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Rast auf dem Talmescher „Stein“

Eine kleine Bergpartie mit großem Ausblick

von Erika Schneider

„Zum Stein“ heißt die Felskuppe, die sich, massiv und gedrungen, südöstlich über Talmesch erhebt, als wolle sie Zoodt und Zibin, die sich hier vereinigen, überwachen und sie auf ihrem gemeinsamen, nur noch kurzen Weg bis zum Alt begleiten.
Der „Stein“ ist nur das erste Glied einer Kette von 500 – 650 m Höhe, die von Talmesch ausgehend westostwärts entlang des Zibins und Alts verläuft. Diese Kette bildet zusammen mit der südlich vom Zibin gelegenen Landskrone und dem Wartberg ein Trio, das unter dem Namen „Konglomerate von Talmesch und Podul Olt“ bekannt ist.

Die in alten Schriften oft als „Talmatscher Nagelflue“ erwähnten Konglomerate sind Ablagerungen des Torton genannten geologischen Zeitalters (Jungtertiär). Das Wasser hat diese Schichten freigelegt. Wind und Wetter haben weiter an ihnen genagt und ihnen ihre heutige Gestalt verliehen. Unerbittlich hat sich der Zibin seinen Weg durch die Mauer dieser Schichten eingegraben und die kleine Zibinsklamm zwischen „Stein“, Bătătura und der Landskrone geschaffen, die Brückenpfeilern gleich einander gegenübergestellt sind. Etwas einsamer steht der Wartberg mit seinem dachartig verlaufenden Kamm und der nach Südosten gegen Turnu Roşu steil abfallenden Wand da.
Aus Talmesch gelangt man über die Zibinsbrücke in wenigen Minuten auf die kahle Bergkuppe „Zum Stein“, die eine schöne Aussicht über Talmesch, das untere Zoodttal und den südlichen Teil der Zibinssenke bietet. Vom Stein führt der Weg über eine schöne Bergwiese und durch alte Eichen- und Weißbuchenbestände auf die Bătătura und anschließend zur Crăpătura-Schlucht, deren Steilwände sich über dem Bahnhof von Podul Olt erheben. Die Crăpătura und den rechts von ihr gelegenen Berg Piatra Chiorului kann man auch auf dem Direktweg von der Bahnstation Podul Olt oder von der Straße aus, die unter diesen Berglehnen und Steilhängen entlangführt, erreichen.
Über den Steilhängen der Piatra Chiorului kann man, im Schatten knorriger Eichen sitzend, weit ins Land hinaus blicken. Silbrige Bänder zerschneiden die Au. Der Alt fließt träge dem Rotenturmpass zu und wird unter dem Wartberg vom Zibin ereilt. Etwas rascher strebt der Sebeşer Bach seinem Ziel entgegen. Weite Schlingen legen hier auch die Eisenbahnschienen, die nach links der Fogarascher Senke und nach rechts dem Rotenturmpass zustreben. Der Blick schweift über den alten Bergriesen Surul, der sich in seiner ganzen Pracht sehen lässt. Er ist das erste Hauptglied der langen Fogarascher Gebirgskette, die wir nach Osten hin in ihrer ganzen erhabenen Schönheit verfolgen können. Wie Stützpfeiler liegen die Eozän-Kalkablagerungen unter den hochstrebenden Bergen. Der Eozänkalk von Turnu Roşu (Porceşti) gehört mit seinen bedeutenden Fossilienfunden – Schnecken, Muscheln, Stachelhäutern, Haifischzähnen – zu den bedeutenden paläontologischen Reservaten unseres Landes.

Botanische Überraschungen

Die Bergkette zwischen dem Stein und der Piatra Chiorului bietet dem Wanderer eine Reihe von Überraschungen. Die steilen Felshänge mit Spalten, Racheln, Bändern und Kuppen ebenso auch der darüberliegende, wärmeliebende Eichenwald und der bis zu den offenliegenden Felsen herabreichende Buschwald sind Zufluchtsorte für eine Reihe von Pflanzen und Tieren, die aus verschiedenen Zeitepochen stammen und teils südlicher (mediterraner), teils östlicher Herkunft sind. Die Grüne Lotwurz (Onosma viride) vom Stein, mit ihren feinen, hellgelben Glöckchen, gehört zu den endemischen Arten unserer Flora. In den Büschen entfaltet die ruthenische Schwertlilie ihre Blüten. Den Waldrand ziert oft der blaurote Steinsame (Lithospermum purpureo-coeruleum). Im Eichenwald ist als Seltenheit die Schmerzwurz (Tamus communis), eine mediterrane Schlingpflanze, anzutreffen. Auch die Siebenbürgische Eiche mit ihren ledrigen Blättern und den knäuelartig angeordneten Eicheln ist hier zu Hause. Elsbeere, Silberlinde und gemeine Pimpernuss sind als wichtige Arten des Buchwaldes zu nennen. An heißen Sommertagen begleiten uns als Wandermusik die schrillen Töne der südlichen Eschenzikade (Tettigia orni), die mit ihrem „Gesang“ alle anderen Insekten übertönt.

Die Landskrone

Gleich hinter Talmesch, das Dorf links lassend, windet sich die Asphaltstraße Sibiu – Râmnicul Vâlcea in den Sattel südlich der Landskrone hinauf. Von hier kann man auf einem Pfad in wenigen Minuten die Berghöhe erreichen. Aus dem dichten Buschwerk ragen die Ruinen der 1370 als Schutz gegen die Türken erbauten Landskrone. Sie wird 1453 geschleift, nachdem im Durchbruchstal des Alt der Rote Turm und die Lauterburg gebaut wurden. Einem Wächter gleich beherrscht die Landskrone den südlichen Rand der Zibinssenke und gewährt uns schöne Ausblicke nach allen Himmelsrichtungen. Im Süden liegt die vom Alt durchbrochene Mauer der Südkarpaten. Von der Talsohle des Rotenturmpasses (350 m) streben Zibins- und Fogarascher Gebirge auseinander. In zackigen Gipfeln erreicht das Fogarascher Gebirge Höhen von über 2500 Metern, die abgerundeten Bergrücken des Zibinsgebirges aber türmen sich 2200 Meter auf. Nach Norden hin öffnet sich ein von Hügeln umrahmtes Flachland, die Zibinssenke, die durch die Konglomeratberge von der östlich gelegenen Fogarascher Senke, dem Altland, abgetrennt wird.
Dieser kleine Winkel am Rande der Südkarpaten, die Berggruppe zwischen Altland und Zibinssenke, Sammelpunkt von Flüssen, die aus verschiedenen Gegenden kommen, spricht Wanderer und Fahrer an. Er kann, aus nördlicher Richtung kommend, einen Überblick über das durchreiste Gelände gewinnen, bevor er den Engen des Altpasses zustrebt. Vor dem aus südlicher Richtung kommenden Reisenden aber weitet sich bei Boiţa das Gelände und lädt zu einem Blick über Zibinssenke, Altland und zu schönen Wanderwegen ein. Man sollte diese Einladung nicht übersehen.

(Verlag Neuer Weg, Bukarest - Komm Mit 72, S. 166 – 169)

Seite Bildunterschrift
 
168 – 169 Schneekranz um den Frühling am Alt.
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