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Eine Landschaft nach Wunsch

Reise- und Wandertipps im Banater Karst

von Franz Engelmann

Es gibt da eine Landschaft im Südwesten Rumäniens, die man einfach gesehen haben muss. Nein, nicht weil sie das grandioseste ist, was die Hochregionen der Karpaten bieten – der Leordiş, die höchste Erhebung des Gebiets, reicht mit seinen 1160 Metern den Gipfeln der Fogarascher sozusagen nicht mal bis zum Knie, erhebt sich nur knapp über die Hälfte der Höhe der Eiszeitgletschertäler, in denen die Bergseen des Retezat liegen. Aber in ihrer Vielfalt ist sie unübertroffen und bietet einfach etwas für jeden Geschmack, für jeden Wunsch: der Banater Karst.
Bitte, wer unbedingt Superlative wünscht, auch an denen fehlt es nicht. Mit über 800 Quadratkilometern, auf denen sich das Kalkgebirge von der Donau im Süden bis zur Bersau im Norden erstreckt, von der gleichen Bersau sowie den Tälern des Poneasca-Baches und der Minisch im Osten bis zum allmählichen Abflachen zum Südbanater Tiefland im Westen, ist es das größten Karstgebiet in Rumänien und bietet dementsprechend die ganze Wunderwelt, die das Wasser in dieser Gesteinsart schaffen kann: Nicht weniger als 160 Höhlen, die bisher erforscht sind (darüber hinaus gibt es wohl noch ebenso viele, die Sie noch „entdecken“ dürfen), und jede von ihnen ist eine Welt für sich. Die Komarnik, mit ihren über 4 Kilometern die größte und gleichzeitig bekannteste des Banats, ebenso wie die Buhui, die den längsten unterirdischen Wasserlauf des Landes birgt. Naturschächte gibt es hier, die bis zu 235 Meter tief hinabreichen, und dann – die Wunderwelt der Schluchten und Klammen, die gleichfalls nirgends anderswo so zahlreich und so wild zu finden sind als hier: Aneinandergereiht ergeben die Karasch-, die Nera-, und die Minisch-Klamm, die Schluchten des Gârlişte-Baches und des Buhui, der Şuşara und etlicher anderer Wasserläufe nicht weniger als 70 Kilometer Länge. Und in den Bächen, die diese mal eng-düsteren, mal sonnig-weiten Täler durcheilen, gibt’s Forellen, die nirgends anderswo so tief „zu Tal steigen“ wie hier, selbst auf unter 100 Meter Seehöhe in den Bächen, die direkt der Donau zueilen.
Also wirklich eine Landschaft, die jeden Wunsch erfüllen kann. Am ehesten kommen natürlich die Bergwanderer auf ihre Rechnung. Denn all die großen Schluchten und Klammen sind – mit Ausnahme einer einzigen – in ihrer ganzen Wildheit nur ihnen zugänglich, nur ihnen erschließt sich die Rübezahllandschaft der schaurig-schönen Wasserfälle oberhalb des kristallklaren Spiegels des Quellteiches Ochiul Beiului („Okubee“), nur sie können den Tanz der Forellen im pastellblauen Teufelssee, überwölbt von dem Riesendach einer vor Jahrtausenden eingestürzten Höhle bewundern. Und allerorts laden sie die endlosen, dolinenzernarbten Buchenwälder zu Spaziergängen ein, nur für sie sind die meisten Höhlen zugänglich, und nur sie können, wenn sie auf sportliche Leistung hoher Klasse aus sind, die noch von keinem einzigen Pfad durchquerte Urweltlandschaft im wildesten Teil der Karasch-Klamm, von der „Prolas“ bis zur Einmündung des Komarnik- Baches, erleben.
Für die Alpinisten aber gibt es eine Reihe von Führen in den Türmen und Wänden der Nera- Klamm wie auch in den Flanken der unteren Karasch-Schlucht.
Für geschichtlich Interessierte: In Orawitza gibt’s den ältesten noch stehenden Theaterbau Rumäniens – 1816 wurde zu diesem Zweck ein noch älterer Bau umgestaltet –, in dessen wunderschönem kleinem Rokokosaal Franz Liszt konzertierte und Eminescu als Mitglied der Pascali-Truppe weilte. Außerdem gibt es überall rings um Orawitza, Saska, Anina und Steierdorf – von Reschitza, das ja nur am Rande des Karstes liegt, soll hier nicht gesprochen werden – uralte Zeugen des Bergbaus und der Hüttenindustrie. Ein rüstiger, noch in vollem Betrieb befindlicher Veteran ist die Bergbahn Orawitza – Anina, die zweitälteste Eisenbahn des Landes. (Die älteste gibt’s übrigens auch hier, sie führt aber aus dem Karst heraus, von Orawitza zum Teil über jugoslawisches Gebiet nach Baziaş an der Donau.) 1864 fertig gestellt, erklettert sie auf 33,8 Kilometer Länge einen Höhenunterschied von 338 Meter, unterfährt die Schroffen und Zacken der Berge in 14 Tunnels, überquert die Täler auf schwindelnd hohen Viadukten, deren bis zu 37 Meter hohe Pfeiler Meisterstücke des Ingenieurbaus des vorigen Jahrhunderts sind.
Eine Fundgrube ist der Banater Karst übrigens auch für die Volkskundler: Die „Frătuţi“ und die „Bufeni“, das sind die altansässigen Banater Rumänen, bzw. die im 18. Jahrhundert aus Oltenien hierher gewanderten, haben ebenso ihr buntes Brauchtum bewahrt wie die Deutschen, die in Steierdorf und Orawitza leben, und eine ethnographische Besonderheit von Format sind die Kraschowäner, ein slawischer Volkssplitter, der seit dem Mittelalter in Kraschowa und den umliegenden Dörfern siedelt.

Und nun einige praktische Hinweise:

Wie kommt man in den Banater Karst?

Mit dem Wagen von der E 94, entweder bei Iablaniţa, unweit von Herkulesbad nach Westen abzweigend über die Landstraße nach Bozovici durchs Minisch-Tal nach Anina, das wir als Zentrum des ganzen Gebietes als „Basislager“ empfehlen möchten. Gleichfalls von der E 94 über Karansebesch, Reschitza und Orawitza nach Anina. Oder von Temeswar bis Morawitza und über Orawitza gleichfalls dorthin. Wer als Ausländer beim Grenzpunkt Morawitza entlangkommt, wählt ebenfalls diese Route, ohne natürlich noch bis Temeswar zu fahren.

Mit der Eisenbahn von Temeswar nach Orawitza und dann auf der oben beschriebenen Bergbahn, die man sowieso erlebt haben muss, weiter.

Mit dem Bus kann man auf den oben genannten Straßenrouten gleichfalls von Herkulesbad wie auch von Karansebesch, Reschitza oder Temeswar hingelangen.

Wo wohnt man?

Hotels gibt’s in Anina und Orawitza.

Berghotels und Schutzhütten:

Und nun ein paar Routen:

Für Autofahrer:

Von den vielen Wanderwegen sei hier nur eine kleine Auswahl geboten:

Natürlich macht man dann auch noch all die größeren und kleineren Spaziergänge rings um Anina und Steierdorf, zum Buhui-See, zur „Sommerfrische“ und zum Höhlensystem Ponor- Plopa.

Zum Schluss noch ein Sondertipp für die Wassersportler: Die Nera-Klamm kann bei Normalwasserstand problemlos mit einem festen Schlauchboot durchfahren werden – übrigens die bequemste und sozusagen auch einzige Art, die Klamm zur Gänze von der Talsohle aus zu erleben.

(Verlag Neuer Weg, Bukarest - Komm Mit 80, S. 97 – 103)

Seite Bildunterschrift
 
98 Auf dem Buhui-See.
99 Straße durch die Minisch-Klamm.
100 Blick ins Fuchsn-Tal von Steierdorf.
102 Das Orawitzaer Theater, der älteste noch stehende Theaterbau Rumäniens (1816).
103 Gasthof auf der „Majaliswiese“.
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