Reiseziel für jeden und jederzeit:
von Ewalt Zweier
Der ehemals vulkanische innere Karpatenbogen ist von Borsec bis nach Bicsad reich an Mineralwasserquellen, an schönen Wäldern und ozonhaltiger Luft. Seine Kurorte sind berühmt und beliebt. Was diese Orte auszeichnet, ist der Umstand, dass es da keine Industrie gibt bzw. eine einzige: „Fremdenindustrie“ – merkwürdiges Wort, bei uns auch wenig gebräuchlich.
Kurbetrieb und Tourismus stützen sich auf das Gesundheitswesen und das
Gaststättenwesen. Und tatsächlich spürt man das in dieser Gegend mehr als anderswo: Der
„Fremde“ ist ein Gast und seine Gesundheit der Zweck aller Bemühungen. Was nicht heißen
soll, dass die Kurorte der Kreise Mueş, Harghita und Covasna nur kranken oder kränkelnden
Menschen zu empfehlen sind.
Von allen Kurorten in diesem Teil Siebenbürgens hat Tuşnad durch seine herrliche Lage die
größten Entwicklungschancen und den stärksten Zustrom. Hier befindet sich auch der Sitz
des Kreisamtes für Touristik (OJT) Harghita. Bad Tuşnad hat zwar nur 1700 stabile
Einwohner, wurde aber zur Stadt erklärt. Der Ort mit bereits 3000 stabilen Plätzen für
Kurgäste verdient diesen Rang. Es ist ein ruhiges Städtchen, in dem alles sauber und
praktisch und fast alles modern gehalten ist. Natürlich stößt man, wie in jedem Kurort mit
älterer Tradition, auch hier auf einige nicht unangenehme Kontraste. Die drei neuen Hotels I.
Kategorie mit insgesamt 700 Plätzen („Ciucaş“, „Tuşnad“ und „Olt“) fügen sich gut in das
architektonische Ensemble des Ortes ein; mit dem lokalspezifischen Spitzgiebel und tief
herabhängendem Rotziegeldach dominieren sie die Umgebung, ohne störend zu wirken.
Einladend von außen und mehr noch von innen (Raumgestaltung, Musik und freundliches
Personal) – die Gaststätten, besonders das Restaurant „Ana“ und die Konditorei „Veveriţa“,
das „Eichhörnchen“. Man kann sich in diesen Lokalen richtig wohlfühlen.
Zweckdienliches Schmuckstück und Anziehungspunkt Nummer eins in Bad Tuşnad ist die
Kurpoliklinik. Sie ist durch einen gedeckten Gang mit dem Hotel „Tuşnad“ verbunden. Auf
der anderen Seite wird sie bald mit seinem Zwillingsbruder verbunden sein, dem vierten
modernen Großhotel vor Ort. Der Hotelgast kann, nur in den Bademantel gehüllt, ohne ins
Freie treten zu müssen, bei jedem Wetter pünktlich sein ärztlich empfohlenes
Behandlungsprogramm einhalten. Bei jedem Wetter und zu jeder Jahreszeit.
Wie die Statistik beweist, kennt Tuşnad schon seit Jahren keine tote Saison. Der verfügbare
Unterkunftsraum war im ganzen Jahr zu 75 – 85 Prozent ausgelastet, im November
allerdings weniger als im Juli.
Die Kurpoliklinik, ein modernes balneologisches Zentrum, kann im Achtstundenbetrieb 1000
Personen behandeln, doch seit dem Frühjahr '77 in zwei Schichten doppelt soviel. OJT-
Direktor Karoly Bicsak sagte dem Reporter: „Wir wollen keinen abweisen, der hier ankommt
und eine Kurbehandlung wünscht, auch wenn er nicht rechtzeitig und speziell dafür gebucht
hat. Jeder, der im Erholungsurlaub oder auf der Durchreise da ist, tut schließlich gerne noch
etwas für seine Gesundheit...“ Die vorhandenen Naturheilmittel seien jedenfalls nicht einmal
zur Hälfte ausgewertet. Mit den verfügbaren Mineralwässern könnte man jeden Tag
Tausende Menschen zusätzlich behandeln.
Worin bestehen die kurativen und prophylaktischen Mittel und Vorzüge in Bad Tuşnad? Von
einem zweistündigen Rundgang durch das Gebäude der großen Poliklinik notieren wir
flüchtig das folgende: Tuşnad wird bei Nerven- und Herzleiden sowie Kreislaufbeschwerden
bevorzugt. Komplexe klinisch-neurologische Untersuchungen dienen der Aufdeckung
eventueller Begleitstörungen. Aufgrund von Funktionstesten sowohl in Ruhestellung als auch
nach einer Standardtätigkeit wird das Stadium der Krankheit festgestellt, und dann besteht
meist eine gute Zusammenarbeit zwischen Patient und Arzt. Sieben Balneologen, ein
Psychiater, zwei Zahnärzte, auf Wunsch Fachkräfte für Geriatrie (Altersheilkunde), ein
zahlreiches Hilfspersonal arbeiten hier. Die balneophysikalische Kur stützt sich hauptsächlich
auf therapeutische Naturfaktoren: komfortable Bäder mit kohlensäurehaltigem Mineralwasser
bei 32 Grad Celsius, Herztherapie und Bewegung in Mineralwasserbecken, Sprudelbäder
oder Duschmassagen, Trockenmassagen, die „Schottische Brause“. Ferner Aerosole,
Infrarotbestrahlungen, Ultraschalltherapie, Paraffinpackungen, Elektrotherapie – da ist alles
drin. Für die sehr gefragte individuelle Kinetotherapie (Bewegungstherapie) gibt es da
mehrere Räume und Anlagen, ein Ergobizikel taugt gut für die Behandlung gewisser
Herzleiden, Fettleibigkeit oder auch zum bloßen Vergnügen.
Eine weitere für Tuşnad spezifische Heilpraktik ist die Naturmofette. Das im Raum
gespeicherte Kohlendioxid wirkt gefäßerweiternd: Kreislaufstörungen können wirksam
behandelt werden. Und das alles unter angenehmen Bedingungen. Keine 100 Meter von der
Trinkbar im neuen Kurpavillon, die die Mineralwässer Rumäniens in möglichst komplettem
Sortiment führt (und ausschließlich Mineralwässer), kann man aus einer alten Spitzturmlaube
das echte Mineralwasser gratis und direkt von der Quelle haben, noch bevor es mit
Kohlensäure angereichert und zum Tischwasser „aufgewertet“ wird.
Nicht zu unterschätzen sind hier natürlich die Bewegung im Freien und ganz einfach die
Luftkur sowie das kühltonische subalpine Klima. Spaziergänge sind ein Genuss. Zum
Beispiel die 5 Kilometer durch dichten Tann bis zum Sanktannensee, dessen vulkanischer
Ursprung noch immer umstritten ist, denn nur im nordwestlichen Teil des kraterähnlichen
Kessels gibt es auch vulkanisches Andesit in der Felswand. Der ganze Grundstock besteht
aus Kreide, die Wände aus Sand und pyroklastischem (von Vulkanen ausgestoßenes,
trümmerartiges, verfestigtes oder unverfestigtes Gestein) Geröll. Das Panorama dieses Sees
ist von einzigartiger Schönheit.
Man braucht wirklich nicht krank zu sein, um Grund zu haben für eine Fahrt nach Bad
Tuşnad. Kerngesunde Leute, mit oder ohne Familie, machen hier gerne Urlaub. Ist es auch
wegen des Ciucaş-Sees, der aus einem toten Flussarm des Alt entstanden ist und sich
mitten im Kurort befindet, sommers ein herrliches Freibad, winters ein Eisplatz ersten
Ranges, auch für Eisschnelllauf? Ist es wegen der Ausflugsmöglichkeiten, zu Fuß oder per
Autocar in die nähere und weitere Umgebung? Ist es wegen der tadellosen Unterkunft in den
Hotels, Villen und nicht zuletzt im Camping? Die hübschen Holzhäuschen haben 200 Plätze,
und alles, was man sich im Camping nur wünschen kann: Strom, Leitungswasser,
Kochstellen und – die herrliche Lage. Die Touristenhütte beim Sanktannensee (25
Schlafplätze) ist freilich längst schon zu klein. Man hofft auf den Ausbau.
Zahlreiche Kurgäste aus dem In- und Ausland machen sich die außergewöhnlichen Vorzüge
Tuşnads zunutze. Ganze Gruppen aus Ländern, wie der DDR, die CSSR und Ungarn, die
BRD und Finnland, Italien und Israel, buchen schon zu wiederholtem Mal in Tuşnad, eine
Gruppe Schweizer bereits zum fünften Mal. Im Sommer ist es nicht immer leicht, einen Platz
zu ergattern, aber auch die Zahl der Wintergäste nimmt in dem Maße zu, als die
Wintersportmöglichkeiten bei Tuşnad ausgebaut werden. Der Kurort bietet jederzeit und
jedem das, was man vor allem zur Erholung braucht: gute Atmosphäre und Geschmack,
Freundlichkeit und Ruhe, beste natürliche Heilfaktoren und moderne Praxis in großem
Umfang.
Lage: 625 – 655 m ü. d. M. Am Alt im Durchbruch zwischen dem Baraolt- und dem Bodocgebirge pittoresk gelegen. Von Braşov über die Nationalstraße 11 und 12 insgesamt 83 Kilometer; Bahnstation Tuşnad, auch Schnellzüge halten.
Kurmittel: Sieben Heilquellen, deren Wasser Kohlensäure, Eisen-, Chlor-, Natrium-, Kalzium- und Magnesiumionen enthält; kalte Quellen; Ausnahme bildet eine Quelle mit eisenhaltigem hypothermischem Wasser bei 24 Grad C; schwach radioaktiv. Gesamtmineralgehalt der Quellen zwischen 1,63 und 5,56 g pro Liter; Mofetten; Mineralschlamm. Subalpines Klima; mittlere Jahrestemperatur 5,2 Grad C, Monatsmittel im Januar minus 7 Grad, im Mai 10,3 Grad, im September 10 Grad. Anlagen für warme Mineralbäder, Freibäder mit kohlensäurehaltigem Wasser, Anlagen für Luft- und Sonnenbäder, Physiotherapie, Trinkbrunnen, Heilgymnastik usw.
Heilanzeigen: Herz- und Kreislaufkrankheiten, funktionelle Erkrankungen des Nervensystems, Erkrankungen des Verdauungsapparats und seiner Anhangdrüsen.
Ausflugsziele: Sanktannensee (950 m Höhe); die Mofette, Falkenfelsen, Turmfelsen, Tal der aufgelassenen Bergwerke, Rabental, Ciomadul Mare und Ciomadul Mic.
Gut zu wissen: Drei Restaurants im Ort. Gute Tanzmusik im Hotel „Ciucaş“; Camping, gut ausgestattet; Dauerbetrieb in einigen Schutzhütten der Umgebung, Dauerbetrieb auch im Kurpavillon und in der Poliklinik; Reisebüro des OJT-Touristenamtes.
(Verlag Neuer Weg, Bukarest - Komm Mit 78, S. 58 – 63)
Seite | Bildunterschrift |
---|---|
59 | Kurhotel „Tuşnad“. |
60 | Auch im Winter kennt der Kurpavillon keinen Stillstand. |
62 | Zu den Hauptattraktionen Tuşnads zählt mit Bestimmtheit der See mit seinen vielen Wassersportanlagen. |
63 | Hübsche Villen an der Stadtausfahrt. |