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Nicht nur in Tuşnad sprudelt Mineralwasser

Harghita – Land der 2000 Heilquellen / Ein Feriengebiet für alle Jahreszeiten / Kurtouristik hält die Spitze

von Michael Roth

Viele haben dieses Gebiet, nördlich des Karpatenbogens, auf der Reise zur Bicaz-Klamm oder in Richtung Tg. Mureş durchquert. Sie haben in Tuşnad die eleganten Kurhotels bewundert oder sogar Urlaub gemacht; in Miercurea Ciuc, dem auf allen Gebieten aufstrebenden Kreisvorort, eine Rastpause eingeschaltet; in Corund die Töpfermeister aufgesucht oder sich an der reizvollen Landschaft bei Lacu Roşu, am Fuße des Suhard, ergötzt. Nur wenigen jedoch dürfte bekannt sein, dass sie durch das an Mineralwasserquellen und an Heilbädern reichste Gebiet Rumäniens gefahren sind, durch den Kreis Harghita, wo mehr als 2000 gesundheitsspendende Quellen sprudeln – viele davon unbeachtet am Wegesrand.
Gleich nach der Einfahrt in den Kreis (Eisenbahn oder DN 12) empfängt den Reisenden Bad Tuşnad – neben Herkulesbad im Cerna-Tal und Bad Felix bei Oradea der drittgrößte Badekurort des Landes. Rund 30 Quellen (kohlensäure-, eisen- und bikarbonathaltige Wasser) speisen die Kuranlagen und Thermalbäder. Der Kurort besitzt drei neue elegante Hotels, eines davon mit Hallenbad, hübsche Villen und Kurpavillons – die Gäste kurieren hier zumeist ihre Herz- und Gefäßleiden, Kreislaufstörungen, Nervenleiden, Erkrankungen des Verdauungsapparats, Rheumaleiden. Viele kommen aber bloß, um sich zu erholen und verbinden das Badevergnügen (zwei Thermalstrände und Ciucaş-See mit Wassersportanlagen) mit Bewegungstherapie, Sauna, Sonnenbädern, Massagen und selbstverständlich mit Wanderungen in die Tuşnad umgebenden Berge. Eine Attraktion ist auch der zwei Wanderstunden entfernte Sanktannensee (Berghütte, Gaststätte, Camping) und der Cetăţii-Gipfel (1820 m) mit herrlichem Ausblick auf die Ciuc-Senke.
Der Kurort wird auch in den nächsten Jahren eine Vergrößerung seiner Aufnahmekapazität erfahren. Ein großes Kurhotel mit 500 Betten wird gebaut, ein Schwimmbecken mit warmem Mineralwasser, schließlich neue Kuranlagen für die Behandlung von Rheuma. Alle diese Anlagen werden von einer jüngst entdeckten Quelle mit leicht radioaktivem Mineralwasser, dessen Temperatur 64 ° C beträgt, gespeist. Balneologen behaupten, dass es einen zwölfmal größeren Mineralgehalt besitzt als die berühmteste Quelle in Bad Felix.
Tuşnad ist auf Ganzjahrbetrieb eingestellt und bietet auch im Winter außer Heilung viel Unterhaltung und Sportmöglichkeiten. Zum Beispiel: Eislaufen, Rodeln und Skifahren.
Keine drei Kilometer vom Kurort entfernt, sprudeln gleich am Straßenrand bei Tuşnad Nou und in der Gemeinde Tuşnad mehrere Mineralwasserquellen auf freier Wiese. Ebenso in Cozmeni und Sânmartin. Zu Kurzwecken genutzt werden sie dafür in der nur 8 km von Miercurea Ciuc entfernten Ortschaft Sâncrăieni. Aus 120 Quellen sprudelt das Mineralwasser aus dem Boden des Alttals, wird in den Freibädern aufgefangen oder als Harghita-Tischwasser in Millionen Flaschen gefüllt. Im Sommer wird das Bad hauptsächlich von Rheumakranken aufgesucht.
Thermalbäder gibt es aber auch in Miercurea Ciuc, der größten Stadt des Kreises, die in den letzten 20 Jahren zu einem bedeutenden Wirtschafts- und Kulturzentrum herangewachsen ist. Man kann im Hotel „Bradul“ oder „Harghita“ wohnen, den Barock-Komplex Şumuleu und die Festung Mico besichtigen, sich das Heimatmuseum ansehen und dann ans Altufer zu den Thermalbädern fahren, die von Natur aus eine Temperatur von 22 Grad besitzen. Die Catalina-Quelle, die bedeutendste der drei, war schon im 17. Jahrhundert bekannt, ihr heilwirkendes Wasser von allen bedeutenden Persönlichkeiten Siebenbürgens geschätzt. Am Südrand der Stadt, im Naherholungsgebiet Jigodin, gibt es gleichfalls einen kleinen Badeort mit zwei Mezzothermal-Freibädern und einem Kurkomplex für Warmbäder.
In Miercurea Ciuc trennen sich die Wege. Hier muss man sich entscheiden, ob man die Bäderstraße in Richtung Topliţa und Borsec wählt, oder die Route westwärts über Odorheiul Secuiesc nach Praid. Beide wären schön und erlebnisreich. Deshalb sollte man auf keine verzichten und sich eine davon für die nächste Urlaubsfahrt vornehmen.
Wir entscheiden uns für die Bäderstraße und fahren auf der DN 12 durch den nördlichen Teil der Ciuc-Senke, stellenweise den oberen Lauf des Alt entlang. (Die Route kann auch mit der Eisenbahn bis Topliţa zurückgelegt werden.) Schon nach 11 Fahrtkilometern das erste Heilbad: Siculeni. Sein Freibad verzeichnet allerdings mehr Besucher als das etwa 6 km nördlichere Bad Racu, das nur mit Wannenbädern ausgestattet ist. Bekannter als diese beiden ist das Heilbad Mădăraş. Es besitzt gleich zwei Kurkomplexe (Freibad und Wannenbäder): einer an der Eisenbahnlinie und der andere in der Dorfmitte. Das Wasser hat eine konstante Temperatur von 19 Grad und wird zur Behandlung von Rheumaleiden und bei Erkrankungen des Bewegungsapparats empfohlen.
Das letzte Bad, aber nicht auch die letzte Mineralwasserquelle bis hinauf nach Gheorgheni ist Dăneşti. Es liegt in einem Tannenwald und besitzt außer einem Thermalschwimmbad (20 Grad) und einem Kurpavillon mit Wannenbädern auch einen Gasthof mit Sommergarten sowie Freizeitanlagen.
Von jetzt an sollte man sein Augenmerk hauptsächlich der Landschaft widmen, denn die DN 12 führt durch bewaldete Berge, vorbei am Studenten-Erholungsort Izvorul Mureşului, um dann nach Valea Strâmbă in Gheorgheni einzumünden. Dies ist eine Kleinstadt, sie bietet außer der Both-Festung und einem dendrologischen Garten kaum nennenswerte Sehenswürdigkeiten. Wer jedoch gut speisen will, sollte den Touristenkomplex „Belehia“ aufsuchen.
Aus dem Stadtzentrum gabeln sich die Wege. Der eine, DN 12 C, führt nach Lacul Roşu und in die Bicaz-Klamm, der andere, DN 12, in Richtung Topliţa. Wir fahren auf diesem weiter. Eigentlich könnte man von Gheorgheni aus auch nach Suseni, dem reichsten Gebiet an Mineralwasserquellen dieser Gegend, fahren, oder Joseni, dem Kältepol Rumäniens, einen Besuch abstatten. Uns drängt jedoch die Zeit, wir möchten Topliţa noch vor Nachtanbruch erreichen.
Topliţa – der Name ist slawischen Ursprungs und bedeutet „Warmwasserquelle“ – ist außer Holzverarbeitungszentren ein Erholungsort, besonders für Familienurlaube geeignet. Das Kurgeschehen wickelt sich ausschließlich im Ferienkomplex „Bradul“ ab. Er liegt am Miereschufer inmitten eines Tannenwalds. Außer dem Thermalwasserschwimmbad (26 Grad) und einem Kurzentrum bietet die Ortschaft dem Gast Unterkunft in netten Villen, Gaststätten und einem Camping, dem auch Sportplätze angeschlossen sind. Im Winter wird Topliţa vor allem von Skiläufern bevölkert. Wer jedoch nur das Badevergnügen genießen will, kann dies auch im Stadtzentrum im Thermalschwimmbad. Es handelt sich dabei um ein Bassin von olympischen Ausmaßen.
Nun fahren wir durch den nördlichen Teil des Kreises, auf der DN 15, die auch die Verbindung nach Târgu Neamţ in der Moldau herstellt, und nähern uns allmählich unserem Reiseziel: Borsec. Die nur 26 km lange Strecke führt den Creangă-Berg hinauf, wo eine Straße nach Bilbor abzweigt, einem gleichfalls bekannten Heilbad mit zahlreichen Mineralwasserquellen, dann durch den malerischen Borsec-Pass und schließlich hinauf zum Gasthof „Stâna lui Căliman“, der an eine Sennhütte erinnert und von dessen Terrasse sich ein einmaliger Ausblick auf die Borsec-Senke und den Kurort bietet.
Borsec muss nicht erst entdeckt werden. Sein Mineralwasser ist schon aus dem 16. Jahrhundert bekannt und zählt heute zu dem begehrtesten Tischwasser. Die ersten Kuranlagen standen schon im Jahre 1700 und verdanken ihr Bekanntwerden einem Herrn Anton Zimmethausen, der dafür sorgte, dass Borsec-Mineralwasser bis nach Wien gelangte und auch ausländische Kurgäste Borsec aufsuchten.
15 Mineralwasserquellen speisen die Kuranlagen, ihre Heilwirkung hat sich besonders bei der Behandlung von Magenleiden, Erkrankungen der Harnwege, Nierenleiden und leichter Zuckerkrankheit (Bade- und Trinkkuren) bewährt. Borsec ist mit allen Annehmlichkeiten eines modernen Kurbads ausgestattet. Wegen seiner Höhenlage und dem kühlen Klima sollte man jedoch immer entsprechende Kleidung mitführen. Selbst im Juli und August liegen die Durchschnittstemperaturen nicht über 16 ° C.
Reisende, die nun in die Moldau weiter wollen, fahren auf der DN 15 und erreichen bereits nach einer gemütlichen Fahrstunde den Erholungsort Durău und den Bicaz-Stausee. Wir kehren nach Miercurea Ciuc zurück, um ein anderes bedeutendes Mineralwasser- Quellgebiet des Kreises Harghita kennenzulernen.
Diese Route ist nur mit dem Auto zu bewältigen. Wer jedoch Zeit und Muße hat, kann auch die Überlandbusse benützen.
Wir verlassen Miercurea Ciuc und fahren auf der DN 13 A in Richtung Odorhei. Kaum sind wir aus der Stadt, machen Wegschilder auf größere oder kleinere Badeorte aufmerksam, die nur wenige Kilometer vom Asphaltband, zumeist von Tannenwäldern umgeben, liegen. Der erste ist Bad Harghita, zugleich der höchstgelegene Badekurort Rumäniens (1350 m). Die Mineralwasserquellen sind vulkanischen Ursprungs. Empfehlenswert sind die beiden Mofetten für die Behandlung von Herz- und Gefäßleiden. Sie werden bereits seit dem Jahre 1800 benutzt. Wer sich mit bescheidenerer Unterkunft begnügt, findet diese im 60 Betten großen Gasthof.
Auf dieser Strecke sollte man die Wagengeschwindigkeit etwas drosseln, denn kurz nach Bad Harghita weist ein Verkehrsschild rechts nach Bad Chirui (3 Heilquellen, Villen und Gasthof, Freibad) und kurz darauf zur Selters-Schutzhütte, bestimmt der schönsten des Kreises, in deren Hof zwei Mineralwasserquellen sprudeln. Sie ist gut bewirtschaftet, Kost und Quartier sind preisgünstig.
Besonders schön gelegen das Kurbad Homorod auf den Höhen oberhalb des Homorodul- Mare-Baches. Hier kann der Kurgast in glasklarem Wasser (12 Mineralwasserquellen) draußen und drinnen baden und schwimmen, turnen, Gymnastik treiben und sich bei Höhensonne bräunen lassen. Schließlich wäre noch das zum Stadtgebiet Odorheiu Secuiesc gehörende Bad Seiche zu erwähnen. Seine Attraktion sind die heilwirkenden schwefelhaltigen Thermalwasser (Rheuma und Hautleiden). Außer den elf Wannenbädern gibt es auch ein Thermalfreibad. Die Tradition dieses Badekurorts reicht bis 1755 zurück.
Es gibt natürlich auch rund um Odorhei noch viele Ortschaften, in denen Mineralwasserquellen auf freiem Feld wie kleine Bächlein sprudeln und auch einige nur örtlich bedeutende Badeorte. Sie liegen aber zumeist weitab von der Fernverkehrsstraße DN 13 A, so dass ein Besuch kaum in Frage kommt. Deshalb verlassen wir das hübsche Städtchen, nicht aber ohne vorher im Restaurant „Târnava“ gespeist zu haben (die beste Küche im ganzen Gebiet).
Das Asphaltband streift einige hübsche Ortschaften, wie Satu Mare – hier sind alle Holztore geschnitzt und bunt bemalt –, um dann in langen Serpentinen den Colonda-Berg zu erklimmen und nach wenigen Kilometern in Corund einzumünden. Dies ist das Heimatdorf der Töpfer, die im Sommer ihre bunten Krüge und Teller in den Basaren an der Schwarzmeerküste und in der Schulerau verkaufen. Bevor man einen der Töpfermeister aufsucht, um sich ein Reisemitbringsel zu besorgen, wäre ein kühler Trunk aus der Mineralwasserquelle zu empfehlen, die neben dem ersten Gehöft bei der Dorfeinfahrt sprudelt. Nicht weit von Corund liegt auch Bad Arcio, früher ein Erholungsgebiet für die Einwohner der naheliegenden Städte, heute auch von Magenleidenden aufgesucht. Wohnen und essen kann man im gut bewirtschafteten Gasthof.
Von hier sind es nur noch 7 km bis Praid, der letzten Ortschaft unserer Harghita-Reise. Praid ist ein altes, schon zur Römerzeit bekanntes Bergbauzentrum. In den aufgelassenen Salzbergwerken wurden unterirdische Sanatorien eingerichtet, in denen mit guten Heilerfolgen Asthmakranke behandelt werden. Besuchenswert ist aber auch das Salzbad Praid. Es verfügt über ein großzügig angelegtes Thermalschwimmbad, das von einer ungewöhnlich starken salzhaltigen Quelle gespeist wird. Mit Temperaturen zwischen 43 und 49 ° C besitzt es außerdem auch die heißesten Quellen des ganzen Harghita-Gebiets. Die Kuranlagen (26 Wannenbäder) werden vor allem zur Behandlung von Rheuma, Frauenleiden, verschiedenen Hautkrankheiten, Gelenkleiden usw. empfohlen.
Nach Praid überschreitet man die Kreisgrenze und ist nach kaum 30 Fahrtminuten in Sovata, einem auch international bekannten Badekurort.

Anfahrt

Mit dem Auto: Aus Richtung Braşov – Sf. Gheorghe: Fernverkehrsstraße DN 12; aus Richtung Tg. Mureş: DN 12 oder DN 13 A; aus Richtung Schässburg: DJ 137; aus Richtung Piatra Neamţ – Bicaz: DN 12 C.
Mit der Eisenbahn: Aus Richtung Braşov; Tg. Mureş und Schässburg. Da nur Teilstrecken unserer Route mit der Eisenbahn erreichbar sind, sollten Touristen unbedingt auch den Autobus-Fahrplan beachten.

(Verlag Neuer Weg, Bukarest - Komm Mit 81, S. 160 – 167)

Seite Bildunterschrift
 
160 Kartenskizze: Kreis Harghita
162 Moderne Hotelbauten im Zentrum Tuşnads.
167 Das Alttal bei Miercurea Ciuc.
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