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Halali in den Karpaten

Meister Petz gehört nicht der Sagenwelt an
Einladung auf eine Bärenjagd

von Dipl.-Ing. Rudolf Rösler

Der Gürtel der Karpaten, der wie ein riesiges Rückgrat Rumänien durchzieht, ist das Traumland so mancher Hubertusjünger. Bären, Wölfe und Luchse, Rotwild und Schwarzwild, Gams und Auerhahn bieten hier ununterbrochene Jagdzeiten, und so mancher Jäger erprobte sein Weidmannsglück in den Urwäldern unserer wildromantischen Karpaten.
Der Traum jedes „Grünrocks“ ist wohl eine Begegnung auf der Karpatenwildbahn mit dem urigen Recken unserer Jagdfauna – dem Braunbären. In vielen Ländern Europas gehört Meister Petz schon längst nur noch der Sagenwelt an. In Rumänien hingegen, dank einer weidgerechten Einstellung diesem Wild gegenüber, ist der Bärenbestand in den letzten 25 Jahren ununterbrochen gestiegen. Schätzungsweise leben heute in den rumänischen Karpaten ungefähr 4000 Bären, also 1,25 Stück pro 1000 ha Wald. Dieser Bestand wird als normal und tragbar für unsere Reviere angesehen.
Schon Amianus Marcellinus (um 330 – 400 v. u. Z.) erwähnt mehrmals die weitausgedehnten Urwälder unseres Landes und nennt Siebenbürgen ein wahres „Bärenland“. Das zahlreiche Vorkommen des Bärwildes wird in unzähligen Chroniken verschiedener Gebiete erwähnt. Ich möchte aus Burzenländer Chroniken einiges anführen, woraus zu ersehen ist, wie oft hier der Bär – der durch Populationsdichte, Stärke und Dreistigkeit eine achtungsvolle Stelle einnahm – der Viehzucht großen Schaden zufügte. Wie aus der Stadthannenrechnung vom Jahre 1550 zu ersehen ist, wurden in der Zeitspanne vom 21. September bis 20. Oktober allein in Neustadt (Cristian) 25 – 30 Bären erlegt. 1585 wird am 10. November ein in die Stadt Kronstadt (Braşov) eingedrungener Bär in der Johannis-Neugasse getötet. 1623, am „7. Octobris ist ein großer Bär fürm Tor fürüber und über den Martinsberg gegangen, und bis man ihn erlegt, hat er 8 Personen verletzet“, vermerkt der Chronist. „1664, 24. September kommen etzliche Bären, groß und klein, 21 bis in die Altstadt und in die Gärten, thun großen Schaden und verletzen auch viele Menschen. Den 8. Oktober, von denen oben erwähneten Bären ist ein schrecklich großer über die Massen zu verwundern von 30 Jahren (wie man saget) im Galgweiher mit großer Mühe erschlagen worden, dabei auch etzliche Mannspersonen mit Pixen sein verletzt worden“.
Solche und ähnliche Aufzeichnungen sind auch in Chroniken anderer Gebiete Siebenbürgens häufig. Schässburg (Sighişoara) zahlte zum Beispiel noch im Jahre 1625 für die Vertilgung eines Bären die Prämie von 50 Denaren. Reich an Bärwild war und ist auch heute noch das Nösnerland. Im Jahre 1510 erbauten die Windauer auf ihrem Hattert einen mächtigen Zaun „Bärenhang, septum ursinum“ genannt – bis auf den Schenkenberg, um das weidende Vieh vor dem Angriff der zahlreichen Bären zu schützen. 1566 erweitern die Windauer diesen Zaun, um auch ihre neuen Rodungen einzuschließen.
Durch die rücksichtslose Bekämpfung des Bären ging der Bestand zahlenmäßig sehr zurück, so zum Beispiel wurden 1852 im Hermannstädter Distrikt (eingeschlossen die Filialdistrikte Bistritz und Kronstadt – Braşov) 15 Bären und im Jahre 1853 13 Bären erlegt. In der Zeitspanne 1885 – 1894 wurden im Komitat Kronstadt (Braşov) jährlich durchschnittlich 7 Bären erlegt. Für das Jahr 1929 wird der gesamte Stand von Bärwild im Burzenland (Königstein, Bucegi, Hohenstein, Ciucaş) auf etwa 30 – 40 Stück geschätzt.
Im Jahre 1921 wird das neue rumänische Jagdgesetz eingeführt, durch welches nun das Bärwild – das früher Freiwild war – teilweise unter Schutz gestellt wird, und zwar: Der Bär kann aufgrund einer Abschussbewilligung, die vom Ministerium ausgestellt wird, gejagt werden. Das Erlegen führender Bärinnen (also mit Jungen) sowie der Jungbären bis zum Alter von zwei Jahren ist streng untersagt. Gleichzeitig wird die Bärenjagd am Luderplatz (Stelle zum Anfüttern von Wild) und am Winterlager verboten.
Durch diese Sondermaßnahmen hob sich der Bestand des Bärwildes zusehends, doch in den ersten Nachkriegsjahren – da die Jagdgesetze mehr oder weniger eingehalten wurden – ging die Zahl der auf freier Wildbahn lebenden Bären sprungweise zurück. Die Hegemaßnahmen, die in den letzten zwanzig Jahren weidgerecht eingehalten wurden, führten nun wieder zu einem normalen, tragbaren Bärwildbestand.
Als Raubwild hat der Bär selbstverständlich eine kurze Schonzeit – vom 16. Januar bis zum 1. März. Doch die beste Jagdzeit ist der Herbst. Im Herbst. wenn der Karpatenwald mit seinem bunten Blättergewand wie ein verliebter Birkhahn protzt, beginnt die Zeit der unvergesslichen Treibjagden auf Bärwild, und nicht selten wird dabei auch manch kapitaler Keiler zur Strecke gebracht. Die wohl erlebnisreichste Jagd ist eben die Treibjagd mit Treibern und Hunden, die meistens unter der Gunst der Jagdgöttin Diana steht. Diese Gunst ist leicht zu erklären:
Wie bekannt, ist das Normalverhalten einer Art nicht starr; der Bär ist standfest in seinem normalen Lebensraum, doch verlässt er zwangsweise sein Biotop und unternimmt weite Wanderungen, die durch Nahrungsmangel bedingt sind. Diese Migrationserscheinungen sind vorwiegend im Herbst (September – Oktober) zu beobachten, da zu dieser Jahreszeit – insbesondere in reichlichen Fruktifikationsjahren der Wild- und Kulturobstarten, der Buche oder Eiche – das Bärwild aus dem Hochgebirge in das niedere Hügelland (bis 300 m) hinabwechselt. Die wohl größten Herbstkonzentrationen in den rumänischen Karpaten sind im Nösnerland (Kreis Bistritz-Nassod) zu verzeichnen, wo auf einer Fläche von 300 – 400 ha bei Treibjagden 80 – 100 Bären aufgebracht wurden (Budaktal).
Zu Winterbeginn (November oder Dezember), nachdem das Bärwild genügend Feist angesetzt hat, um den langen Winter zu überstehen, wechselt es wieder in das Hochgebirge, wo es das Winterlager bezieht. Früher wurde der Bär auch im Winter, am Lager (der „Gaura“ oder Bärenhöhle) gejagt, doch unsere neuen Jagdgesetze untersagen diese Jagdart, da der Bestand des Bärwildes durch diese Praktik negativ beeinflusst wird (das Geschlecht kann bei Bärwild nicht durch Ansprechen bestimmt werden, und so würde manche tragende oder führende Bärin erlegt werden). Wie bekannt, steht die führende Bärin (also mit Jungen) unter Jagdschutz. Nun hat das Bärwild seine verdiente Ruhe, und kein Grünrock stellt ihm nach.
Doch im Frühjahr (April – Mai), wenn die ersten Frühlingsblumen in den Wäldern der Karpaten ihre farbigen Kelche öffnen und das Auer- und Birkwild balzt, beginnt in den urigen Revieren der Karpatenwelt ein reges Treiben. Meister Petz schüttelt seine zerzauste Winterdecke (Pelz) und sucht sich ein sonniges Plätzchen auf einer nahegelegenen Alm- oder Waldwiese, um die ersten Sprossen des grünenden Grases zu genießen. Nun unternimmt das Bärwild kurze Wanderungen in den nahegelegenen Revieren, um seinen wahren Reckenhunger zu stillen.
Selbstverständlich verursachen Bären in dieser Zeitspanne beträchtlichen Schaden, hauptsächlich durch das Brechen der jungen Obstbäume und Knicken der Äste älterer und stärkerer Bäume.
Doch für die Jünger der „Grünen Gilde“ sind diese Tage der unvergesslichen Hochwildjagd eine willkommene und weidgerechte Abrechnung mit so manchem „Frate Nicolae“ (volkstümliche rumänische Bezeichnung für Meister Petz – Anm. d. Red.), dem nun sein Lebensfaden jäh – durch einen gut gezielten Schuss – abgeschnitten wird. Die Bären- Treibjagden werden in Rumänien von einem gut geschulten Jagdpersonal organisiert und geleitet. Den Jagdgästen stehen entsprechende Jagdhütten zur Verfügung, die in den meisten Revieren in der Nähe eines guten Forstweges gebaut wurden.
Auf einsamen Waldwiesen, zu denen heimliche Jagdpfade führen, sind Hochsitze gebaut worden, in deren Nähe ein Luderplatz eingerichtet ist (gut verankerte und halb vergrabene Pferdeluder werden dazu verwendet). Diese Luderplätze werden unter ständiger Beobachtung durch das Jagdpersonal gehalten, und sobald ein abschussgeeigneter Bär das Luder annimmt, wird die so stark gefragte Abschussbewilligung genehmigt. Nun gilt es, am Luder anzusitzen, um den Bären auf die Decke zu legen.
Die Jagd vom Hochsitz am Luderplatz ist weniger anstrengend und verspricht sicheren Erfolg. Sie wird deshalb solchen Jägern empfohlen denen weniger Freizeit zur Verfügung steht.
In Bezug auf Schöne und Größe der Bärendecke stehen die rumänischen Karpatenbären bekanntlich an führender Stelle in Europa. Dafür zeugen die Prämien, die unser Land anlässlich der internationalen Jagdausstellungen erzielt. Auf der letzten in Budapest abgehaltenen Jagdtrophäenweltausstellung (1971) errang Rumänien den Weltrekord sowohl für Bärendecke wie auch für Bärenschädel.

(Verlag Neuer Weg, Bukarest - Komm Mit 73, S. 235 – 239)

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238 Wildschwein, Fuchs und Hirsch – in der Banater Hecke zu Hause.
239 Kimme, Korn und Brot
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