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„Stahlfeste“ und touristischer Knoten

Mit dem Auto und zu Fuß in die Reschitzaer Berge

von Georg Hromadka

Wo im Bersautal die Schlote rauchen, im zweihundertjährigen Reschitza (Reşiţa), ist das Sehenswürdige selbstverständlich eng mit der Industrie verknüpft. Aber sehenswert sind in der „Stahlfeste“ nicht nur die mitten aus der Altstadt herauswachsenden Hochöfen und die mächtigen Werkhallen am Waldrand (oder die riesigen Schlackenhalden, ununterbrochen tätige „Vulkane“, die mit ihren glühenden Lavamassen die Nacht erhellen), sondern doch wohl auch die Neubauviertel Lunca Bârzavei, Mociur, Moroasa und Lunca Pomostului, wo heute mehr als die Hälfte der Stadtbevölkerung wohnt.
Natürlich hat Reschitza auch sein Museum, das Kreismuseum, das über Geschichte und Vorgeschichte in diesem Teil des Banats Auskunft gibt. Ein Museum aber, wie es in dieser Art bei uns nicht mehr vorkommt, ist das Lokmuseum, ein Freiluftmuseum, in dem alle Typen von Dampflokomotiven der hundertjährigen Geschichte des Reschitzaer Lokomotivenbaus ausgestellt sind. Das Lokmuseum liegt zwischen den Vierteln Lunca Bârzavei und Mociur auf einem Gelände nah der Bahnstrecke und Straße.
Wer sehen will, wie Reschitza gewachsen ist, wie hier Stadt und Fabrik miteinander, aber auch Stadt und Fabrik mit dem Gebirge verwachsen sind, besteigt den Gol oder den Kreuzberg (das Kreuz erinnert an die Kämpfe von 1848; es steht dort, wo seinerzeit eine Kanone der Revolutionäre gestanden hat).
Die meisten Touristen jedoch, die mit dem Auto nach Reschitza kommen, haben für die lokalen Aussichtsberge keine Zeit. Sie sind auf der Durchreise. Ihre Ziele heißen: Franzdorfer Stausee (Văliug), Crivaia (Touristenhütte in Seenähe), Semenik (Erholungs- und Wintersportzentrum in 1400 Meter Höhe), Wolfsberg (Gărâna, 1000 Meter hoch gelegenes Bergdorf), Stausee „Drei Wässer“ („Trei Ape“) bei Weidenthal (Brebul Nou). Viele fahren zum nahen Stausee „Sekuler Brücke“ („Şura Ortacilor“). Asphaltstraßen haben alle diese Ziele der Stadt näher gebracht.
Schon in nächster Nähe (aber doch genug weit weg vom Qualm des Hüttenwerks) erheben sich aus den Wäldern einige sechs- bis achthundert Meter hohe Berge. Drei davon sind beliebte Ausflugsziele: Rankina, Ponor, Gika.
Die Rankina erreicht man auf einem sehr schönen und sehr bequemen Waldweg (im Rankinawald wiegen die Linden vor). Der Weg geht vom Touristenstrand aus (oberhalb der Endstation der Autobuslinie 4). In sanftem Anstieg schneidet er etliche Steiltäler und führt am Rankina-Kanal (Cantonul Ranchina, in der Nähe das „Wasserschloss“) vorbei zu den Rankinawiesen, wo man eine schöne Quelle vorfindet. Der höchste Punkt der Rankina, ein Wiesenplateau, liegt etwa hundert Meter über der Quelle. Die Fernsicht ist eher beruhigend als erregend. Sie ist „romantisch“.
Eine erregende Rundsicht bieten der Ponor, ein Achthunderter, und der Gika, ein Siebenhunderter. Die nördliche Zone des Banater Karsts, die Aninaer Berge mit ihren Kuppen und Zuckerhüten, die Ţarcu-Spitzen Brusturu, Căleanu und Ţarcu (vom Ponor aus bei klarem Wetter sogar ein Stück Retezat), die Werschetzer Berge (Jugoslawien) sind Objekte, die hoch stimmen.
Den Ponor erreicht man ausgehend vom malerischen Stavila-Viertel (Bushaltestelle Delamea) über folgende Stationen: Friedhofsgasse – Cruce (mit Blick auf Alt-Reschitza) – Triglowetz – Domaner Kreuz. Ein paar hundert Schritt hinterm Domaner Kreuz (Richtung SO) steigt man in der ersten Talfurche rechts zum Ponor. Der Berg ist stufenförmig gebaut. Die erste Stufe („Erster Ponor“) ist bald erreicht. Auch die zweite (mit östlichem Felsabsturz „Domisca“, Aussichtshöhe) fordert nur wenig Zeit. In einem westlichen Seitental haben hier Reschitzaer Amateurspeläologen vor kurzem eine Schachthöhle (Naturschacht), „Avenul Ponor II“, entdeckt. Anspruchsvoller ist der „Dritte Ponor“. Aber nach zweieinhalb Stunden Marsch (Delamea – Ponor) steht man auf dem Gipfelplateau am Rand einer Doline (mit Quell). Ein schönes Stück Karstlandschaft breitet sich westlich und südwestlich aus: „Dosu Ponorului“ (Kalkfelskulissen, Karstquellen).
Auch den Gika erreicht man in zwei- bis zweieinhalbstündigen Anstieg: ausgehend vom Domaner Platz („Piaţa Domanului“ in der Nähe des Hotels „Semenic“) über den Klokotitscher Berg (Aussicht über die Stadt hinweg bis zum Muntele Mic), am Klokotitscher Brünndl und Klokotitscher Kreuz vorbei, hinterm Kreuz links eine Obstwiese querend, in den Wald einbiegend und schließlich auf dem Waldkamm zu den Gika-Wiesen steigend (oben zwei ausgezeichnete Quellen).
Ein in kurzen Abständen verkehrender Autobus verbindet Reschitza mit den alten Bergdorf Cuptoare. In zwanzig Minuten ist man im hochgelegenen Dorf. Katzensprünge sind es dann von Cuptoare zum „Hollerberg“ (Fliederberg „Dealu Cârşii“) mit den „Sodoler Höhlen“ (die tiefste: „Gaura Turcului“ = Türkenloch) oder zur Piatra Albă, einer imposanten „Kalksteinbrandung“ am Nordostrand des Reschitzaer Karsts (in ihrer Nähe, in der Poiana Gropii, der gleichfalls von Reschitzaer Höhlenforschern entdeckte tiefste Naturschacht Rumäniens).
Wie sich die Zeiten geändert haben. Früher brauchte man, um in die berühmte Karaschklamm („Cheile Caraşului“) zu gelangen, drei Stunden. Heute erreicht man Kraschowa (Caraşova), das große und schön gelegene Kraschowänerdorf, mit dem Autobus in 40 Minuten. (Die Kraschowäner sind ein südslawischer Volkssplitter; sie wohnen in sieben Dörfern südlich, südwestlich und westlich von Reschitza; malerische Siedlungen, malerische Tracht.) In Kraschowa, „bei den Mühlen“ („La Mori“), betritt man den „Reitsteig“, einen schmalen, in den Fels gehauenen Weg, der entlang der kristallklaren Karasch tief hinein in die Klamm führt: vorbei an der „Fledermaushöhle“ und an den mächtigen Grad-Felsen (grad = Burg; eine Burgruine steht oben auf dem Berg) zur Prolas, einer Flußau am Fuß des Felsenberges Veliki Zabel, und vielleicht noch weiter flussaufwärts, dorthin, wo die Schlucht am wildesten und engsten ist (Strudelkessel „La Cotloana“ oder „La Cazane“, Ţolosu-Höhle, Peştera Porcului, Racoviţa-Höhle).
Nicht nur die Karaschklamm, auch die Gerlischter Schlucht (Cheile Gârliştei) ist näher an Reschitza herangerückt. Auch sie kann jetzt touristisch zur näheren Umgebung gerechnet werden. Tatsächlich bringt der Autobus den Ausflügler auf der Asphaltstraße Reschitza – Orawitza schon in weniger als einer Stunde nach Gârlişte. Am rechten Ufer des Gârlişte- Bachs (nicht am linken, wo ein Karrenweg entlangläuft) führt ein Pfad in einer halben Wegstunde zur Schlucht. Die großartigen Felsgebilde lassen nicht lang auf sich warten: die düstere Wand des Babanu Negru, der Tunnel, das Große Portal, unzählige Türme und Bastionen. Die Ereignisse klingen aber schnell ab, und der gänzlich verwilderte „Reitsteig“ (der nach Anina führt) mahnt zur Umkehr. Man tut gut, nach einer Stunde, vom Schluchteingang (besser gesagt: Ausgang) gerechnet, kehrtzumachen und beim Rückweg noch einmal die großen Brocken der Klamm zu bewundern. Auch ein Ausstieg aus der Schlucht (etwa beim „Großen Knie“, in der Nähe der Höhle „Peştera cu Apă“) ist möglich, aber nur trainierten Touristen zuzumuten. Man gelangt in diesem Fall (Richtung NO) zu den Kraschowänerwiesen der „Nowa Zarina“ und auf die Landstraße Kraschowa – Anina. Unvergleichlich schneller (in etwa einer Stunde) kommt man nach Kraschowa auf einem Weg unterhalb der Schlucht (Richtung N, dann NO) über die Obst- und Heuwiesen des „Jasownik“ – falls man sich nicht für die bequemste Variante entscheidet: über Gârlişte mit dem Autobus zurück nach Reschitza.

(Verlag Neuer Weg, Bukarest - Komm Mit 74, S. 235 – 239)

Seite Bildunterschrift
 
235 Kartenskizze
236 Wenn der Schnee nicht zu hoch ist, gelangt man auf dem Rankina-Weg auch im Winter in nur einer Stunde zum Gipfel.
238 Die bekannteste Höhle der Karasch-Klamm: die Fledermaushöhle.
239 Einer der „mächtigen Brocken“ in der Gerlischter Schlucht: das große Portal.
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