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Seelandschaft im Westgebirge

Touristisches Neuland im Tal des Warmen Someş

von Maxim Pop

Der Bau von Wasserkraftwerken hat in den letzten Jahren auch weniger bekannte Gebiete dem Tourismus erschlossen. Bicaz, Argeş, Firiza werden bereits in allen Reiseführern angepriesen, am Lotru entwickelt sich Voineasa nach Abzug der Bauleute zu einem erstrangigen Erholungsgebiet mit Aussichten, auch unter die Wintersportorte aufzurücken.

Sozusagen touristisches Neuland dürfte das Gebiet im Tal des Warmen Someş, in den Westkarpaten, sein. Hier wurde durch den Bau von Wasserkraftwerken und die Anlegung von Stauseen auch Autotouristen die Möglichkeit erschlossen, auf guten Asphaltstraßen ein Stück schönster Berglandschaft des Kreises Cluj zu bereisen. Unterkunft und Verpflegung sind durch Motels und Gasthäuser gesichert. Nichtmotorisierte Ausflügler können die hier beschriebene Reiseroute auch mit Überlandbussen zurücklagen.
Ausgangspunkt dieser je nach Zeitplan auf mehrere Tage anberaumten Urlaubsfahrt ist die Gemeinde Gilău, an der Europastraße E 15 (oder DN 1), 16 km von Cluj-Napoca und 134 km von Oradea entfernt. Wer Zeit hat, sollte in Gilău das Schloss im Park besichtigen. Fachleute behaupten, es sei das erste in unserem Land errichtete Gebäude im Renaissancestil. Es wurde auf den Grundmauern einer Festung aus dem Jahre 1439 gebaut. Im Schulpark können auch Spuren eines römischen Castrums besichtigt werden, die nach den Ausgrabungen im Jahre 1976 freigelegt worden sind.
Wen es jedoch rascher in die Berge zieht, zweigt in der Gemeinde beim Kilometer 492 auf die Kreisstraße DJ 107 P ab, in Richtung des im Tal des Warmen Someş gelegenen Dorfes Someşul Cald. Nach ungefähr 4 km erblickt man den Gilău-Staudamm und kurz darauf auch die spiegelblanke Fläche des gleichnamigen Stausees. Rechts das Motel Gilău. Über die Dammkrone führt eine enge Straße zum vielbesuchten Touristenkomplex, der in seinen drei Häusern (55 Doppelzimmer) 110 Personen aufnehmen kann und auch über ein Restaurant mit großer Terrasse mit Ausblick auf den See verfügt. Wer hier einen Tagesaufenthalt einschaltet, kann die Zeit mit kleinen Wanderungen verbringen und auch Rumäniens modernste Forellenzüchterei besichtigen. Wassersport ist strengstens verboten, da der sowohl in das Kalte Someş-Tal und ungefähr 1 ½ km in das Warme Someş-Tal hineinreichende See Cluj-Napoca und andere Ortschaften mit Trinkwasser versorgt. Sportangler können allerdings ihr Glück versuchen. Ab und zu beißt auch eine Forelle an.
Man muss aber nicht unbedingt im Gilău-Motel rasten oder gar übernachten, sondern setzt die Reise entlang des Stausees bis zum Dorf Someşul Rece fort. Hier gabelt sich das Asphaltband. Zweigt man auf die Kreisstraße DJ 107 N ab, gelangt man nach kaum 7 km zur gut bewirtschafteten Someşul-Rece-Hütte. Sie liegt in einer Waldlichtung, besitzt eine Gaststätte und Zimmer mit 72 Betten. Wenn dieser Abstecher von unserer Route zu umständlich ist, fährt man auf DJ 107 P weiter und gelangt nach kürzester Zeit ans andere Seeufer. Hier stehen einige Ferienhäuser, die im Sommer auch an Touristen vermietet werden. Verpflegen kann man sich bei den Bergbauern.
Reisende, die erst in den späten Nachmittagsstunden ins Tal des Warmen Someş einfahren, sollten sich zumindest an dieser Stelle entscheiden, wo sie übernachten wollen, denn weiter aufwärts gibt es zur Zeit nur begrenzte Unterbringungsmöglichkeiten. Es sei denn, sie haben ein Zelt im Gepäck.
Die Straße schlängelt sich nun in zahlreichen Windungen bergaufwärts, über den Warmen Someş und durch das nur wenige Häuser zählende Dörfchen Someşu Cald. Wir nähern uns Tarniţa. Gleich hinter den letzten Häusern zeigt sich der 97 m hohe Staudamm dem Betrachter. In der Nähe der Dammsohle zweigt eine Straße zur Tarniţa-Kolonie ab. Nach Abzug der Bauarbeiter soll hier ein Touristenkomplex eröffnet werden. Geplant sind für den Anfang ein Hotel samt Gaststätte und drei Villen. Die Kreisstraße steigt in mehreren Serpentinen zur Dammkrone (Höhe 504 m). Hier soll unbedingt eine Rastpause eingeschaltet werden, um den Ausblick auf die Tarniţa-Kolonie und die Tallandschaft sowie auf den 6 km langen Stausee zu genießen. Der Tarniţa-Stausee ist bereits ein beliebtes Ausflugsziel der Einwohner von Cluj-Napoca, vor allem für Leute, die Wassersport betreiben. An seinen Ufern erblickt man viele bunte Zelte. In nächster Zukunft sollen auch an dieser Stelle verschiedene touristische Einrichtungen gebaut werden.
Der nun folgende Weg gehört zu den schönsten Abschnitten unserer Reiseroute. In engen Windungen geht er am rechten Seeufer entlang, überquert die überschwemmten Täler auf zahlreichen Viadukten. Tief unten der See und über uns die Berge von herrlichem Mischwald bekleidet. Dann die etwa 2 km tiefe malerische Bucht im Tal des Râşca-Baches.
Noch ein paar Kilometer und wir verlassen das Tal des Warmen Someş und folgen nun dem Bett des Leşu-Baches. Anfangs an einigen Wasserkraftwerksanlagen vorbei, dann bergauf von einem Abhang auf den anderen. Es ist ratsam, die Geschwindigkeit zu drosseln, um auch einen Blick auf die langen, wellenartigen Bergkämme und die silberklaren Bächlein zu werfen. Tief unten die letzten Abzweigungen des Tarniţa-Sees, die wie die auseinandergespreizten Finger einer Hand in die Täler dringen. Noch einige Serpentinen und dann stehen wir auf einem Plateau mit herrlichem Ausblick auf die Bergkämme des Kalten Someş, auf das Muntele-Mare-Gebirge und das Vlădeasa-Gebirge. Rechter Seite zeigen sich auch die ersten Häuser der Gemeinde Mărişel, die an einer Berglehne bis 1270 m hoch hinanklettern. Wir haben bereits den größten Teil des Gilău-Gebirges durchquert und allein vom Mărişel-Kraftwerk bis zu diesem Punkt einen Höhenunterschied von 600 m bewältigt. Bis hierher gibt es auch täglich mehrere Busverbindungen von Cluj-Napoca.
Die modernisierte Straße folgt nun dem alten Landweg, der links (südlich) von Măguri – Răcătău (am Kalten Someş) nach Mărişel und Beliş führte. Nach ungefähr 10 km erhebt sich in der Nähe eines Parkplatzes das Steindenkmal des Avram Iancu. Auf seinem Sockel stehen die berühmten Worte des Helden der Revolution von 1848, mit denen er die aufständischen Bauern von Mărişel im Kampf gegen die kaiserlichen Truppen angeführt hat. Zur Erinnerung an die von den Motzen geführten Kämpfe für Recht und Freiheit und an den über die kaiserlichen Truppen errungenen Sieg findet alljährlich am letzten Juli-Sonntag an dieser Stelle ein großes Volksfest statt, an dem sich die Einwohner aller umliegenden Dörfer beteiligen. Beim Denkmal zweigt ein Waldweg ins Răcătău-Tal ab. Wir aber folgen dem Asphaltband und gelangen leicht absteigend auf die Kreisstraße DJ 761 B Huedin – Albac. Unterbricht man hier unsere Route und zweigt nach links in südlicher Richtung ab, gelangt man über Poiana Horea nach Albac (40 km) auf die Nationalstraße DN 75 Turda – Câmpeni – Dr. Petru Groza (Ştei). Von hier gibt es mehrere Möglichkeiten, die berühmten Karsterscheinungen des Bihor-Gebirges zu besichtigen.
Wir folgen derselben Straße nach rechts und erblicken bald die ersten Verzweigungen des Fântânele-Stausees, des letzten auf unserer Reise. Nach 4 km tritt auch der mächtige, 92 m hohe Fântânele-Steinbrockendamm in Erscheinung. Der große Stausee, auch mit Wasser aus dem Kalten Someş gespeist, wird sich im Beliş-Tal etwa 9 km und im Warmen-Someş- Tal etwa 12 km ausdehnen. Die Straße führt auch hier über die Dammkrone (Höhe 960 m) auf das andere Ufer, wo, neben den provisorischen Baracken der Arbeiter, auch mehrere Villen errichtet wurden – die ersten Anzeichen des zukünftigen Touristenkomplexes, der am linken Seeufer entstehen soll. Auch hier sind Hotels, Ferienhäuschen, Gaststätten und Wassersportanlagen geplant.
Unsere Reise nähert sich allmählich ihrem Ende. Nach kurzem Aufenthalt in der Gemeinde Belişu Nou (Höhe 1131 m), die auf einem Plateau völlig neu aufgebaut worden ist (das alte Beliş wurde vom Stausee überschwemmt), und eventueller Rast im Ardeleana-Gasthof (Gaststätte, Terrasse und Unterkunft für 18 Personen) geht es auf der Kreisstraße über Călăţele (12 km) nach Huedin (29 km) und von hier auf der Nationalstraße DN 1 nach Cluj- Napoca (52 km) oder nach Oradea (98 km) zurück.

(Verlag Neuer Weg, Bukarest - Komm Mit 78, S. 149 – 158)

Seite Bildunterschrift
 
150151 Kartenskizze
152 Die Anlagen der Forellenzüchterei in Gilău.
153 Der Gilău-Stausee.
154 Immer gut untergebracht und verpflegt im Motel Gilău.
156-o Der liebliche Râsca-Golf,
156-u ...der Tarniţa-Stausee...
157 ...und der Fântânele-Steinbrockendamm.
158 Hübsche Bauernhäuser in Neu-Beliş.
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