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Urlaub bei den Pădureni

Was gibt es in der Poiana Rusca zu sehen?

von Dr. N. G. Kräutner

Will einer einmal nicht dorthin, wo man sich im Urlaub gewöhnlich als Tourist sehen lässt, so findet er in der Poiana Rusca ein entsprechendes Ziel dafür. Ohne mühsame Aufstiege eröffnet sich einem hier ein gewelltes Hochland mit tief eingeschnittenen steilwändigen Tälern, dunklen Wäldern und ausgedehnten Wiesen. Auf diesem 700 – 1100 m hohen „Hügelland“ trifft man ein tief in der Vergangenheit wurzelndes Bauerntum an, das sich als eine „Ethnografische Insel“ bis in unsere Zeit erhalten hat und seine spärlichen Felder auf selbst angelegten Terrassen bebaut.
Das Massiv der Poiana Rusca liegt nordseits unter dem hohen Zug der Südkarpaten und bietet von seinen Höhen einen der schönsten Gesamtausblicke auf das Retezat-Gebirge und auf das Pietreanu-Massiv. Morphologisch ist es durch eine alte Erosionsfläche als Plateau modelliert. Das Massiv kulminiert in einem breiten Kamm, der sich zwischen den Höhen Rusca (1356 m) und Padeş (1377 m) erstreckt. Von da aus verlaufen mehrere breite Kammzüge – im Volksmund als „picioare“ (Füße) bekannt – gegen das Tiefland. Die Dörfer liegen alle auf diesen sonnigen Füßen. Da die tiefen, beschatteten Taleinschnitte oft von oben übersehen werden, bietet sich der täuschende Eindruck, als befänden sich die Ansiedlungen in einem ausgedehnten flachen Hügelland.
Geologisch gesehen, ist die Poiana Rusca aus paläozoischen und präkambrischen kristallinen Schiefern aufgebaut, welche inselartig aus jüngeren Sedimentablagerungen auftauchen und Eisenerze als wichtigsten Bodenschatz bergen. Der Wanderer stößt daher oft auf alte und junge Abbauorte, deren Geschichte sich zum Teil um fast 2000 Jahre zurück, bis in die Zeit der römischen Herrschaft verfolgen lässt. Bei Teliuc wurden zu Beginn unseres Jahrhunderts römische Münzen und Statuen gefunden, welche den zu der Zeit schon existierenden Erzabbau belegen. Auch später lag der Bergbau nicht brach, so z.B. wurde im Mittelalter aus der Poiana Rusca Eisen für Schwerter gefördert. Sehenswert sind auch die bekannten Steinbrüche von Ruschiţa und Alun, in denen weißer, rosa und bräunlich gestreifter devonischer Marmor gebrochen wird.
Das Gebiet der Poiana Rusca blickt auf eine durch seine geographische Lage bedingte, erregte Geschichte zurück. Als Vorland des hohen Karpatenzuges zwischen Siebenbürgen, dem Banat und der Pannonischen Ebene, wurde es Zeuge römischer Herrschaft, der Völkerwanderung und später der Anschläge der ottomanischen Pforte. Im Süden der Poiana Rusca liegt das „Eiserne Tor Transsylvaniens“, über welches die von der Donau aufsteigende römische Heerstraße führte und durch welches später die Türken einfielen. Bei Zeicani, an der Autostraße Hatzeg – Karansebesch, erinnert eine mächtige eiserne Keule an den Sieg Corvins über ein zehnfach überlegenes türkisches Heer.
Die eindrucksvollsten Spuren historischer Vergangenheit stammen aus der „Römerzeit“. Damals lagerten die römischen Legionen in der Hatzeger Ebene bei Sarmizegetusa Ulpia Traiana, wo der Besucher ein Museum, die Ruinen des Forums und eines kleinen römischen Amphitheaters besichtigen kann. Die einheimische Bevölkerung, die Daker, zogen sich im Kampfe gegen die römische Übermacht in die umliegenden bewaldeten Berge zurück. Ihre Hauptstadt Sarmizegetusa lag im Schwestergebirge der Poiana Rusca, im Mühlbächer Gebirge, auf der entgegengesetzten Seite der Ebene von Hatzeg, bei Grădiştea de Munte. Von dort aus leitete Decebal, der große legendäre König der Daker, den Widerstand gegen die römische Besetzung.
Die Bevölkerung der Dörfer auf den „Füßen“ der Poiana ist vorwiegend von dinarischem Typ und nennt sich „Pădureni“ (Bewohner von Waldgebieten). Ihre Siedlungen sind schriftlich erstmalig 1297 belegt. Sie befasst sich mit Tierzucht, Holzschlag, Bergbau, spärlichen Feldarbeiten sowie mit Weberei, Stickerei und Holzschnitzerei für den eigenen Bedarf. Die Frauentracht dieser ethnografischen Insel ist einzigartig in Rumänien und weicht von der in den umgebenden Gebieten grundsätzlich ab: Die Gewebe zieren senkrechte, in die Höhe strebende Linien, geometrische Muster in langgezogener rechteckiger Umrandung (florale Motive sind jüngeren Einflüssen zuzuschreiben) sowie dem Alter angemessene Farben (Jungfrau völlig rot, mit zunehmenden Alter proportionelle Beimengung von Braun-Schwarz und Schwarz bis zum reinen Schwarz des hohen Alters). An Festtagen behängen sich die Frauen mit aufgereihten Silbertalern.
Wie kann man die Poiana Rusca besichtigen?
Am besten während einer Rundreise Deva – Hunedoara – Vadul Dobrii – Ruschiţa – Hatzeg, wobei alles Sehenswerte kennengelernt wird.
Deva (Hotels: Sarmis, Dacia, Bulevard). Historisches Museum in einem altertümlichen Gebäude; Ruine der Burg Deva, mit herrlichem Ausblick auf die Stadt und Umgebung, insbesondere auf das Maroschtal.
Hunedoara (Hotel: Rusca). Hunyade-Schloss mit Rittersaal und Kapelle, kürzlich renoviert.
Teliuc. Eisenerztagebau, Staudamm und See Cinciş (Motel Cinciş mit Badestrand).
Ghelar. Erstes Pădureni-Dorf. Alter Eisenerztagebau. Schöne Aussicht auf das Retezat- Gebirge.
Kammwanderung entlang eines „Fußes“ der Poiana Rusca über die Pădureni-Dörfer Ruda, Poieniţa Voinii, Bunila, Alun (Marmorsteinbruch) bis zu der höchstgelegenen Ortschaft Vadul Dobrii (1100 m).
Von Vadul Dobrii kann man entweder über Poiana Crivina und durch die Valea Morii auf einem schönen Waldweg nach Ruschiţa gelangen oder von Poiana Crivina auf die Rusca-Höhe (1356 m) steigen (guter Gesamtausblick auf die Poiana Rusca) und von da aus Ruschiţa erreichen.
Ruschiţa. Marmorsteinbruch. Per Schmalspurbahn oder Bus gelangt man durch das Ruschiţa-Tal abwärts nach Voislova, auf die Autostraße und zur Eisenbahnstrecke Karansebesch – Hatzeg.
„Eisernes Tor Transsylvaniens“. Abwärts gegen Hatzeg, vor der Ortschaft Zeicani, Gedenkkeule des Sieges Ioan Corvins über die Türken.
Sarmizegetusa (Camping). Historisches Museum, römisches Amphitheater und Forum.
Hatzeg (Motel Bucura). Reservation für Wisentzucht.

(Verlag Neuer Weg, Bukarest - Komm Mit 75, S. 123 – 129)

Seite Bildunterschrift
 
123 Die Hügellandschaft der Poiana Rusca.
124 Kartenskizze
125 Das Hunyade-Schloss in Hunedoara.
126 Wer die Einsamkeit liebt, zieht in diese Gegend.
127 Beim Heumachen.
129 Der Cincis-See, beliebtes Ausflugsziel der Hunedoaraer.
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