frühling hat hier am Leimpesch
sein Füllhorn geleert!
Es tut uns nicht leid, dem Locken der weißen Firnhänge widerstanden zu haben. Am
Horizont erkennen wir sie wie eine schillernde Kette – vom Königstein über Schuler, Bucegi
und Hohenstein bis hin zum Krähenstein sehen wir alle Berge, die uns umgeben, denn der
Leimpesch erhebt sich allseitig frei aus der Ebene und bietet uns rundum eine herrliche
Aussicht. Uns zu Füßen liegt Petersberg, wohin unser Weg nun geradeaus über die Felder
wieder zurückführt.
(Verlag Neuer Weg, Bukarest - Komm Mit 82, S. 84 – 86)
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