Skispuren in die Vergangenheit / Anfänge und Entwicklung des weißen Sports in Siebenbürgen
von Erhard Mathias
„…und nach einer weiteren halben Stunde standen wir oben auf der Frumoasa, 2156
m hoch. Auf unsere Bergstöcke gelehnt, standen wir in minutenlangem Schweigen
und bewunderten das Landschaftsbild.
Der aus dem tiefdunkelblauen Himmel hervorglühende Sonnenball übergoss die
schier unendlich erscheinende Gebirgswelt mit einer blendenden Fülle von
Lichtstrahlen, wie in Silberbrokat gehüllt schimmerten die Kuppe an Kuppe vor
uns aufgetauchten Zoodtgebirge: Piatra Albă, Ştefleşti,
Conţu Mare, Conţu Mic, wie sie alle heißen, weiter dahinter in
ungezählter Menge die Spitzen der rumänischen Berge
(Căpăţâna-Gebirge), unmittelbar zu unseren Füßen das
700 m tiefe Mühlbachtal mit seinen smaragdgrünen herrlichen Fichtenwäldern,
weiter nach Westen blieb der Blick hängen an den gewaltigen Formen des
Parâng, dann des Retezat- und Vulcan-Gebirges, mäßig diesen vorgelagert
der Vârful Capra, Vârful lui Pătru, Şurian usw. Aus
dem Nordwesten schimerten die weißen Höhen des Erzgebirges, aus dem Norden der
Ţibleş, das Kuhhorn (Ineu), im Osten die Konturen der Harghita, im
Südosten die wild zerrissenen Kämme des Fogarascher Gebirges herüber. Inmitten
dieser blendenden Einfassung lag zu unseren Füßen ganz Siebenbürgen wie eine
riesenhafte Reliefkarte ausgebreitet, die Täler durch leicht hingehauchte
Dunstassen markiert.“
Der Text entstammt dem Bericht „Auf Schneeschuhen über das Zibinsgebirge“,
erschienen 1895 im 15. Jahrbuch des Siebenbürgischen Karpatenvereins. Der Autor
des Berichts war kein geringerer als der österreichische Offizier, berühmte
Tourist und Bärenjäger Andreas Berger (Bergerscharte nach ihm benannt), den
Jagd- und militärische Interessen bewogen, diesem aus Norwegen importierten
Sport zu huldigen.
Man soll sich nun ja nicht einen perfektionierten, gut ausgerüsteten Skifahrer
vorstellen. Die Ausrüstung war für unsere Begriffe mehr als primitiv: über 2 m
lange Skier mit rudimentärer Riemenbindung, ein einziger Stock, etwa 2 m lang.
„Bergstock“ genannt. Erst nach der Jahrhundertwende (1910) wurden zwei Stöcke
und etwa 1,80 – 1,90 m lange Skier mit der Zdarsky- oder Bilgeribindung
verwendet. Auch von einer Skitechnik konnte noch keine Rede sein:
„…der Anfänger bremst mit seinem Stocke und vermag die Schnelligkeit nach Belieben zu regeln, im Notfalle, wenn auch die Bremse versagt, lässt er sich einfach zur Seite hinfallen, auf dem elastischen oder gar weichen Schnee tut sich keiner weh, unangenehm ist nur das wieder auf die Beine kommen, die verdammten Gleithölzer scheinen sonderbarerweise oft einen eigenen Willen zu haben…“Umso erstaunlicher muten die damaligen Leistungen an, wahre Gewalttouren, die damals für unser Land einzig waren:
Der HSK aktivierte zunächst auf der Poplaker Heide, auf dem Götzenberg, der
Hohen Rinne (Păltiniş) und später auf der Prejbă, auf
Bâlea, Negoi, Bărcaciu usw. Hier einige der bedeutendsten
Ereignisse aus dieser fast drei Jahrzehnte währenden Tätigkeit:
Ab Winter 1911/1912 mussten alle Hüttenwarte Ski fahren lernen;
Winter 1913/1914: Abholzung und Herrichtung der Onceşti-Skibahn; erster
lokaler Wettkampf bestehend aus Langlauf und Hindernislauf für Senioren und eine
leichtere Strecke für Seniorinnen, die damals in langem Rock antraten.
Der HSK machte den Versuch, eine Siebenbürgische Skiförderation zu gründen. Der
erste Weltkrieg vereitelte diese Bemühungen. Nach dem Krieg, der Zeit der
zaghaften Wiederbelebungsversuche, war es E. Krawieczky, einem jungen,
energischen Skifahrer, zu verdanken, dass auf der Poplaker Heide wieder
öffentliche Skikurse abgehalten wurden. Seiner Organisationsgabe war es zu
verdanken, dass sich die Kurverwaltung der Hohen Rinne 1926 für den ersten
Winterbetrieb entschloss. Es wurde sowohl sportlich als auch finanziell ein
glatter Erfolg. Jeder Kurgast konnte an einem Skilehrgang teilnehmen, was dem
Kurbetrieb und natürlich auch dem Sport großen Aufschwung brachte. Nach den
Skikursen fanden gewöhnlich Wettkämpfe statt, bestehend aus Langlauf (12 und 18
km) und Slalom für Senioren und Seniorinnen, Junioren und Juniorinnen (Schüler).
Als Prämien gab es Skier, Rucksäcke, Skischuhe u. a.
Das Jahr 1926 brachte für den Skisport der Stadt durch die Aufnahme von jungen
talentierten Skifahrern in die Reihen des HSK eine starke Auffrischung. Die
Leitung übernahm Turnprofessor A. Fels. In diesen Jahren hatte die Hohe Rinne
schon die für Wettkämpfe geeignete Skipisten: die heutige Onceşti-Bahn,
die Găuşoara-Wiese und eine heute verwachsene Piste für
Spezialslalom vom Onceşti ins Stezii-Tal.
Winter 1930/1931: Erster Skifilm „Skiausflug auf den Bulea“, für Lehrzwecke und
Sportreklame gedreht;
1933/1934: Herrichtung der Schneise bei der Bărcaciu-Hütte, die auch
heute noch ihren Zweck erfüllt;
1934: B. Müller und W. Zacharias machten den geeigneten Platz für eine
Sprungschanze ausfindig, mit deren Bau unverzüglich begonnen wurde. Mit einer
Länge von 210 m gestattete sie Sprünge von 35 m Weite;
1935 fanden auf der Hohen Rinne größere Wettkämpfe statt: am 17. Februar
Langlauf und am 24. Februar Sprungwettkampf, Slalom und Familienabfahrt. Die
Sprungschanze verfiel nach dem zweiten Weltkrieg;
1937 – 1939 wurde ein Skifahrer der Stadt, W. Zacharias, Landesmeister in
Slalom, Abfahrt und alpiner Kombination.
Landesmeisterschaften wurden selten organisiert, so im Winter 1934/1935 auf der
Hohen Rinne, und zwar Langlauf und Stafette im Frühjahr und 1938 Slalom, Abfahrt
und alpine Kombination auf dem Bulea.
1939 übernahm der HSK die neue Prejbă-Hütte, wo nun auch Skitouren und
Wettkämpfe abgehalten wurden. Diesem Aufschwung bereitete der zweite Weltkrieg
ein jähes Ende.
Nach dem Krieg setzten die Sportklubs der Industriebetriebe diese Aktivität in
neuem Rahmen fort. In dieser Zeit machte sich besonders T. Boerescu, der heutige
Leiter des Bergrettungsdienstes, um den Aufschwung des Skisports in diesem
Gebiet verdient.
Und damit wären unsere Skispuren in der Gegenwart angelangt.
(Verlag Neuer Weg, Bukarest - Komm Mit 72, S. 285 – 288)
Seite | Bildunterschrift |
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287 | November 1910: Mit Stock und zwei Brettern in den Fogaraschern. |
288 | Hohe Rinne, Winter 1912/1913: Die Damen traten im Maxi an. |