Tipps für Amateurgeologen
von Dipl.-Geologe Horst Hann
Unser Land wird durch die Vielfalt und den besonderen Reiz seiner Landschaften
gekennzeichnet. Einen großen Teil dieser Eigenschaften verdankt es dem Karpatenbogen.
Dieser wiederum stellt für die Geologen ein vielseitiges und komplexes Studienobjekt dar.
Die Mannigfaltigkeit der geologischen Formationen, der interessante tektonische Bau, alles
auf einer verhältnismäßig geringen Oberfläche konzentriert, bieten einem Amateurgeologen
oft ideale Bedingungen, Geologie zu betreiben, seinem Hobby nachzugehen.
Anschließend werden einige Wanderwege im Bucegi-Gebirge beschrieben, wobei die
geologische Beschaffenheit dieses außergewöhnlich schönen und imposanten
Gebirgsmassivs der Südkarpaten verfolgt werden kann. Allerdings werden einige
Grundkenntnisse in der Gesteinskunde und der allgemeinen Geologie vorausgesetzt. Bei
einem Bergfreund, der auch Interesse für Geologie hat, ist dies selbstverständlich.
Buşteni – Sinaia. Diese Route führt durchs Prahova-Tal in südlicher Richtung. Links die niedrigen und ebenmäßig ansteigenden Höhenzüge und Täler des Baiu-Gebirges, rechts die hohen und steilen Wände des Bucegi-Massivs. Man stellt also eine verschiedenartige Morphologie der beiden Gebirgszüge fest, und zwar aufgrund ihrer unterschiedlichen geologischen Beschaffenheit: Das Baiu-Gebirge besteht aus Flyschablagerungen (Sinaia- Schichten, untere Kreide), d. i. eine Abfolge von Sandstein, Mergelschiefer und Kalkmergel, alles weiche, leicht abzutragende Gesteine, die der Erosion nur schwach widerstanden. Die steilen Wände des Bucegi-Gebirges bestehen aus Konglomeraten, deren mehr oder weniger abgerundete Gesteinstrümmer hauptsächlich aus kristallinen Schiefern bestehen, durch ein kalkiges bzw. kieseliges Bindemittel sehr fest verkittet sind und sich deshalb als widerstandsfähiger erwiesen haben.
Buşteni – Valea Jepilor. In der Nähe der Papierfabrik Buşteni mündet dieses Tal in die Prahova, nachdem es den östlichen Abhang des Bucegi-Gebirges tief eingeschnitten hat. Dadurch eröffnet sich dem Geologen ein instruktives und vollkommen aufgeschlossenes Profil. Anfangs verfolgt man eine stetige Abfolge von Flyschablagerungen, die in einem großen Steinbruch auf der rechten Bachseite besonders gut ersichtlich sind. Weiter, bergaufwärts merkt man, wie die Sandstein- und Mergelablagerungen in mächtige Sandsteinbänke übergehen, deren oberer Teil eine Kalkbrekzieneinlagerung enthält, die man leicht findet, weil es an dieser Stelle zur Bildung eines Wasserfalls kam. In ihrem letzten Abschnitt enthalten die Sandsteine einige Konglomerateinlagerungen. Danach folgt die riesige Masse der Bucegi-Konglomerate, welche die steilen Felswände bilden. Der enge Zusammenhang zwischen Relief und geologischer Struktur ist ersichtlich.
Sinaia – Cota 1400. In der Umgebung Sinaias verändert sich die bisher erkannte Morphologie
des Bucegi-Gebirges. Die steilen Felswände der Bucegi-Konglomerate verlieren, von Norden
gegen Süden zu betrachtet, an Höhe, die Hänge werden weniger steil.
Der Weg von Sinaia zum Hotel Cota 1400 ist nicht nur landschaftlich reizvoll, sondern auch
geologisch aufschlussreich. Anfangs, die bereits bekannte Abfolge von Mergelschiefer und
Sandsteinen, oft von Geländeschutt bedeckt. Derselbe besteht aus Konglomeraten,
Kalkbrekzien und Korallenkalken. Indem man die Natur und Zusammensetzung des
Geländeschutts zu bestimmen versucht, kann man schon erste Schlüsse in Bezug auf die
weitere geologische Beschaffenheit des Gebietes ziehen.
Es geht dann die Serpentinen hinauf und bei 1110 m Höhe steht man an der weißen
Korallenkalkwand (untere Kreide) des Sf.-Ana-Felsens. Weiter oben folgen massive
Konglomerate, die in Sandsteinbänke übergehen. Dieselben werden von Konglomeraten mit
chaotischer Struktur, die Flyscheinschlüsse und große Kalksteinblöcke enthalten, bedeckt.
An der ersten Wegbiegung nach der Höhe 1110 m erscheinen Mergelschiefer und
Sandmergel, welche in Kalkmergel übergehen. Diese Gesteine gehören ihrem Alter nach zur
mittleren Jura (Dogger) und müssten normalerweise unter den Kreideablagerungen liegen,
nicht über ihnen. Ihre jetzige Lage ist tektonischen Phänomenen zu verdanken, und zwar
stellen sie den unteren Teil einer Jura-Klippe (Reste einer abgetragenen
Überschiebungsdecke) dar, die man entlang eines Stegs, der an der Wegbiegung abzweigt,
bis hinunter ins Peleş-Tal verfolgen kann. Dabei erscheint die ganze Abfolge innerhalb der
Klippe: graue und grüne Kalke, Mergelschiefer, rote Kalke, Radiolarite und massive graue
Kalke.
Der Weg führt dann über den Sf.-Ana-Höhenzug ins Sf.-Ana-Tal, wobei die Abfolge der
verschiedenen Schichten in umgekehrter Richtung verfolgt werden kann. Im Sf.-Ana-Tal
erscheint dann noch eine, etwas höher gelegene Jura-Klippe, und zwar besteht sie aus
Kalksteinen, die hier eine fast senkrechte Wand bilden. Etwas weiter erscheint dann
Sandmergel, welchem eine kompakte, gut verkittete Kalkbrekzie folgt, die man dann bis zum
Hotel, vielleicht schon etwas müde von soviel physischer und geistiger Anstrengung,
beobachten kann.
(Verlag Neuer Weg, Bukarest - Komm Mit 81, S. 110 – 112)
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