In der Karasch-Schlucht ist eine Höhle, die heißt die Pesthöhle. So wie eine Musik hört man
darin die Wassertropfen fallen.
In dieser Höhle versteckten sich die Leute vor der Pest. So habe ich es gehört, so haben es
die Alten erzählt. Nach dem Türkenkrieg, glaube ich, war die Seuche ins Land gekommen.
Es waren ihrer viele, es waren die Leute von mehreren Dörfern, die sich dort versteckten. Sie
tanzten in der Höhle – hielten Majalis! (Frühlingsfest)
Da kam die Pest zu ihnen und tötete sie alle!
Ein Junge war von der Höhle zur Karasch hinabgestiegen, um Wasser zu holen. Da kam zu
ihm ein garstiges schwarzes Weib. Sie war groß, sie hatte Brüste so groß wie Mehlsäcke.
Sie konnte ihre Brüste über die Schulter auf den Rücken werfen. Sie fragte den Jungen: „Wo
ist das Volk?“ (Es war die Pest in weiblicher Gestalt.) Sie versprach dem Jungen, dass er
von der Seuche verschont bleiben soll, und versprach ihm auch eines von den Mädchen in
der Höhle, wenn er ihr die Höhle zeigt. Da führte der Junge sie zur Höhle. Sie schaute nur
hinein zum Höhleneingang – und es starben alle. Mit ihrem Blick, mit ihrem Hauch tötete sie
alle.
Nur der Junge blieb am Leben und das Mädchen, das die Pest ihm versprochen hatte. Er
hatte sich die Schönste ausgewählt, aber die Pest gab ihm nicht die, die er sich ausgewählt
hatte, sondern eine andere, garstigere.
Vieles ist geschehen, seitdem die Welt besteht!
(Verlag Neuer Weg, Bukarest - Komm Mit 73, S. 275)