Eine geologische Exkursion mit Alfred C. Schuster
von Alfred C. Schuster
Sand- und Kalkstein, Schiefer, Gneis, Granit und Basalt sind nur einige Hauptkomponenten der Karpatenkette. Unter den vielen Gesteinen und Mineralien gibt es einige, die von Wissenschaftlern in unseren Gebirgen entdeckt wurden und in die geologische Fachliteratur eingingen. Die Namen dieser Gesteine und Minerale sind ein Zeugnis dafür. So heißt ein Ergussgestein Dazit (von Dazien) und Lotrit (von Lotru), Dognacskait (von Dognecea-Banat), Silvanit (von Transsilvanien), Sebesit (von Sebeş, das später als Tremolit bekannt wurde). Nagyagit, Telurit und Telur als Element, Füllöppit, Ludwigit, Petzit, Pseudobrookit u. a. sind auch Minerale, die zum ersten Mal in unseren Karpaten gefunden wurden.
Um eine Antwort auf die Fragen „Was finde ich wo?“ und „Wo finde ich was?“ zu erhalten,
müssen wir zur Fachliteratur greifen.
Wir nehmen also als erstes unser Geographiebuch Rumäniens zur Hand, aus dem wir als
Schüler viel gelernt und wenig behalten haben. Da steht nun schwarz auf weiß, dass der
Karpatenbogen auf rumänischem Territorium in die Ost- und Südkarpaten und das
Westgebirge geteilt ist. Das Banater Gebirge gehört zu den Südkarpaten, obwohl es
geologisch gesehen viele Gemeinsamkeiten mit dem Westgebirge hat. Wo ist die Grenze
zwischen den Ost- und den Südkarpaten? Darüber sollen sich die Geographen und
Geologen weiter streiten, und sobald sie sich geeinigt haben, teilt es Ihnen „Komm mit 1988“
oder „1999“ mit.
Die Ostkarpaten erstrecken sich von der nördlichen Landesgrenze nach Süden, in drei
Hauptketten, die von Flüssen der Länge und Breite nach durchschnitten werden und viele
größere und kleinere Massive bilden, die sich wie Perlen aneinanderreihen. Jede dieser
Ketten besteht geologisch gesehen aus anderen Perlen.
Die äußerste (östlichste) Kette wird Flyschzone genannt und ist am stärksten ausgebildet.
Geologisch schließt sie auch einen großen Teil der Moldauer und Ostmuntenier Vorkarpaten
ein. Was ist ein Flysch? Ein „Gemisch“ von Ton, Mergel, Sand- und Kalkstein, Konglomerat
und Breckzien, die wechsellagernd übereinanderliegen und eine Mächtigkeit bis zu 10 km
und mehr erreichen. Da finden wir keine außergewöhnlichen Handstücke, bloß hie und da
einen schön gefärbten Stein, dafür aber entschädigt uns die Landschaft, die von schroffen
Klippen bis zu sanft gewellten Bergrücken alles bietet. Das verdankt die Landschaft der
Härte des vorherrschenden Gesteins. Einige Massive der Flyschzone sind bekannt. Die
Obcina Mare, die Obcina Feredeului und der Tomnatec-Rücken im Norden mit ihren
architektonischen Kostbarkeiten, den Klöstern der Bukowina! Der Ceahlău, als höchster Berg
dieser Kette, ist nicht weniger bekannt und begangen. Dafür aber wird das Stănişoara-,
Berzunţ-, Ciuc-, Oituz-, Vrancea-, Buzău- und Teleajen-Gebirge kaum von Touristen
besucht. Flysch begegnen wir auch nördlich des Burzenlandes, und zwar im Perşani-,
Baraolt- und Bodoc-Gebirge.
Die mittlere Kette, auch Kristalline-Mesozoische Zone genannt, hat den ausgeprägtesten
Gebirgscharakter der Ostkarpaten. Maramureş-, Rarău-, Giumalău-, Bistriţa- und Hăghimaş-
Gebirge, deren Fundament aus kristallinem Gestein besteht, auf dem mesozoische
Sedimente, vor allem Kalkstein, lagern, erreichen Höhen, die sich der 2000-Meter-Grenze
nähern. Diese alle werden vom Rodna-Gebirge (2305 m) beherrscht.
Amphibole und Grünschiefer, Marmor, Schiefer verschiedenster Zusammensetzung
herrschen vor. Aber auch vom ganz feinkörnigen Albitgneis bis zu dem zentimetergroßen
Augengneis des Rarău sind alle Gesteinsarten anzutreffen.
Die mesozoischen Sedimentgesteine, Kalksteine, Konglomerat, Tonschiefer, Sandsteine und
andere des Rarău-, Tulgheş- und Hăghimaş-Gebirges erstrecken sich mit Unterbrechungen
bis nach Süden hin, wo sie majestätisch als Ciucaş, Hohenstein, Bucegi und Königstein die
Ostkarpatenkette abschließen.
Eingelagert in Sedimentgesteine, vor allem im Hăghimaş, finden wir einen rötlichen, grauen
oder grünen Jaspis, der geschliffen ein schöner Ornamentstein ist; aber auch interessante
Fossilien kann ein guter Beobachter mit nach Hause nehmen.
Am Innenrand der Ostkarpaten erstreckt sich von Sighetul Marmaţiei bis fast nach Braşov
die vulkanische Kette. Im Norden sind es das Oaş-, Gutâi- und Văratec-Gebirge mit seinen
reichen Bodenschätzen und schönsten Steinen unserer Karpaten. Bergkristalle, Pyrit, Gips,
Bleiglanz und Blende und viele andere weniger bekannte Mineralien aus diesen Bergen sind
der Stolz so mancher Museen und Sammler.
Das Căliman-, Gurghiului- und Harghita-Gebirge bildet den südlichen Teil der vulkanischen
Kette. Diesem Teil fehlen die schönen Steine, doch sind hier Vulkankegel mit riesigen
Kratern erhalten geblieben, die in der nördlichen, etwas älteren Kette vom Wasser
abgetragen wurden. Der höchste Vulkankegel ist hier anzutreffen – der Pietrosul Călimanului
(2103 m), in dessen Höhe eines der größten Schwefelbergwerke der Welt ausgebaut wird.
Der Krater des Pietrosul hat einen Durchmesser von mehr als 10 km, und so übertrifft dieser
sowohl an Höhe als auch an Kratergröße die im Süden gelegenen Vulkankegel und Krater,
den Funcele (1684 m), Saca (1777 m), Cucu (1558 m), Harghita (1801 m) u. a., deren
Kraterdurchmesser 3 – 9 km erreichen. Alle Krater, außer dem St.-Anna-Krater, sind von
Bächen nach außen geöffnet worden; der St.-Anna-See ist somit der einzige Kratersee der
Karpaten.
Das Gestein der Vulkankette ist aus erstarrter Lava, niederfallender Asche und vulkanischen
Bomben und anderen Pyroklastiten (Produkte der einst aktiv gewesenen Vulkane) gebildet.
Andesite verschiedenster Art und Farbe sind vorherrschend, aber auch Basalt, Dazit und
Riolit sind vorhanden. Auch heute noch sind diese einst aktiven Vulkane nicht ganz zur Ruhe
gekommen. Mineralwasserquellen, Fumarolen (Dampfaustrittsstellen) und Mofetten
(CO2-haltige Quelle) beweisen, dass im Innern noch keine Ruhe ist.
Die Südkarpaten sind hauptsächlich aus kristallinem Schiefern gebildet. Der verschieden
starke Umwandlungsgrad der einstigen Sediment- und vulkanischen Gesteine sowie die
verschiedenartige Zusammensetzung dieser Gesteine ist der Grund dafür, dass sich die
kristallinen Schiefer des Fogarascher, Ezer-Păpuşa-, Sebeş-, Căpăţâna-, Lotru-, Zibin- und
Semenik-Gebirges einerseits vom Leaota-, Parâng-, Vulcan- und Retezat-Gebirge sowie der
Poiana Rusca und den kristallinen Massiven des Banats anderseits unterscheiden. In
letztere drangen noch verschieden große Granitoidkörper ein, die zusammen mit den
eingedrungenen Gabbros, Peridotiten, Serpentiniten und älteren vulkanischen Gesteinen zur
petrographischen Vielseitigkeit dieser Massive beigetragen haben. Granaten, Disten oder ein
schöner Pegmatit, Gabbro, Serpentinit, Speckstein oder Marmor sind so das einzige, was
den Laien reizt, dafür können sich Kenner um so mehr an der Vielfalt der hier vorhandenen
metamorphen Gesteine erfreuen.
Die Eigenheiten der verschiedenen Massive sind nicht nur der Vielfalt der kristallinen
Schiefer zuzuschreiben. Im Fogarascher, Parâng-, Ezer-Păpuşa- und zum Teil im Lotru-
Gebirge waren es hauptsächlich die Gletscher und Flüsse, die den Bergen ihr heutiges
Antlitz gaben, während im Căpăţâna-, Vulkan- und Oslea-Gebirge, dem kleinen Retezat
sowie im Banater Bergland zwischen Godeanu und der Donau die jüngeren
Sedimentgesteine, vor allem Kalkstein, diejenigen sind, die das Bild der Berge bestimmen.
Das Westgebirge. Ein Geologe sagte: „Was wir im ganzen Land verteilt finden, liegt im
Westgebirge auf einer handgroßen Fläche.“ Alle Gesteinstypen, die im Karpatenbogen
vorhanden sind, finden wir auch im Westgebirge. Granite und Granodiorite am Muntele
Mare, Gabbro und Ofiolite die Marosch entlang, alle Arten von Ergussgesteinen von Deva
bis hinauf nach Baia de Arieş; kristalline Schiefer, die überall auftreten und
verschiedenartigste Sedimentgesteine, von denen wieder der Kalkstein der imposanteste ist.
In diesen hat sich das Wasser Höhlen gewaschen, von denen einige großen Ruhm erlangt
haben.
Gold und Silber, Gips und Kohle, Aluminium und Kupfer – fast alles finden wir in diesem
sowohl geologisch als auch geographisch vielseitigen Gebirgsstock.
Und nun einiges über das Alter der Karpaten. Hier müssen wir vor allem zwischen dem Alter
des Gesteins und dem Alter der Gebirgsbildung unterscheiden. Die Karpaten als Gebirge
begannen sich vor rund 100 Millionen Jahren aus dem Meer zu heben. In der Eiszeit wurden
sie von Gletschern bedeckt, die durch ihre Wanderung zu Tal, alten Bachläufen entlang das
heutige Antlitz der Berge prägten. Das Wasser der Flüsse und Bäche gaben und geben
diesem Gesicht den letzten Schliff und tragen so viele Steine dieser Berge als Sand und
Schlamm dem Schwarzen Meer entgegen, bis auch die Karpaten klein und runzelig werden
wie das Gebirge der Dobrudscha, das 300 Millionen Jahre vor den Karpaten da war.
Das Alter des Gesteins ist viel verschiedener. Die ältesten kristallinen Schiefer sind rund 1
Milliarde Jahre alt, während ihre jungen „Artgenossen“ nur das Alter von 300 Millionen
Jahren haben. Der Granit des Parâng und Retezat erstarrte vor rund 550 Millionen Jahren,
während einige Granite des Banater Berglandes, der Poiana Rusca und das Westgebirge
bloß 70 Millionen Jahre alt sind. Die ältesten Sedimentgesteine sind rund 450 – 500
Millionen Jahre alt, die jüngsten werden heute noch als Flussterrassen abgelagert. Vor 200
Millionen Jahren und noch früher waren Vulkane genauso aktiv wie zu den Anfängen der
Eiszeit, als die letzten Vulkanfeuer den Karpatenhimmel röteten.
Die ältesten gefundenen Fossilien, Sporen und Schwämme sind älter als 600 Millionen
Jahre, während die jüngsten Fossilien, in Höhlen gefundene Menschenknochen, bloß
600.000 Jahre alt sind.
(Verlag Neuer Weg, Bukarest - Komm Mit 73, S. 249 – 254)
Seite | Bildunterschrift |
---|---|
250 | Der Ceahlău, die Felsenburg der Ostkarpaten. |
252 | Hart wie Granit – der Retezat. |
254 | Von weicher Welle bis zu schroffem Stein – das Westgebirge hat alles. |