von Dr. Peter Feige
Nach Retezat und Paring war das Căpăţânagebirge mein Ziel. Keine Karte, keine Hütte und
keine markierten Wege, das alles erschwerte die Orientierung in diesem Gebiet.
Der Aufstieg von Costeşti wird durch die Fahrt mit einem Traktor erleichtert, doch dann geht
es mit dem Rucksack zu Fuß weiter. Als es regnet, bin ich in der Nähe der Stâna Nedete.
Auf meine Frage an einen Hirten, ob ich bei ihnen übernachten könne („Pot să dorm aici?“),
wird mir sofort „da“ geantwortet.
Ich werde in den Kreis aufgenommen wie ein guter Freund; Essen und Nachtlager muss ich
mit ihnen teilen. Für den gast ist auch ein Schaffell da, und es wird zusammengerückt. Die
Eindrücke sind mir unvergesslich: Da spielt unvermittelt ein Schäfer auf seiner Flöte, dort
tollen Kinder herum. Der kleine Adam (kaum 1 Jahr) erinnert mich an meine eigene Tochter
zu Hause. Sus-jos (auf-nieder), der Kleine reitet mit offensichtlichem Vergnügen auf den
Knien seiner Mutter. Hier konnte ich die Volksseele Rumäniens besser verstehen lernen als
vielleicht in einem exklusiven Hotel zwischen Polstergarnituren und dicken Teppichen.
Meine, wenn auch zu diesem Zeitpunkt noch geringen, Kenntnisse der rumänischen Sprache
öffneten mir nicht nur die Türen, sondern auch ein wenig die Herzen der Menschen.
(Verlag Neuer Weg, Bukarest - Komm Mit 76, S. 98 – 99)