home - Komm mit - 1971 - Eduard Albert Bielz
jedes Wort alle Wörter Suchwort markieren
drucken

Eduard Albert Bielz

von Alfred Hann

In der Person des 1898 verstorbenen Dr. h. c. Eduard Albert Bielz verehrt unsere heimische Naturwissenschaft einen über die Grenzen des Landes bekannten vielseitigen Forscher und die Touristik den Verfasser des ersten Reisehandbuches für Siebenbürgen. Der Reiseführer erschien in erster Auflage im Jahre 1881, ein zweites Mal in ergänzter und erweiterter Form 1885 in Wien und zum dritten Mal nach dem Tode des Verfassers 1903 in neuer Bearbeitung durch den Heimatkundler Dir. Emil Sigerus bei W. Krafft in Hermannstadt.
Die beiden ersten Ausgaben des Reisehandbuches, mit denen der Verfasser damals den Touristen des In- und Auslandes die Naturschönheiten seiner Heimat erschloss, gehörten zu den Werken, die der Forscher nach seiner 1878 erfolgten völligen Erblindung schuf.
Wie war das möglich? Hören wir, was der Verfasser in seiner Vorrede zur ersten Auflage des Reisehandbuches selber dazu sagt: „Die angeborene Liebe zur freien Natur und der schon vom Vater ererbte und gepflegte Sinn für eine aufmerksame Beobachtung ihrer mannigfaltigen Erzeugnisse hatte bei mir in der frühesten Jugend die Lust am Sammeln der interessantesten Naturschätze meines schönen Heimatlandes Siebenbürgen geweckt und mich zu zahlreichen Ausflügen in die nähere und weitere Umgebung von Hermannstadt veranlasst.“ Schon mit vierzehn Jahren durfte er mit seinem hochgeschätzten Lehrer, Michael Fuss, Verfasser der botanisch grundlegenden „Flora transsilvaniae“, an einer der ersten wissenschaftlichen Exkursionen durch das Harbachtal über Reps und das Baraoltgebirge nach der Csik (Ciuc) bis zur Altquelle durch das Giurgeu-Gebirge über Borsec zum Rodnagebirge teilnehmen. Es folgten in den kommenden Jahren ähnliche Studienausflüge und Fharten in das Zibins- und Fogarascher Gebirge, ins Westgebirge, nach Klausenburg, ins Bihor- und ins Cernagebirge, nach Hatzeg und auf den Paring sowie unzählige Male kreuz und quer durch Siebenbürgen, oft in Begleitung namhafter Forscher, wie Dr. F. Schur, Fr. v. Hauer und G. Stache, den Herausgebern des Standardwerkes „Geologie Siebenbürgens“. Während der Exkursionen entfaltete Bielz einen ungeheuren Sammeleifer. Besonderes Interesse galt den Schnecken, Mollusken, Käfern, Vögeln – die er selbst ausstopfte –, der Anlage von Herbarien, den Gesteinen, der Höhlenkunde, den Mineralquellen, Heilbädern sowie den Burgen und Ruinen Siebenbürgens. Schon als Zweiundzwanzigjähriger kannte er sich auf weiten Gebieten der Naturwissenschaft gut aus. Er stand im Tauschverkehr mit ausländischen Wissenschaftlern – auch russischen und nordamerikanischen, wobei in einigen Fällen sogar lateinisch korrespondiert wurde.
Im Laufe der Zeit erschienen 78 von ihm verfasste kleinere und größere Veröffentlichungen, darunter für den Schulgebrauch eine „Kurzgefasste Erdbeschreibung Siebenbürgens“ sowie die vom damaligen Landeskundeverein 1856 preisgekrönte „Fauna der Wirbeltiere Siebenbürgens“, eine physikalisch-statistisch-topographische Beschreibung die der späteren Forschung als Grundlage diente. Nicht unerwähnt bleibe die Herausgabe der ersten geognostischen Karte von Siebenbürgen (1854).
Während einer topographischen Mission in den Jahren 1874 – 1876 hatte sich Bielz durch ungünstige Witterungseinflüsse eine ernste Verletzung der Augen zugezogen, die dann 1878, also im 51. Lebensjahr des Forschers, zur völligen Erblindung führte. Trotzdem gelang es ihm in den darauf folgenden zwanzig Jahren der Blindheit in geradezu bewundernswerter Weise, den in rastloser Forschungsarbeit durch aufmerksamstes Beobachten erworbenen Schatz klarer Erkenntnisse und Anschauungen weiterhin seiner Mitwelt bekannt zu machen. Auf dieser Grundlage entstand sein Reisehandbuch.
Die vielen persönlichen Beziehungen brachten es mit sich, dass Bielz einer ganzen Reihe gelehrter Körperschaften in Berlin, Wien, Budapest und Brüssel als korrespondierendes Mitglied angehörte. Ferner war er nicht nur Vorstand des Siebenbürgischen Vereins für Naturwissenschaften, sondern auch Vorstandstellvertreter des Siebenbürgischen Landeskundevereins und des Siebenbürgischen Karpatenvereins. Er war zugleich aktives Mitglied der „Asociaţiunea transsilvană pentru literatura şi cultura poporului român“ (Astra). Eine besondere Ehrung erfuhr er im Jahre 1896 durch seine Ernennung zum Dr. phil. h. c. durch die philosophische Fakultät der Klausenburger Universität.
Alles in allem war Dr. Bielz ein außerordentlich begabter Mann, der es noch als Blinder verstand, seinen Mitmenschen die Augen zu öffnen für den unerschöpflichen Reichtum seiner Heimat.

(Verlag Neuer Weg, Bukarest - Komm Mit 71, S. 77 – 78)

Seite Bildunterschrift
 
77 Ohne Titel
nach oben nach oben