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500 Hektar pro Mann und Flinte

von Dr. habil. Ludwig Rudescu
Korrespondierendes Mitglied der Akademie der Sozialistischen Republik Rumänien, Mitglied des Jagdrates der Jäger- und Fischervereinigung Rumäniens

Es gibt wenige Länder in Europa, in denen sich die Jagdverhältnisse in so ursprünglicher Weise erhalten haben wie bei uns. Dies gilt besonders von den Karpaten und dem Donaudelta. In den Karpaten haben sich Edelhirsch, Bär, Luchs und Wolf in ihrer in Europa fast nicht mehr vorhandenen Stärke erhalten. Im Delta nisten Pelikan, Höckerschwan, Silber- und Seidenreiher, Löffel- und Purpurreiher, Graugans, seltene Enten, wie Kolben-, Reiher-, Tafel-, Löffel-, Brand- und Ruderenten, Brandgans und eine Reihe gewöhnlicher Entenarten noch in großer Zahl. In der Zeit des Vogelzugs im Frühjahr und im Herbst wird die Mannigfaltigkeit durch nördliche Arten noch erhöht. Viele dieser Arten haben im Donaudelta ihre letzte europäische Zufluchtsstätte gefunden.
Jäger zu sein ist in Rumänien zwar schön, aber nicht einfach. Der Jäger hat hier nicht nur Rechte, sondern auch besondere Pflichten. Er macht bei der Raubzeugbekämpfung mit und hilft den Aufsehern bei ihren Obliegenheiten (Beaufsichtigung der Gebiete, Wildschutz, Wildfütterung, Einfangen und Aussetzen von Wild, Fasanenzucht) und bei anderen, für eine vernünftige Jagdwirtschaft notwendigen Vorkehrungen. Er ist dazu angehalten, sein jagdliches Wissen zu erweitern, das er in seiner Jägerprüfung und einem nachfolgenden Praxisjahr beweisen muss, bevor er endgültig in die Jägerschaft aufgenommen wird. Alle Jäger sind untereinander gleich; jeder muss seinen aktiven Beitrag leisten. Aus diesem Grunde nimmt die Zahl der Jäger bei uns im Vergleich zu anderen Ländern nicht im gleichen Maße zu, obwohl der finanzielle Beitrag, den der Jäger zu leisten hat, minimal ist. Beachtlich ist das Überwiegen der Arbeiter und Bauern in der Zusammensetzung der Jägerschaft Rumäniens, die jedem ihrer Mitglieder im Durchschnitt fast 500 Hektar Fläche zur Verfügung stellen kann.
Es gibt kaum ein Wild in Europa, das als Stand- oder Zugwild nicht auch in Rumänien vorkommt. Außer Vielfraß, Elch, Murmeltier und Schneehase begegnet man in Rumänien sämtlichen in Europa heimischen Wildarten. In unseren Karpaten ist der Karpaten-Edelhirsch – die begehrteste Trophäe und der Traum aller Hirschjäger Europas – fast überall vorhanden. Der Reiz aller Hirschreviere wird durch die Tatsache erhöht, dass man überall auch gleichzeitig mit dem Karpaten-Braunbär, der hier eine ungewöhnliche Größe erreicht, mit dem Luchs und dem Wolf zusammentrifft. Edelmarder, Auerhahn, im nördlichen Karpatenraum auch Birkhahn und Haselhuhn vervollständigen das Bild einer ursprünglichen Jagdfauna in fast unberührten Wäldern. In den Fogarascher Bergen und im Retezat beherrscht die Gämse die ganze Zone jenseits der Waldgrenze. Die Stärke der Gamstrophäen dieser Gebiete ist weltberühmt.
In den niederen Zonen der Karpaten und Vorkarpaten ist ein stetig sich vermehrender Rehbestand anzutreffen, der durch die Stärke seiner Trophäen ebenfalls bekannt und berühmt ist. Seit 1950 hat sich der Stand vervielfacht und in den meisten Gebieten die jagdliche Höchstquote von 10 Stück (!) pro 100 Hektar erreicht. Das Wildschwein ist in diesen Gebieten auch sehr zahlreich. Es hat sich besonders in den letzten Jahren so sehr vermehrt, dass es auch in die Waldungen der Ebene vorgedrungen ist.
In der bewaldeten Ebene hat sich das Rehwild sowohl auf natürliche Weise als auch durch Aussetzung stark vermehrt; es ist hier mittlerweile zum gewöhnlichen Standwild geworden, nachdem die Wolfsplage fast vollständig beseitigt wurde. Der größte Teil der Flachlandwälder wurde mit Fasanen besetzt, die nun neben dem Hasen zum Grundwildbestand dieser Bereiche geworden sind. Auch das hier ausgesetzte Damwild vermehrt sich in bester Weise. Die Felder der Ebene und der Hügel sind das Reich der Hasen, Rebhühner, Wachteln und der durchziehenden Turteltauben. Obwohl diesen Wildarten durch die Mechanisierung der Landwirtschaft anfangs Schaden zugefügt worden ist, hat eine vernünftige, koordinierte Wirtschaft das richtige Maß gefunden. Unsere Jägerschaft kann einigermaßen zufrieden gestellt und zugleich ein bedeutender Export von Lebendwild gesichert werden.
In den meisten Gebieten der rumänischen Ebene ist noch die Großtrappe heimisch. Sie ist im Monat Mai eine begehrte Trophäe vieler Jäger. Für ihre Jagd muss eine besondere Bewilligung der Hauptjägerschaft oder der Jagdgeneraldirektion eingeholt werden. Der Fuchs ist im Feld wie im Wald zu Hause. Im Wald kommt die Wildkatze noch ziemlich häufig vor und ist bei Freijagden keine außergewöhnliche Beute. In den Seen, Teichen, toten Flussarmen, Bächen, Sümpfen, im Donauüberschwemmungsgebiet und im Donaudelta sind neben Fischotter, Nerz und den beiden Wieselarten Enten und Gänse, Schwäne und Blässhühner in großer Zahl anzutreffen. In der Zeit des Vogelzuges werden die Wälder durch Schnepfen, die Ebene und das Delta von Kranichen, nordischen Gänsen, wie Bläss-, Rothals-, Ringel-, Weißwangen- und Kurzschnabelgänsen, von Singschwänen, Bekassinen, Uferschnepfen, Brachvögeln und Strandläufern bevölkert. Rumänien ist in der besonders glücklichen Lage, von fünf der bedeutendsten Vogelzugstraßen Europas durchquert zu werden, auf denen Millionen verschiedenster nordischer Vögel eine gewisse Zeit im Frühjahr und im Herbst bei uns verbringen und so den Jägern Gelegenheit bieten, seltene Trophäen zu erbeuten.
Dieser Umstand macht vor allem das Donaudelta zu einem Traumland des Jägers. Hier ist in letzter Zeit auch die Bisamratte, der Marderhund und in geringerem Maße der Nerz eingewandert und heimisch geworden, die nun neben Wildschwein, Fuchs, Wildkatze, Fischotter, großem und kleinem Wiesel (Hermelin), Hase und Reh (das letztere ist durch Aussetzung in den nicht überschwemmbaren Wäldern des Deltas heimisch geworden) die Zahl der Säugetiere im Delta vermehrt haben.
Wenn wir daran denken, dass man in diesen Wäldern auch Elche, die aus der Sowjetunion hierher gewechselt sind, gesichtet hat, dass wir in Siebenbürgen eine Wisent-Kolonie haben, dass dort auch Muffelwild ausgesetzt worden ist und bei uns noch Greifvögel, wie Lämmer- und Kuttengeier, Stein- und Seeadler sowie Falken und Habichte, in beachtlicher Zahl vorkommen und sich durch wirksamen Schutz vermehren, so darf unser Land als ein wahres Jagdparadies angesehen werden, dessen Besuch den Geschmack verwöhntester Jäger befriedigen kann.

(Verlag Neuer Weg, Bukarest - Komm Mit 70, S. 54 – 57)

Seite Bildunterschrift
55 Der Stolz der rumänischen Karpatenwälder.
57 Jäger schützen das Wild: Gegen den räuberischen Meister Isegrim wird rücksichtslos vorgegangen.
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