von Nicolae Enache
Weltmeister und Internationaler Meister im Sportangeln aus dem Stand
Ich betrachte die Karte unseres Vaterlandes: ein ungeheures Netz von
Wasserläufen, die die großen Flüsse sammeln, um sie der alten Donau
zuzuführen, bis zum großen Meer. Und ich frage mich, ob es mir in
diesen wenigen Zeilen gelingen wird, Sie auf eine Reise mitzunehmen
– wenigstens bis zu den Stätten, die dank der Schönheit ihrer
Landschaft und ihrem Fischreichtum andere übertreffen. Beginne ich
mit dem Eisernen Tor; fürchte ich, das könnte die Goldene Bistritz
(Bistrița) kränken – und da gibt es auch noch die
Kreisch-(Criș) Flüsse, die Marosch (Mureș), den Alt
(Olt)! Und das Meer! Und das herrliche Delta! Aber Schluss mit dem
Sehnen. Ich mache mich munter auf den Weg und lade Sie ein, mich zu
begleiten. Wir wollen versuchen, im Fischen nicht eine Gelegenheit
zu sehen, das Netz mit Fang zu füllen, sondern auch der Liebe zur
Natur zu leben, sie besser kennen zu lernen und zu schützen. Der
wahre Sportangler fischt nicht, um den Fisch zu verzehren, sondern
aus der Freude, ihn zu fangen. Ich kenne Fälle, da mancher
„Kollege“ nach einem langen und spektakulären Kampf mit
einem Riesenkerl diesen schließlich nach dem Sieg freiließ und das
als Pflicht empfand, als Anerkennung des „Partners“ im
sportlichen Wettkampf...
Von den drei Kreisch-Flüssen gehört die Schwarze Kreisch
(Crișul Negru), was ihre Fischbevölkerung und die Vielfalt
ihrer Arten anbelangt, zu den reichsten des Landes; auch ist sie
einer der wenigen nicht verunreinigten Wasserläufe. Von den Quellen
bis Vașcău gilt sie als Gebirgsfluss; bis zum
Zusammenfluss mit dem Holod erstreckt sich die Zone der Nasen;
danach verlangsamt der Fluss seinen lauf; bei Tinca tauchen schon
die echten Vertreter der Fischwelt der Ebene auf: Karpfen, Brachsen,
Rotaugen, Welse, Zander und Hechte.
Um von Klausenburg ins Quellgebiet des Mieresch (Mureș) zu
kommen, befahre ich den Kleinen Somesch (Someșul Mic) bis Dej,
wo er sich mit dem Großen Somesch (Someșul Mare) vereinigt;
flussaufwärts der Talsperre wimmelt es von Nasen. An einem Tag fing
ich in drei bis vier Stunden nahezu zehn Kilogramm. Will man den
Nervenkitzel eines mehrstündigen Kampfes mit einem Riesenwels
auskosten, versuche man es gleich hinter der Talsperre. In jeder
Saison werden dort Dutzende von Exemplaren mit einem Gewicht von je 10
– 25 Kilo gefangen.
Der Mieresch (die Marosch), einer unserer längsten Flüsse, von den
Quellen bis Nădlac zugänglich, ist für die meisten Sportangler
von Interesse; einerseits ist sein ganzer Lauf mit modernen
Transportmitteln befahrbar, andererseits ist die Landschaft
bezaubernd, und in den Wellen wimmelt es von verschiedensten
Fischarten. Zwischen Toplița und Deda ist das Mieresch-Tal von
seltener Schönheit. Das Flussbett bietet einen höchst
abwechslungsreichen Anblick: Überall ragen Felsen auf, einzelne
Felsbrocken sind da und dort ins Wasser gestürzt, und hinter ihnen
halten sich gerne große Döbel, von Zeit zu Zeit auch mal ein Springer
auf.
(Im Abschnitt Răstolnița – Deda wird eine Gebühr
von 5 Lei täglich eingehoben.)
Von Tg.-Mureș flussaufwärts, zwischen den Gemeinden Glodeni und
Cornești (15 Kilometer von der Stadt entfernt, mit dem Autobus
erreichbar), finden sich Stellen mit Döbeln, Hechten und
Glattbutten. Flussabwärts begegnet man guten Stellen erst bei
Cipău – Iernut – Cuci (auf der Strecke
Tg.-Mureș – Războieni).
Um die Große Kokel (Târnava Mare) zu besuchen, fahren wir mit dem
Autobus nach Schässburg-Sighișoara (50 Kilometer) und dann mit
dem Zug nach Vânători. Von dort aus können 5 Kilometer
flussaufwärts bis zur Haltestelle Săcuieni sehr große Döbel
geangelt werden.
Mit der Eisenbahn Schässburg – Simeria kommen wir direkt und
rasch zum Strei. Von Subcetate talabwärts bis zur Vereinigung mit der
Marosch fließt der Strei durch eine sehr schöne und abwechslungsreiche
Gegend. Wir nehmen hier einen längeren Aufenthalt und ziehen zwei bis
drei Tage lang die Strecke Simeria – Vințul de Jos
– Mühlbach-Sebeș (60 Kilometer) entlang. Angeln mit dem
Blinker ermöglicht dort einen reichen Fang an Döbeln; das gilt
besonders für den Abschnitt Lancrăm – Oarda. Und wenn uns
ein wenig Zeit bleibt, versuchen wir es auch in dem schönen
Secaș-Tal, einem Nebenfluss des Mühlbachs, wo die Fische vor
Alter „bemoost“ sind.
Handelt es sich um Forellen und Springer, so fällt einem die Wahl der
Route wirklich schwer: Da gibt’s den Râu Mare im Retezat, das
Mühlbachtal zwischen Tău und Podul Țurloaie bis hinunter
zur Talsperre der Papierfabrik Petersdorf-Petrești, dann das
Jaadtal (Valea Iadului) im Westgebirge, das auch Pkws zugänglich ist
und wo man in Stâna de Vale sowie in den Förstereien von
Murgașu, Dealul Mare oder in der Gemeinde Remeți
Unterkunft findet.
Aus dem Tal der Iara (Valea Ierii), einem Nebenfluss des Arieș,
mit kurzer Zufahrt von der Landstraße aus, die sich den Kalten Somesch
(Someșul Rece) vom Kilometerstein 10 an (unterhalb der
Touristenunterkunft) entlang zieht, gelangen wir durchs
Riștea-Tal zur Ortschaft Valea Ierii.
Nachdem wir die Gegend der Feuerfeste Hunedoara durchstreift haben,
fahren wir wieder – per Auto oder mit der Bahn – die
Marosch entlang, über Deva und Ilia, und machen in Lippa oder Radna
halt, wo es von großen Fischen – Nasen, Döbeln, Barben und
Hechten – wimmelt. Rasch noch einen Abstecher nach Arad. Von
dort geht’s nach Petschka (Pecica) hinab; wenn man sich versucht
fühlt, goldenschimmernde Karpfen zu angeln, kehrt man in Perjamosch
(Periam) in der Schutzhütte Anna-Neni ein.
Und da wären wir in Temesvar (Timișoara). Wer dort Verwandte
und Bekannte hat, wird nicht umhin können, ihnen wenigstens eine
Stippvisite zu machen. Nach kurzer Beratung geht’s ins
Temesch-(Timiș-)Tal. Von Lugosch bis Găvojdia –
das sind 10 Kilometer – begegnet man Nasen, Döbeln und
Hechten. In Karansebesch (Caransebeș) machen wir halt, um uns
die Genehmigung zum Angeln in Gebirgswässern zu besorgen. Unsere
Nächste Station heißt Armeniș und liegt auf der Strecke
Temesvar – Herkulesbad (Băile Herculane). Eine
Schmalspurbahn bringt uns nach Lupu, wo wir mit Blinker große Forellen
fangen können.
Aus dem Quellgebiet der Temesch gelangen wir ins Cerna-Tal, das wegen
der Schönheit seiner heiter-klaren Herbsttage berühmt ist, an denen
sich in den Wellen der Cerna unvergleichliche Farben spiegeln. Es ist
vielleicht das schönste, wild-romantischste Tal in unserem Land, ganz
zu schweigen von der wimmelnden Fischwelt; die hier vorkommenden
Forellen, Springer und Döbel sind bei Anglern besonders gut
„angesehen“.
Lassen wir die alte Donau beiseite, besuchen wir Strehaia am Motru
(Nasen und Döbel), ziehen wir dann ohne Aufenthalt den Lauterbach
(Lotru) entlang, bis wir zum Gletschersee Gâlcescu gelangen, einer der
Perlen der Karpaten (von der Schutzhütte Obârșia Lotrului drei
Stunden zu Fuß). Das Zelt ja nicht vergessen! Nachts pfeift hier ein
schneidend-kalter Wind, dass man lieber aufbrechen möchte...
Dann geht’s den Alt (Olt) stromaufwärts, doch ist der bis
Sf.-Gheorghe mit wenigen Ausnahmen stark verunreinigt. Also ohne
Aufenthalt weiter!
In Bad Tușnad und in Miercurea Ciuc hingegen sind die Gewässer
mit Nasen, Döbeln, Rotaugen, Rotfedern (500 Gramm), Hechten usw. dicht
bevölkert.
Wenn wir am Stausee des Argeș mit scheinbarer Gleichgültigkeit
vorüber sind, so muss ich das jetzt wieder gutmachen: Ich empfehle ihn
besonders Anglern, die gern mit seltenen Trophäen aufwarten, denn dort
gibt’s zwischen zwei und sieben Kilo schwere Forellen! Vom Rande
der Stadt Curtea de Argeș fahren wir 29 Kilometer auf der
Fernverkehrsstraße 29. Zwei Schutzhütten beim See, eine alte und eine
neue, befriedigen die Freunde der Bergromantik ebenso wie die Anhänger
modernen Komforts.
Die Donau muss man vom Eisernen Tor bis Giurgiu oder Cernavodă,
Hârșova oder Tulcea sehen und erleben. Wo immer man auch halt
macht, berückt einen die Schönheit und Großartigkeit des Anblicks. Das
gilt vor allem fürs Delta. Unterkunft finden wir dort in der
AGVPS-Schutzhütte „Crișan“, die wir nach einer
Flugstunde von Tulcea aus mit dem Schiff „Racheta“
erreichen. Auf Trei Ozăre ist das Fischen aus dem Boot mit
Blinker (Hechte, Glattbutten und Barsche!) höchst befriedigend, und
die Spazierfahrten durch die „Wildnis“ der Deltalagunen
prägen sich dem Gedächtnis für immer ein. Da es Fische in Überfluss
gibt, haben wir Gelegenheit, die berühmte Fischsuppe und den
„Karpfen am Spieß“ zu kosten.
Unsere letzte Reiseetappe bringt uns an die Küste. Auf der Mole von
Mamaia, Eforie, Konstanza oder Kap Midia (10 Kilometer von Mamaia-Sat)
wollen wir unser Glück bei den gierigen Salzwasserfischen
(Seegrundeln, Stöcker und Alsen) versuchen.
Ist die See ruhig, so beißt die Meeräsche auf Regenwürmer an; der
Seebarsch lässt sich mit dem Blinker fangen. Das wären nur einige der
Fische, die unsere Küstengewässer bevölkern.
Auf dem Tăbăcăria-See zwischen Konstanza und Mamaia werden wir versuchen, durch die Sheffield-Methode einige Exemplare der Großen Ucklei (Chalcalburnus chalcoides) von 150 bis 200 Gramm das Stück zu fangen. Wir sollten diese Vertreter einer ebenso seltenen wie schönen Art mit dem Fotoapparat verewigen – ein andenken mehr an einen Urlaub, der uns mittels Angelrute und Angelgenehmigung einige der schönsten Gegenden unseres Vaterlandes erschloss. Und das vielleicht besser, als so mancher Berufsfremdenführer es vermag.
(Verlag Neuer Weg, Bukarest - Komm Mit 70, S. 59 – 63)
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