In Deva
Ein Zehnminutenaufstieg, der sich lohnt
von Franz Remmel
Es gibt sicher nicht viele Städte, die in ihrem Zentrum ein Naturschutzgebiet
besitzen, noch dazu von so imponierenden Ausmaßen wie sie der Devaer Burgberg
hat. Der vulkanische Kegel beheimatet 1400 Pflanzenarten, darunter mehrere
Raritäten und Pflanzen seltsamer Herkunft. Auf engem Raum wachsen hier 444
bedecktsamige Blütenpflanzen in 22 Unterarten und 58 Varietäten. So gesehen,
beherbergt dieses Reservat etwa 12 Prozent der in unserem Land bekannten
Blütenpflanzen. Ferner gibt es 14 Arten von Sporenpflanzen sowie über hundert
Arten von Algen und Pilzen. Diesen Rahmen ergänzen mehrere Rosenarten.
Etwas ärmer ist die Tierwelt. Dennoch sei hier die nördlichste Ausdehnungsgrenze
der Hornviper erwähnt.
Die reichhaltige Vegetation sowie die Luftfeuchtigkeit haben an bestimmten
Stellen die Zertrümmerung des Felsgesteins und damit die Oxidation der Amphybol-
und Pyroxenkristalle beschleunigt, was dem Boden örtlich eine betont rote Farbe
verleiht. Tiefere Schichten von Mineralien haben in Verbindung mit Kohlendioxid
reiche Mineralwasserschichten gebildet, die bei Boholt, Chimindia und Bampotoc
zum Ausbruch gelangen.
Wie wir sehen, konzentrieren sich also mitten in Deva ungewöhnliche
Naturerscheinungen, welche die Initiative des Devaer Wissenschaftlers Dr.
Octavian Floca, den Burgberg unter Naturschutz zu stellen, vollauf rechtfertigen.
Was den Bergkegel von Deva touristisch besonders anziehend macht, ist die
Burgruine, die sich 184 Meter über der Stadt erhebt. Dokumentarisch ist sie aus
dem Jahre 1269 belegt. Archäologische Grabungen haben aber weit ältere Spuren
menschlicher Existenz nachgewiesen. Wenn der Berg auch kein ausgesprochenes
Siedlungsgebiet war, so mochte er doch den Dakern und Römern als Aussichtswarte
in das von hier weit überschaubare Maroschtal gedient haben.
600 Jahre lang hatte die Festung eine strategische Rolle gespielt. Verschiedene
Legenden spinnen sich um ihre altersgrauen Mauern, um die Entstehung der Burg
bald einer gütigen Fee, bald einigen fleißigen Zwergen oder doch einem zweiten
„Meister Manole“ zuzuschreiben. Die Realität ist viel einfacher und viel härter.
1307 war in ihren Mauern König Otto von Bayern und 1579 Francisc David, der
Begründer des Unitarianischen Glaubens, eingeschlossen, und wiederholt war die
Burg Ausgangspunkt von Gewaltmaßnahmen gegen aufständische Bauern.
Heute überragen nur noch Ruinen die Stadt. Wir wissen kaum, wie sie vor dem
Verfall ausgesehen hat. Wenn es in den Archiven recht viele Unterlagen für die
Burgen in Siebenbürgen gibt, so bildet Deva eine bedauerliche Ausnahme. Wohl
zeigen alte italienische Stiche Konturen der Burg, jedoch viel zu undeutlich,
als dass sie als Vorlage zu einer Rekonstruktion dienen könnten.
Überaus leicht zugänglich, ist der Burgberg in etwa zwanzig Minuten gemütlicher
Fußwanderung zu ersteigen. Trotzdem soll bereits in nächster Zeit ein Sessellift
die Bequemlichkeit zusätzlich steigern.
(Verlag Neuer Weg, Bukarest - Komm Mit 72, S. 74 – 75)