von Johann Messmer
Touren im Norden und Süden des Hauptkamms des Fogarascher Gebirges sind Genusstouren. Man geht oft einen Tag lang, ohne einem Menschen zu begegnen, und kann dabei in Ruhe Bergwelt, Flora und Fauna bewundern. Und noch etwas: Betrachtet man den Hauptkamm von einem Nord- oder Südgrat; so muss man Em. de Martonne nur zustimmen, wenn er das Fogarascher Gebirge die „Transsilvanischen Alpen“ benannte.
Dieser Grat, der am kleinen Negoi vom Hauptgrat abzweigt, ist durch die tiefen Einschnitte
der Strunga Ciobanului (Bergerscharte und nicht Hirtenscharte) sowie der Spießerscharte
vom Negoi-Massiv getrennt. Der Grat nördlich der Podeiul-Spitze ist eine Wanderung wert
und der schönste Abstieg aus dem Negoi-Gebiet.
Vom Mittagstein, wo sich die Wege, die zur Negoi-Spitze und Bergerscharte führen, trennen,
erkennt man am nördlichen Hang des Kessels drei ausgeprägte Grasbänder, die sich aus
dem Karboden zum Westgrat der Podeiul-Spitze hinaufziehen. Der Anstieg erfolgt über eines
dieser Grasbänder und führt über den Westgrat zur Podeiul-Spitze oder durch den nördlich
dieses Grates gelegenen flachen Fărfurioara-Kessel direkt in den Sattel zwischen der
Podeiul- und der Steghilor-Spitze.
Von der Podeiul-Spitze hat man eine wunderbare Aussicht auf den Negoi mit seiner
Nordwand und seinen Karen sowie zum Hauptkamm des Massivs.
Von obengenannter Spitze steigt man in den Steghilor-Sattel ab. Hier führt ein Schafsteg aus
dem Fărfurioara-Kessel ins Lăiţa-Tal. Dieser Weg zieht sich dann am Osthang des Tunsul-
Grates entlang, immer in 2200 – 2000 m Höhe, und quert die schönsten Gletscherkessel des
Fogarascher Gebirges. Nördlich der Furca Tunsului trifft dieser Weg wieder den Tunsul-
Gratweg.
Letzterer umgeht im Westen die Steghilor-Spitze (2374 m) und führt durch den Steghilor-
Kessel direkt auf die Buruianu-Mare-Spitze (2331 m). Geht man über den Grat (Kletterstellen
I. und II. Grades), sieht man die ganze Zeit das Gipfelmeer des zentralen Teiles des
Fogarascher Gebirges. Weiter führt der Weg über die Buruianul-Mic-Spitze (2228 m) und
den Ferăstrău-(Säge-)Grat, der seinem Namen Ehre macht. Von der Ferăstrău-Spitze steigt
man steil ab bis zu dem in einem Sattel liegenden, oft ausgetrockneten Wassertümpel,
„Lăcuţ“ genannt. Von hier geht es ein paar Meter aufwärts bis zur Gemeni-Spitze (2152 m)
und dann 150 m steil runter zur Furca Tunsului (2003 m).
Hier ist nun der schönste Teil der Tour zu Ende. Doch muss man auch absteigen, und das
tut man am besten über die Muchia Sărăţii, den mittleren der drei Bergrücken, die sich von
der Furca Tunsului gabeln. Man steigt links vom Latschenfeld ab und folgt dann dem von der
Muchia Scoreiu kommenden Hirtenweg, auf den man an der oberen Waldgrenze stößt.
(Doch Achtung, beim Abstieg darf man nicht dem ausgeprägten, nach NW ziehenden
Boanţa-Grat folgen!) Der weitere Abstieg führt durch Fichten- und Buchenwald. Zuerst geht
es flach hinunter und dann ziemlich steil bis in einen Sattel, „la Fag“ (995 m). Von hier geht
man am besten den Weg, der nach links in den Wald führt. Nach kurzer Zeit erreicht man
einen Forstweg und ist dann in 10 Minuten an der Forststraße im Râu-Mare-Tal.
Will man von der Furca Tunsului zurück zur Negoi-Hütte, so folgt man dem im westlichen
Hang sichtbaren Hirtensteig, der zuerst flach nach Süden abfällt und dann leicht zu einem
Felstor ansteigt. Von da geht es bergab in den Pârâul Buruiana, der überquert wird, und von
hier in kurzen steilen Serpentinen ins Sărata-Tal. Im Tal geht man ungefähr 200 Meter
flussab und schlägt dann den gut sichtbaren Weg zur Negoi-Hütte ein. (Dauer: Negoi-Hütte –
Tunsul-Grat – Porumbacu de Sus 10 – 12 Stunden. Negoi Hütte – Tunsul-Grat – Furca
Tunsului – Negoi-Hütte 6 – 8 Stunden.)
Vom Sommerweg, etwa 10 Minuten von der Turnuri-Hütte, Richtung Podragul (Markierung rotes Dreieck) zweigt ein Steg rechts ab, auf dem man in steilen Serpentinen durch eine Grasrinne den Turnuri-Grat erreicht. Aus der Turnuri-Scharte führt der Weg links in den Hang, zuerst leicht abfallend, dann wieder flach ansteigend, dazwischen sind immer wieder kurze steile Serpentinen. Nachdem man ein paar Sturzbäche überquert hat, die alle in den Arpaşul-Mare fließen, gelangt man in ein Kar, über dem sich die Podrăgel-Spitze erhebt. Der Weg führt aus dem Kar hinaus und verliert sich zum Teil in der flachen NO-Flanke des Podrăgel-See-Kares. Aus dem Hang kann man gefahrlos zum See absteigen oder im Hang hinauf direkt ins Podrăgel-Fenster gehen, von wo man zur Podragul-Hütte absteigt. (Dauer: Turnuri-Hütte – Turnuri-Scharte – Podrăgel-See – Podragul-Hütte; 4 – 5 Stunden.)
Die Südseite des Fogarascher Gebirges wird von mehreren ausgeprägten N – S ausgerichteten Höhenzügen beherrscht, die 10 km südlich des Hauptkammes oft noch Spitzen von über 2000 m haben. Von diesen Höhenzügen aus sieht man den Hauptkamm in seiner ganzen Mächtigkeit.
Von der Moldoveanu-Spitze (2544 m) führt ein scharfer, zuerst steil abfallender Grat direkt
nach Süden (Markierung rotes Dreieck). Diesem folgt man über die Roşile-Spitze bis südlich
der Galbena-Spitze (2415 m).
In der Curmătura Roşile (Sattel) zweigt ein markierter Weg ins Moldoveanu-Kar ab, auf dem
man durch das Izvorul-Mircii-Tal das Buda-Tal erreicht. Will man bei schlechtem Wetter nach
Süden, so sollte man diesen Weg benützen.
Nachdem man den Galbena-Sattel hinter sich gelassen hat, erreicht man einen fast O – W
ausgerichteten Grat, auf dessen Südseite sich das Quell-Kar des Vâlsan-Flusses befindet.
Hier gabelt sich nun der Moldoveanu-Südausläufer. Links geht es zum Scărişoara-Rücken.
Rechts, auf der Vâlsan-Seite führt der Weg durch ein schönes Kar. Auf beiden Pfaden
gelangt man in den Valea-Lungă-Sattel. Rechts geht’s zur Stâna din Valea Lungă und von
da in einer halben Wegstunde zur Forststraße im Vâlsan-Tal.
Schöner jedoch ist der Hirtenweg auf dem Bergrücken. Auf der Maliţa-Spitze (2447 m) muss
man sich entscheiden, ob man über die Lespezile-Spitze (1905 m) ins Cernatul-Tal absteigt
oder über die Preotesele- (2082 m) und Plăişor-Spitze (1580 m) ins Râul-Doamnei-Tal geht.
In beiden Fällen gelangt man ins Dorf Slatina.
Interessanter ist der Weg über den Höhenzug rechts vom Vâlsan-Tal. Aus dem Galbena-
Sattel folgt man dem markierten Weg nach rechts auf den Kamm und bis in den tiefen Sattel
oberhalb des sich breit ausdehnenden Vâlsan-Kars. Von hier führt der markierte Weg immer
am Bach entlang nach Süden. Doch Achtung, auf keinen Fall soll man dieser Markierung
folgen! Auch wenn man ins Vâlsan-Tal absteigen will. In diesem Falle sollte man lieber bei
der Stâna din Valea Lungă oder über die Jepii de Jos absteigen.
Aus dem Sattel steigt man zur nördlichsten Spitze des Coastele-Mari-Grates auf (2383 m)
und dann in den nächsten Sattel ab. Aus diesem Sattel führt ein Weg ins Izvorul-
Moldoveanu-Tal.
Weiter geht man auf einem der vielen Schafstege in der linken Lehne oder immer auf dem
felsigen Coastele-Mari-Grat bis auf die Picuiata-Spitze (2395 m). Dann runter zur Piatra
Tăiată, wo in der rechten Berglehne ein Hirtenweg beginnt. Dieser gabelt sich nach ein paar
hundert Metern. Rechts runter kann man über steile Serpentinen ins Buta-Tal absteigen (2
Stunden), während der linke, fast auf der Höhenlinie bleibende Weg oberhalb des Custura-
Kares den Kamm wieder erreicht. Von da geht es weiter bergab. Links im Kar liegt die Jepii-
de-Sus-Stâna.
Weiter südlich, wo sich die Almen breit ausdehnen, gabelt sich der Kamm von neuem. Links
liegen Jepii de Mijloc und Jepii de Jos mit einer Stâna an der oberen Waldgrenze. Von hier
führt ein Weg ins Vâlsan-Tal.
Wenn man die Dimici-Quelle links lässt, führt der Weg rechts im Hang nach Süden bis
unterhalb der Ţuicii-Spitze. Links auf einem Nebenrücken liegt die Stâna, in der übernachtet
werden kann. (Dauer: Moldoveanu-Spitze - Ţuicii-Spitze 4 – 5 Stunden). Von der Ţuicii-
Spitze (1987 m) verfolgt man weiter den Hirtenweg auf der Wasserscheide und erreicht nach
30 Minuten die Waldgrenze. Von da geht man meist durch Wald, bis man im Molidvis-Sattel
die Forststraße, die vom Argeş-Staudamm ins Vâlsan-Tal führt, erreicht.
Zwischen dem Buda- und dem Capra-Tal erhebt sich vom Arpaşul Mic bis zum Argeş-
Stausee der Höhenzug des Piscul Negru. Dieser etwas kürzere Kamm gehört zu den
schönsten Nord-Süd-Graten des Massivs.
Kommt man vom Podragul, folgt man vom Nerlinger-Ruszička-Denkmal dem Hauptkamm bis
auf die Arpaşul-Mic-Spitze (2451 m), aber man kann auch direkt am Buda-See vorbei in die
tiefe Scharte zwischen Arpaşul Mic und Buda-Spitze aufsteigen.
Kommt man vom Bâlea-See, so verlässt man den markierten Weg bei den „Trei paşi de
moarte“ (Drei Todesschritte) und steigt ebenfalls auf den Arpaşul Mic oder man steigt auf
dem Fundul Caprei – bevor man zur Fereastra Zmeilor (Drachenfenster), auch Portiţa
Arpaşului genannt, ansteigt – in das Kar westlich der Arpaşul-Mic-Spitze und von da direkt in
die Buda-Scharte. Achtung! Vom markierten Kammweg bis zum Muşeţeica gibt es keinen
ausgesprochenen Weg und man muss einige Kletterstellen überwinden.
Aus der Buda-Scharte klettert man bis auf die Buda-Spitze (2431 m). Von hier weiter gibt es
keine gefährlichen Stellen mehr. Es geht dann steil zum Râiosul (2385 m) hinauf. Hier macht
der Grat einen Knick nach Westen bis zur Muşeţeica-Spitze (2448 m). Vom Muşeţeica
zweigt nach SO der Robiţa-Grat ab, der in der Robiţa-Spitze (2408 m) gipfelt. Dieser ziemlich
ausgeprägte Grat fällt dann steil ins Buda-Tal ab, doch kann man auch von hier auf einem
Weg, der bei der Stâna beginnt, absteigen. Zieht man diese Tour vor, kann man aus dem
Buda-Tal durch das Izvorul-Mircii- und Podul-Giurgiului-Tal zur Podragu-Hütte aufsteigen.
(Gehzeit dieser Variante 10 – 11 Stunden).
Der Weg nach Süden führt von der Muşeţeica-Spitze über den Piscul Negru (2248 m), den
Muntele Lipitorile, die Ciobanul-Spitze (1919 m) bis zum Muntele Mândra, wo die
Waldgrenze erreicht wird, und weiter ins Argeş-Tal. (Gehzeit vom Bâlea-See oder Podragul
bis zum Argeş-Stausee 12 – 14 Stunden).
(Verlag Neuer Weg, Bukarest - Komm Mit 77, S. 97 – 104)
Seite | Bildunterschrift |
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98 | Kartenskizze |
99 | Blick aus dem südlichen Negoikessel zum Negoi (l) und Călţun (r). |
102 |
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103 | Der Gämsensee mit Robiţa und Râiosul (l) und Muşeţeica (r). |