von Ernst Ziegler
Wer sich einmal als Durchreisender von Oradea einen Abstecher nach Bad Felix gegönnt
hat, wer auf Anraten der Freunde oder des Arztes (der ja auch unser Freund ist), wer also
zum ersten Mal in Bad Felix war, der wird sich in 90 von 100 Fällen vorgenommen haben, zu
längerem Aufenthalt wiederzukehren. Mediascher oder Schässburger, die einander vorher
nicht kannten, begegnen einander im Greweln oder in der Villa Franka, und dann hört man’s
gleich: „Sie kommen mir so bekannt vor... Ja richtig, aus Felixbad... Na wie geht’s Ihnen
noch? Gesund? Haben die Bäder noch Wirkung?...“ Solches und ähnliches ist typisch als
Folge des Urlaubergewimmels in der „warmen Suhle“ des Freibads von Felix und drum
herum.
In Bad Felix und dem angeschlossenen Bad 1. Mai herrscht übrigens Dauerbetrieb. Die
Saison hat hier 365, im Schaltjahr ‚76 sogar 366 Tage!
Kurz einiges über die Kurmittel: die Hauptquelle von Bad Felix führt Thermalwasser (46 °C);
es enthält Karbonate, Sulfate, Kalzium, Natrium und Silikate und ist radioaktiv. Gesamtgehalt
an Mineralsubstanzen 1,14 Gramm je Liter. In Băile 1 Mai ist das Wasser beim artesischen
Brunnen 42 Grad warm, sonst 28 – 42 Grad. In einem natürlichen Thermalsee und im
Bachbett der Peţa findet man fossilen Faulschlamm und Torf mit Heilwirkung.
Durchschnittliche Sonnenbestrahlung und Niederschläge sind für den Kurbetrieb günstig,
das Mikroklima durch die Thermalwässer sowie durch die üppige Bewaldung der Gegend
beeinflusst, was sich auch in der Ionisation und mäßigen Feuchtigkeit der Luft auswirkt. Die
Kurorte sind windgeschützt – eine weitere Begünstigung des Freiluftbades.
Beide Orte verfügen über Anlagen für warme Wasserbäder, Schlammbäder, für Physio- und
Hydrotherapie, für Luft- und Sonnenbäder sowie für die Trinkkur.
Medizinisch anzuraten ist der Aufenthalt in Bad Felix besonders bei Rheuma und anderen
Erkrankungen des Nervensystems und des Verdauungsapparates sowie der
dazugehörenden Drüsen. Aber auch gesunde oder quasigesunde Urlauber sehnen sich,
besonders in einem gewissen Alter, so ab 40, nach solchem Bade.
Reizvoll sind Bad Felix und der Kurort 1 Mai auch durch ihre Lage. Die beiden Kurorte liegen
140 bzw. 152 Meter ü.d.M., 2 km voneinander und 8 km von Oradea entfernt, an der
Nationalstraße 76 in Richtung Beiuş im Nordwesten des Apuseni-Gebirges, zwischen den
Ausläufern der buchen- und eichenbewaldeten Höhenzüge der Pădurea Craiului. Damit
wären auch schon die wichtigsten Ausflugsziele genannt.
Bad Felix hat Tradition: Es wird im Jahr 1773 erstmals urkundlich erwähnt. Nach dem
rumänischen Balneologen Dr. Felix, der ihm den Namen gab, ist in Bukarest auch eine
Straße benannt. Bad Felix bietet seit Jahren immer mehr Plätze in Ferienheimen und
Kursanatorien. Es gibt da ständige Camping- und Zelteinrichtungen sowie Gelände für
Eigenzelte und Wohnwagen, gut eingerichtet für längeren Aufenthalt.
Die lokale touristische Entwicklung ist geradezu explosiv. Heute verfügt Bad Felix über 2600
Plätze in einer Serie. Bis 1980 sollen in Ferienheimen der Gewerkschaften und in Hotels
weitere 3750 Plätze hinzukommen. Die Architekten, die sich Anfang 1974 mit der
Systematisierungsskizze des Badeortes befassten, hatten eine Perspektive von 12.000
Kurplätzen bzw. insgesamt 50.000 Einwohnern im Auge und standen verständlicherweise
vor einer recht schwierigen Aufgabe.
Sie haben sich für Wohnblocks und Heime von höchstens zwei bis vier Stockwerken
entschieden. Der vorhandene Baumbestand soll möglichst nicht angetastet werden, neue
Waldstücke sind anzupflanzen. Eine neue Trasse für den Güterverkehr schlägt einen großen
Bogen um die Kurorte. Neue Zufahrtswege für Personenverkehr und Versorgung entstanden
und entstehen noch. Vielleicht wird sich die Verwaltung eines Tages dann doch zu einem
radikalen Beschluss durchringen müssen, nämlich den Kurort selbst zur Fußgängerzone zu
erklären.
Was aber ist einstweilen neu in Felix? Im Juli '75 wurde das Ferienheim „Apollo 2“ fertig
gestellt, im August ein neuer Pavillon für Freiluftbehandlung im Erholungskomplex der
Gewerkschaften (täglich 4500 Behandlungen). Im September '75 war der Pavillon 10 des
internationalen Kurbads auf insgesamt 400 Plätze ausgebaut, und im Oktober wurde die
Einführung der Kinetotherapie als neuer Behandlungsmethode für Rheuma gemeldet. Kein
Wunder, dass bis Mitte Oktober vorigen Jahres allein im Sanatorialkomplex der
Gewerkschaften mehr als 17.000 Kurgäste aus dem Inland gezählt wurden und im nun
schon nicht mehr ganz neuen Hochhaus „Nufărul“ der 2000. ausländische Kurgast.
Insgesamt waren bis dahin mehr als 6000 ausländische Touristen gekommen, die meisten
aus Österreich, der BRD, den skandinavischen Ländern, aber auch aus den USA, Israel,
Puerto Rico und anderen fernen Ländern.
Ab 1976 wird es in zwei Badeorten Rumäniens Spezialabteilungen für die Behandlung mit
dem nach Dr. Vasile Boici, seinem Erfinder, Boicil benannten Präparat (Heilanzeigen:
Rheuma, Gelenkleiden) sowie für Pell-Amar-Kuren geben, und zwar in Herkulesbad (Băile
Herculane) und in Bad Felix. (Pell-Amar ist ein natürlicher Extrakt aus Heilschlamm; wird zur
Behandlung von Rheuma, Hautkrankheiten, Frauenleiden und Erkrankungen der
Atmungswege verwendet.) Für Bad Felix stehen auch Kosmetikkuren mit Pell-Amar in
Aussicht.
Abschließend noch ein Hinweis für Reisende, die es eilig haben oder einen vollen Autobus
nicht lieben (und nicht nur für sie): Der Abstecher von Oradea bis nach Bad Felix ist seit
neuestem gar nicht nötig. In einem herrlich schönen städtischen Freibad kann man sich im
gleichen Warmwasser, das nach Oradea zugeleitet wird, genauso wohl fühlen wie in Felix.
Im Südosten von Oradea wurden übrigens neue Heißwasserquellen (80 °C und mehr)
entdeckt, die sowohl für Heilzwecke als auch für den Haushalt (Küche und Badezimmer)
wertvoll sind. 780 Neuwohnungen wurden bereits an diese Quelle angeschlossen, weitere
3000 im Nufărul-Stadtviertel von Oradea sind dafür vorgesehen.
Freilich, Durchreisende, die die seltene Riesenseerose (Nymphea lotus var. thermalis), eine
Abart der Lotosblume, suchen, kommen um den Abstecher nach Bad Felix, genauer: zum
Torfmoor des Peţabaches nicht herum. Und dabei haben sie tagsüber keine Chancen, denn
die gelblich-weiße Blüte dieses Naturdenkmals, dessen Blätter bis zu 50 cm im Durchmesser
erreichen, öffnet sich erst nach Sonnenuntergang und schließt sich morgens etwa 9 Uhr
wieder.
(Verlag Neuer Weg, Bukarest - Komm Mit 76, S. 207 – 210)
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