Durch den Bau der Transfogarascher Hochstraße sind die höchsten Gipfel der Karpaten
näher gerückt Bâlea wird internationaler Höhenkurort und Wintersportzentrum
Elegante Berghotels und 22 Kilometer lange Skipisten
von Michael Roth
Die Fogarascher sind bekanntlich nicht die kleinsten Berge in unserem Land. Etwas Höheres
als Moldoveanu und Negoi, beide gut über 2500 Meter, gibt es unter allem, was sich Berg
nennt, weit und breit nicht. Und nun wurde in dreijähriger, harter Arbeit, mitten durch ihr
Hoheitsgebiet eine breite und prächtige Straße gehauen, eine Hochstraße über und durch
die Fogarascher, die Siebenbürgen an seiner höchsten Stelle mit Muntenien verbindet.
Wer heute von der Nord- zur Südseite der Fogarascher Berge will, hinauf zum Bâlea-See
und über den Paltinul, muss dies nicht mehr in einem Zweitagemarsch auf Schusters
Rappen über den Berg oder auf einem Umweg von über 200 km mit einem Fahrzeug durch
das Alttal tun. In knapp zwei Stunden hat man die Strecke mit dem PKW auf einer modernen
Hochstraße zurückgelegt und eines der wildromantischsten Gebiete Rumäniens
kennengelernt, den An- und Ausblick der herrlichen Bergwelt der Karpaten genossen, tief
hinein ins Alttal mit seinen niedlichen Siedlungen geblickt oder auf die bewaldeten Hänge
des Argeşgebiets mit seinen tiefen Tälern, aus denen das Geblök der Schafe und die
Schalmeien der Rinderhirten herauftönen.
Es ist ein imposantes Werk, das Soldaten der rumänischen Streitkräfte, Bergleute,
Bauarbeiter und Bautechniker in dieser felsigen Einöde vollbracht haben. 2,5 Millionen Mann
/ Tage waren notwendig, um die Hochstraße (sie gleicht in ihrer Art den berühmten
Alpenstraßen) in den Berg zu sprengen. Nahezu zwei Millionen Kubikmeter Fels mussten
bewegt, 1,6 Millionen Kubikmeter Gründungsarbeiten durchgeführt, 180.000 Kubikmeter
Stützmauern errichtet, 28 Brücken und Viadukte und 550 kleinere Brücken gebaut sowie der
höchste Tunnel Rumäniens gebohrt werden. Natürlich stand modernste Technik zur Seite.
Aber wie oft half allein nur Menschenhand! Es wurden nicht selten Taten vollbracht, die ans
Heroische grenzen. Nun ist sie fertig, die Transfogarascher Hochstraße; im Herbst
vergangenen Jahres fuhren die ersten Ausflügler mit ihren Autos den Berg hinauf, durch den
Berg, den Berg hinunter.
Von der siebenbürgischen Seite: Auf der Asphaltstraße (E 15) Sibiu – Fogarasch macht kurz
vor Arpaş ein Schild auf die Transfogarascher Hochstraße aufmerksam. Man biegt nach
rechts ein, setzt den Weg durch Cârţişoara fort und ist nach wenigen Minuten bei der
Glajerie, der alten Glashütte. Hier begann nicht nur der ehemalige Aufstieg zum Bâlea, hier
nimmt eigentlich auch der siebenbürgische Teil der Hochstraße seinen Anfang. In unzähligen
Serpentinen windet sich die breite Straße hinauf zum Bâlea-Wasserfall, der ersten Raststätte
mit elegantem Berghotel und alter Schutzhütte. Wer hier halten will, eventuell einen Tag
verweilen, ist gut beraten. Von hier können wunderschöne Wanderungen unternommen
werden. Wer nicht bleiben will, setzt die Fahrt durch den Bâlea-Kessel weiter hinauf fort. Nun
beginnt der schwierigste Teil der Hochstraße. In terrassenförmig angelegten Serpentinen
klettert sie zum Bâlea-See (2040 m) hinauf. Hier sollte man unbedingt längere Zeit verweilen.
In der Schutzhütte findet man Unterkunft und Verpflegung und in der herrlichen Umgebung
ausgezeichnete Ausflugsziele. Dann öffnet sich plötzlich der Berg, und durch einen 889
Meter langen Tunnel (280 m unter dem Paltinul-Sattel) gelangt man auf die Südseite der
Fogarascher, in den Kreis Argeş, und fährt in langen Schleifen den Berg hinunter bis zum
Argeş-Wasserkraftwerk.
Von der muntenischen Seite: Auf der Autostraße Bukarest – Piteşti bis Piteşti und von hier
auf der Asphaltstraße nach Norden in Richtung Curtea de Argeş, einer alten Stadt mit
historischen Baudenkmälern und altem Fürstenhof. Nachdem das Städtchen passiert wurde,
geht es weiter nach Norden hinauf zum Stausee am Argeş und weiter bis Cumpăna, wo die
drei Bäche sich zum ehemaligen Argeş, dem heutigen Vidraru-Stausee vereinigen, der
unterhalb der Mauer durch den Berg fließt und sich teils in Elektrizität umsetzt, teils zum
Argeş rückverwandelt. Nun fahren wir bis zur Capra-Brücke und dann über Braia hinauf in
das Capra-Tal (Gämsental) bis zur Piatra-Neagră-Hütte und dann durch den Tunnel zum
Bâlea-See.
Es lohnt sich, diese Route zu befahren. Schon deshalb, weil man mit dem Auto die
Fogarascher durchquert und ein Stück herrlichster rumänischer Bergwelt kennenlernt. Noch
mehr lohnen wird es sich, in zwei Jahren das Bâlea-Gebiet zum Urlaubsziel zu machen.
Denn schon in diesem Jahr beginnt sich entlang der Trasse ein internationaler Höhenkurort
und ein Wintersportzentrum zu profilieren, das den höchsten Ansprüchen Rechnung trägt
und zu einem ernsten Rivalen der Schulerau (Poiana Braşov), Predeals und Sinaias
aufrücken wird. Für den Anfang baut man in unmittelbarer Nähe des Bâlea-Sees ein
Berghotel mit 150 Plätzen und eine Gaststätte (mit Terrasse) für 350 Gäste. Ähnliche Pläne
gibt es auch für Bâlea-Wasserfall.
Das Kernstück des zukünftigen Wintersport- und Erholungskomplexes Bâlea jedoch entsteht
unten bei der Glăjerie (alte Glashütte). Geplant sind Berghotels mit 1500 Plätzen,
verschiedene Sportanlagen, darunter auch ein Eislaufplatz und andere Folgeeinrichtungen,
die für einen internationalen Ferienort unerlässlich sind. Hinzu kommt noch ein 22 Kilometer
langes Skigelände (Bâlea-See – Glăjerie) und eine Kabinenseilbahn bis hinauf zum See.
Letztere soll schon in dieser Urlaubssaison den Betrieb aufnehmen.
(Verlag Neuer Weg, Bukarest - Komm Mit 75, S. 10 – 14)
Seite | Bildunterschrift |
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11 | Erholungs- und Wintersportzentrum Bâlea, wie es die Architekten geplant haben und wie es in einigen Jahren tatsächlich aussehen wird. |
12 | In unendlichen Windungen schlängelt sich die Transfogarascher den Berg hinauf. |
13 | „Tor der Begegnung“ tauften die Straßenbauer diesen Abschnitt. Er war einer der schwersten, die Mannschaften mussten von beiden Seiten dem Fels zu Leibe rücken. |