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Die Turda-Klamm

Über Hängebrücken in ein Schattenreich

von Lia Gross

Wer an einem klaren Tag die Eisenbahnstrecke Teiuş – Cluj befährt, sieht westlich von Câmpia Turzii in der Ferne einen tiefen V-förmigen Einschnitt in den Berg. Das ist die Turda- Klamm (Thorenburger Schlucht, Cheile Turzii). Sie ist eine der größten, schönsten und bekanntesten Klammen unseres Landes. Die Pflanzen, die hier wachsen und zum Teil spezifisch für diese Gegend sind, die Vielfalt an Schmetterlingen, die zahlreichen Höhlen haben dazu beigetragen, dass dieses Karstgebiet unter Naturschutz gestellt wurde.
Nur 7 km von Turda entfernt, ist die Klamm ziemlich leicht zu erreichen. Ein Fahrweg führt bis zur Hütte, die am Eingang zur Schlucht liegt, ein massiver Steinbau, einem Schlösschen ähnlich. Busse führen den Wanderer bis Cheia diesseits oder Petreşti jenseits der Klamm. Der Rest des Weges muss dann zu Fuß zurückgelegt werden. In höchstens einer Stunde ist man am Ziel. (Von Turda kann man auch zu Fuß kommen, man braucht 2 – 2 ½ Stunden auf dem mit rotem Kreuz markierten Weg.) Wer von Cheia kommt, sieht lange nichts von der Schlucht. Der Weg führt langsam, aber stetig bergauf, und der Hügel, der erklommen werden muss, versperrt jegliche Aussicht. Ist man aber endlich oben, so ist die Überraschung umso größer, der Eindruck umso überwältigender: plötzlich hat man die Klamm in ihrer ganzen Pracht vor sich. Tief unten sieht man auch die Hütte liegen, auf einer großen Wiese, am Ufer des Hăşdate-Bachs, der die Schlucht durchfließt.
Der Weg durch die Klamm kann nur zu Fuß zurückgelegt werden; es ist ein schmaler Pfad, zum Teil in den Felsen gehauen, der bald an dem einen, bald an dem anderen Ufer des Bachs verläuft. Zahlreiche Hängebrücken stellen die Verbindung her. Hier ist es immer schattig und kühl, die stellenweise steilen und glatten Kalksteinwände scheinen in den Himmel zu wachsen. Dennoch darf man sich diese Schlucht nicht wie einen Weg zwischen zwei hohen Wänden vorstellen. Kein Vergleich mit der beklemmenden und erdrückenden Enge der Bicaz-Klamm. Die Turda-Klamm ist viel offener, hat Nebentäler und –tälchen, hat in ihren Felswänden zahlreiche Höhlen, und sowohl am Grunde der Schlucht als auch auf den Hängen wachsen viele Pflanzen. Es ist ein besonderes Erlebnis, das Durchwandern dieser etwa 2 km langen Schlucht, das unmittelbare Wahrnehmen ihrer Wildheit, in der sich so viele Naturschönheiten verbergen.
Nach der düsteren Enge der Klamm nimmt man das liebliche Tal, das sich am Ende des Weges ziemlich übergangslos vor einem ausbreitet, das Licht, den warmen Sonnenschein wie ein kleines Wunder wahr. Das Panorama, das die Klamm von dieser Seite aus bietet, ist zwar nicht so bekannt wie das bereits „klassisch“ zu nennende Bild der Vorderansicht mit Hütte, steht ihm aber um nichts nach. Nach kurzer Rast, nachdem man nach Herzenslust Umschau gehalten hat, ist der Rückweg fällig. Die Frage: „Welchen Weg wählen wir?“ stellt uns vor eine schwere Entscheidung: nochmals durch die Klamm, um auch das zu sehen, was uns auf dem Herweg entgangen ist, oder aber über den Berg, um auch einen Blick von oben in diese interessante Karstlandschaft zu werfen?

(Verlag Neuer Weg, Bukarest - Komm Mit 73, S. 165 – 167)

Seite Bildunterschrift
 
166 Oben ist der Übergang von Grün zu Grau nicht so abrupt.
167 Schwer bezwingbar erscheint der Felsriegel am unteren Eingang der Schlucht.
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